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Der Schatten im Norden

Der Schatten im Norden

Titel: Der Schatten im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Bellmanns
Sekretär. Verblüfft über die Dreistigkeit des Mannes
lachte Frederick auf. »Guten Abend«, sage er. »Mr.
Windlesham, nicht wahr? Kommen Sie herein. «
    Er ließ ihn herein und nahm ihm Hut und Mantel ab.
»Sally«, sagte er, als sie in die Küche kamen, »ich
glaube, du kennst den Gentleman... «
    Sie schaute ihn überrascht an und richtete sich auf.
»Verzeihen Sie meinen Besuch zu so später Stunde«,
begann der kleine Herr. »Wir sind uns schon einmal
unter unglücklichen Umständen begegnet. Ich komme in
der Hoffnung, dass sie --- und Mr. Garland --- die Güte
haben, sich einen Vorschlag anzuhören, den ich Ihnen
gern unterbreiten möchte. «
    Sallys Blick wanderte zu Frederick und dann zurück zu
Windlesham. Ihre Augen waren weit geöffnet.
»Ich möchte noch hinzufügen, dass ich ausschließlich
für mich selbst spreche«, fuhr er fort. »Mr. Bellmann
weiß nicht, dass ich hier bin. «
Beide Männer standen immer noch. Auf die Stille, die
nach der letzten Bemerkung entstand, griff Frederick
nach einem Stuhl am Tisch und bot Windlesham an,
Platz zu nehmen. Sie setzten sich, und auch Sally verließ
das Sofa und kam zu ihnen an den Tisch. Sie stellte die
Lampe heller und räumte die Spielkarten weg. »Ich
verstehe Ihr Zögern vollkommen«, sagte Windlesham.
»Darf ich erläutern, warum ich zu Ihnen gekommen
bin?« »Wir bitten darum«, sagte Frederick. »Aber über
eines muss Klarheit herrschen: Arbeiten Sie immer noch
für Bellmann?« »Rein technisch bin ich immer noch sein
Angestellter. Doch ich bin zu der Auffassung gekommen,
dass es zum größten Vorteil der meisten Menschen
gereichen würde, wenn ich die Seiten wechselte. Die
Ziele, die Mr. Bellmann mit seinem Projekt verfolgt,
kann ich keineswegs billigen. Ich habe es versucht, aber
ich kann es nicht, Miss Lockhart. In meinen Augen ist
der Hopkinsonsche Selbstregulator eine ungeheuerliche
Erfindung, die man nicht auf die Menschheit loslassen
sollte. Ich bin zu Ihnen gekommen, weil ich Ihr
Vorgehen mit zunehmender Bewunderung beobachte und
weil ich mein Wissen über diese Angelegenheit Ihnen zur
Verfügung stellen möchte. « Er nahm seine Brille ab,
weil sie in der Wärme des Zimmers beschlagen war. »Ich
gehe davon aus, dass Sie über den Hopkinsonschen
Selbstregulator Bescheid wissen. Einen Beweis dafür
habe ich nicht, aber es würde mich doch sehr wundern...«
»Das Dampfmaschinengewehr«, sagte Frederick. »Ja,
wir wissen, was es damit und mit Hopkinson auf sich hat.
«
»Und mit Nordenfels, hm?« Mr. Windlesham setzte sich
die Brille wieder auf und lächelte sanft. »Was erwarten
Sie im Gegenzug?«, fragte Sally. Sie war immer noch
perplex über sein Kommen --- und keineswegs geneigt,
ihm zu vertrauen.
»Einfach nur --- wie soll ich es sagen --- eine
Bestätigung, die mich schützt«, erwiderte er. »Wenn Mr.
Bellmanns Unternehmen zusammenbricht, was in Kürze
geschehen wird, möchte ich jemanden haben, der dafür
bürgt, dass ich, wie es den Tatsachen entspricht,
Bellmann ausspioniert und nicht für ihn gearbeitet habe.
Ich hatte die Hoffnung, dass Sie diese Bürgschaft
übernehmen würden. « »Warum gehen Sie nicht zur
Polizei?«, fragte Frederick. »Dafür ist die Zeit noch nicht
reif. Mr. Bellmanns Einfluss reicht bis in hohe Ränge der
Polizei --- und der Justiz ---, ein Ausfall gegen ihn zu
diesem Zeitpunkt, wäre zum Scheitern verurteilt. Da bin
ich mir absolut sicher. Man würde uns wegen
Verleumdung und übler Nachrede vor Gericht verklagen,
und wir würden verlieren. Zugleich aber wären die
Drahtzieher gewarnt. Nein, die Polizei darf erst
eingeschaltet werden, wenn der ganze Konzern vor dem
Zusammenbruch steht. «
»Warum sollte er zusammenbrechen?«, fragte
Frederick. »Weil er schon jetzt aus den Fugen ist«, sagte
Mr. Windlesham. »Ich könnte Ihnen Einzelheiten über
Kredite, Aktienemissionen und Dividenden nennen. Im
Kern läuft es darauf hinaus, dass alle Mittel für den Bau
des Selbstregulators verwendet wurden, dessen
Produktion aber nicht rasch genug vorangekommen ist.
Gründe hierfür sind nicht vorhersehbare
Materialknappheit, immer neue Probleme in der
Entwicklungsphase und so weiter - die Maschine ist
äußerst kompliziert, wie Sie wissen. Auch hier könnte ich
Ihnen weitere Informationen geben. Nach meiner
Einschätzung hat Mr. Bellmann nur noch drei Wochen,
bis alles zusammenbricht. Gewiss, es könnten Umstände
eintreten, die die Katastrophe hinauszögern --- wenn er
zum Beispiel neuen

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