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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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ohrenbetäubender Lautstärke zu kläffen begannen. Geifer und grünliches Nasensekret stoben in Hippolits Richtung. Schließlich erschien ein ältlicher, extrem kurz gewachsener Zwerg in Dienerlivree. Er leinte die Bestien in einer entlegenen Ecke des Steingartens an, öffnete und geleitete Hippolit ins Haus.
    Als zweithöchster Beamter des Schürfministeriums schien man nicht schlecht zu verdienen, so viel wurde Hippolit klar, als er die großzügig geschnittene Eingangshalle von Frietrychs Heim betrat. Sockel mit Porzellanvasen und silbernen Pokalen standen im Raum verteilt, an den Wänden hingen Ölgemälde zeitgenössischer Künstler. Der Boden war mit mehreren Lagen importierter xamenischer Webbrücken bedeckt, und der ausladende Deckenlüster aus facettiertem Kristallglas hatte vermutlich mehr gekostet als die Büroeinrichtung des gesamten IAIT.
    Der Diener – Nussmuth, seiner unterwürfigen Vorstellung zufolge – verkündete, der Vizeminister sei noch in seinem Studierzimmer beschäftigt, werde sich aber in wenigen Minuten um seinen Gast kümmern. Ob er so lange in der Bibliothek des Hauses warten wolle?
    Hippolit wollte, und Nussmuth führte ihn in einen schlauchförmigen Raum, dessen Wände von steinernen, in den Fels gehauenen Bücherregalen eingenommen wurden. Am hinteren Ende lag, gelangweilt hingestreckt auf einem mit Plüsch bezogenen Diwan, eine enorme Zwergin.
    Frau Mildau, die Gattin des Hausherrn, wie Nussmuth flüsternd zu verstehen gab, erhob sich bei Hippolits Eintreten überrascht. Sie war etwas größer als ihr Gemahl, der Hippolit wie die meisten Zwerge nur knapp bis zum Kinn reichte. Ihre Körpermasse dagegen übertraf die des Vizeministers grob geschätzt um das Sechs- bis Siebenfache, eine Ansammlung vertikal übereinandergelagerter Ringe aus weichem, wogendem Fett. Das leichte Abendkleid aus beigefarbenem, halbtransparentem Stoff, das ihren Leib umwallte, scheiterte kläglich an der Aufgabe, das Erscheinungsbild der Hausherrin ätherischer wirken zu lassen. Auch der aufwendig hochgesteckte Haarberg, aus dem zwei kunstvoll geringelte Korkenzieherlocken hervorbaumelten und die feisten Hamsterbacken einrahmten, änderte nichts an den Tatsachen: Frau Mildau war ein wahres Ungetüm.
    Einen Ausdruck der Verwirrung auf ihrem runden Mondgesicht, ein halbleeres Glas Sherry zwischen den dicken Fingern, rollte sie auf Hippolit zu. Wen auch immer sie aufgrund der Einladung ihres Mannes zum Abendessen erwartet hatte, es war augenscheinlich kein totenblasser Halbwüchsiger mit schlohweißem Haar gewesen.
    Kaum hatte Nussmuth ihr den Besucher vorgestellt, hellte sich ihre Miene schlagartig auf. »Vom IAIZ?«, plapperte sie begeistert los. »Dem IAIZ? Aus dem fernen Nophelet? Oh, Meister Hippold, Sie müssen mir unbedingt von den Abenteuern berichten, die Sie Tag für Tag in der Großstadt bestehen! Sie ahnen ja nicht, wie langweilig das Leben hier ist – abgeschieden von der Welt, tief unter der Erde!«
    Hippolit ahnte es durchaus, ebenso wie er ahnte, dass Frietrychs monströse Gattin ihre chronische Unterbeschäftigung maßgeblich durch die Vertilgung großer Mengen Süßigkeiten und Sherrys kompensierte. Bevor er Gelegenheit fand, Frau Mildau auf den korrekten Titel seines Arbeitgebers oder gar seinen richtigen Namen aufmerksam zu machen, fand er sich bereits neben der kolossalen Hausherrin auf dem Diwan wieder, ein randvolles Glas Sherry in der Hand.
    Es folgte ein Sturzbach von Fragen, von denen die meisten das betrafen, was Frau Mildau ehrfürchtig »die Gaunerjagd« nannte. Sie ließ Hippolit kaum Zeit zu antworten, stattdessen ging sie ihrerseits zur Schilderung des Alltags einer einsamen Ministergattin über, welcher maßgeblich vom Ausgeben der Barmittel ihres hart arbeitenden Gemahls geprägt schien. Wenige Minuten später – Hippolit wusste nicht zu sagen, wie es passiert war, er schien irgendwie den Übergang verpasst zu haben – sprach Frau Mildau dann plötzlich über Sex.
    »… ein Unding, was man als Frau heute auf sich nehmen muss, um zu bekommen, was einem zusteht. Selbst Damen von Welt haben ihre Bedürfnisse, Meister Hippold! Auch wenn wir sie hinter unserer sittsamen und distinguierten Fassade dezent zu verbergen gelernt haben.« Sie schlug umständlich ihre säulenartigen Beine übereinander, wobei sich Hippolit des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass sie den seitlichen Einschnitt ihres Kleids bewusst so viel makellos enthaarte, alabasterfarbene Haut entblößen ließ wie

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