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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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lasse, aber dazu brauche ich ein ärztliches Zeugnis, und das gibt sein Arzt mir nicht. Er sagt, die Demenz meines Vaters befinde sich in einem milden Anfangsstadium und das könne bis zu seinem Tod so bleiben.« Sie schwieg. »Es ist ohnehin sinnlos, es zu versuchen. Meine Brüder würden Einspruch erheben, sobald sie vom Gericht hörten, dass ich den Antrag gestellt habe.«
    »Warum?«
    Amy Tutting lächelte bitter. »Sie sind nur am Erbe interessiert. Was mein Vater mit seiner Rente macht, ist ihnen egal. Das Haus ist mittlerweile das Zwanzigfache von dem wert, was er 1970 dafür bezahlt hat. Es kümmert sie überhaupt nicht, wie schwierig die Situation für mich ist. Hauptsache, ihr Erbe geht nicht für das Pflegeheim drauf.«
    Beale betrachtete die hängenden Schultern und den gesenkten Kopf und überlegte, wie direkt er die Frage ansprechen konnte, auf die es ihm ankam. »Hat Ihr Vater Ihnen eine Erklärung gegeben, wofür er seine Rente ausgibt, Ms. Tutting?«
    Entweder interpretierte sie die Frage falsch, oder Beales Unterton der Vorsicht ließ sie vermuten, dass er die Antwort schon wusste. Resignation spiegelte sich in ihrem Gesicht. »Kommt es in die Zeitung?«
    »Das kann ich im Moment nicht sagen.«
    »Es ist so ekelhaft. Wozu braucht ein Zweiundachtzigjähriger so etwas? Unsere Mutter ist gerade mal zwei Jahre tot.«
    »Vielleicht gerade darum«, meinte Beale.
    »Er hat Ihnen wahrscheinlich gesagt, dass er gar nichts mit ihnen macht - nur hin und wieder ein bisschen Ansprache braucht,
weil er einsam ist.« Sie wartete nicht auf eine Antwort. »Aber das stimmt nicht. Die wissen alle ganz genau, wie sie ihm mit ihren Spielchen das Geld abluchsen können. Ich habe Becher mit Sperma darin gefunden. Es ist widerlich.«
    »Schwierig für Sie.«
    »Er ist so senil. Er vergisst sogar, dass er sie schon bezahlt hat. Sie brauchen nur vorher Geld zu verlangen und nachher noch mal - er macht immer brav seine Brieftasche auf. Er lässt sich von ihnen ausnehmen wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans. Ich habe dem Arzt erklärt, dass mein Vater sämtliche kleinen Huren im Viertel finanziert - und wissen Sie, was er gesagt hat?« Die Furchen an ihren Mundwinkeln vertieften sich. »Es ist wahrscheinlich gut für seine Prostata.«

20
    Nach ihrem ersten Hausbesuch an diesem Abend ging Jackson, als die Rede auf Daisy kam, zum Angriff über. Wie immer stand Acland an ihren Wagen gelehnt und wartete auf sie. »Sie sehen fürchterlich aus«, sagte sie streng. Sie hatte es inzwischen aufgegeben, mehr über Jen Morley aus ihm herauszukitzeln. »Es tut meinem Image gar nicht gut, wenn ich mit einem unrasierten Gorilla durch die Gegend ziehe.«
    Er strich sich über die Bartstoppeln. »Daisy kriegt bestimmt einen Schreck.«
    »Sie sagt, Sie benehmen sich wie ein Stalker.«
    »Ich weiß. Ich habe Sie beide gestern Morgen in der Küche streiten hören. Deswegen dachte ich ja, dass Sie mal ein bisschen Zeit für sich allein brauchen.«
    Er hatte auf alles eine Antwort. »Sie hätten nicht lauschen sollen.«
    »Mir blieb gar nichts anderes übrig«, entgegnete er friedlich. »Daisy wird ziemlich schrill, wenn sie ärgerlich ist.«
    »Es ist auch nicht leicht für sie.«
    »Nur weil die Situation ausnahmsweise mal umgekehrt ist.«
    Jackson runzelte die Stirn. »Was heißt das?«
    »Ich bin zu viel mit Ihnen zusammen, und das geht nicht. Sie ist eifersüchtig.«
    Jackson lachte verblüfft. »Auf Sie? Jetzt hören Sie aber auf. Sie ist zwar ab und zu schon mal auf eine Frau eifersüchtig gewesen,
aber es würde ihr nicht im Traum einfallen, auf einen Mann eifersüchtig zu sein.«
    Acland grinste. »Es hat mit mir als Mann nichts zu tun - es geht um Aufmerksamkeit. Das einzige Gefühl, das andere Leute für Sie empfinden sollen, ist Furcht. Deshalb lässt Sie Daisy auch den Rausschmeißer spielen. Sie würde einen Hund aus dem Haus jagen, wenn er Ihnen gegenüber zu heftig mit dem Schwanz wedelte.«
    »Ach, Psychologe sind Sie auch noch.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin gern bereit, den ganzen Tag Daisys Titten anzustarren, wenn es Ihnen das Leben erleichtert. Von jedem anderen Typen in der Kneipe wird das ja auch erwartet.«
    »Sie macht das nicht zum Spaß.« Jackson klappte gereizt den Kofferraum auf und legte ihre Arzttasche hinein. »Es ist gut fürs Geschäft.«
    »Okay, Ende der Diskussion dann.« Bewusst provozierend, wie es schien, riss Acland die Tür auf der Fahrerseite auf. »Ich jogge zum Pub zurück und reihe

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