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Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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aus denen ein einzelner hoher Gipfel emporragte, dessen gezackte Felsen sich stolz über die Baumwipfel erhoben. An der Küste gab es an einigen Stellen goldene Strände, an anderen fiel der rötliche Fels des Gebirges steil ins Meer ab.
    So viel Schönheit hätte sie aufmuntern sollen, doch stattdessen zerfiel ihre Hoffnung zu Staub.
    Ich hätte es wissen müssen. Ich bin eben doch wahnsinnig geworden. Wie sonst könnte man erklären, dass ich mitten in diesem magischen Gefängnis, in dieser Dimension der Finsternis meine Heimat sehe?
    »Du bist weder wahnsinnig, noch ist dies deine Heimat.« Wieder hörte Thirishri diese Stimme in ihrem Kopf, nur diesmal viel lauter. Sie klang gebieterisch und beruhigend zugleich – und ganz eindeutig weiblich.
    *Wie? Was willst du damit sagen?*
    »Komm herunter an die Westküste, wo du ein Labyrinth aus Meeresarmen und Buchten siehst. Du weißt, wo.
    Komm her und lege deine Angst ab. Du brauchst nur zu kommen, Luftgeist, und alles wird sich klären.«
    Ob Einbildung oder nicht, sie konnte nichts anderes tun, als sich darauf einzulassen. Thirishri ließ sich von warmen Winden eingehüllt zu dem Ort hinabgleiten, den die Stimme ihr benannt hatte, wo sich Landspitzen hinter Landspitzen zeigten und die Buchten sich ineinander schachtelten und ein bezauberndes Landschaftsrätsel bildeten. Dort stand in die Biegung einer Landzunge geschmiegt ein großes weißes Haus, das von Bäumen umgeben war. Dazu gehörte ein Garten mit blühenden Blumen, und eine große Wiese erstreckte sich bis ans Ufer.
    Das ist eine menschliche Behausung! Die gab es bisher nicht dort!
    Doch plötzlich fühlte Thirishri sich besser, die Angst vor dem Wahnsinn verging wie Rauch im Wind. Ganz sicher wäre sie, wie verworren ihr Verstand auch hätte sein mögen, nicht darauf gekommen, sich in ihrer Heimat ein so unmögliches Haus vorzustellen. Beim Näherkommen fing sie an zu überlegen. Konnte es in dieser gestaltlosen Leere wirklich sein, dass da eine Frau auf der Terrasse eines weißen Hauses saß, das aufs Meer hinausblickte? Sollte da etwa wirklich ein kleiner weißer Tisch stehen und darauf etwas, das verdächtig nach einer Teetasse aussah?
    Thirishri war kein Wesen, das menschliche Augen wahrnehmen konnten, und doch wurde sie in diesem Moment bemerkt. Die Frau hob ihren schlanken Arm und winkte den Luftgeist zu sich herab.
     
    Es war noch dunkel, als Zavahl aus einem Albtraum voller Verwirrung und Schrecken erwachte. Doch sogleich musste er feststellen, dass seine Lage in Wirklichkeit schlimmer war als der finsterste Traum. Er lag gefesselt auf dem Rücken eines riesigen Tieres. Es rannte schnell, und er wurde von den ungewohnten Bewegungen durchgerüttelt. Mit dem Kopf nach unten hängend fiel ihm das Denken schwer, und das Blut pochte in seinen Schläfen. Was war geschehen? War er im Opferfeuer gestorben? War dies ein Dämon, der ihn nun für seine Verfehlungen zu irgendeiner höllischen Bestrafung brachte?
    Doch dann hörte er über sich eine weibliche Stimme, eine tiefe Stimme. Eine andere Frau antwortete ihr mit einem leisen Lachen, und Zavahl unterdrückte einen Schrei, als die Erinnerung mit einem Mal zurückkehrte. Eine Reihe zusammenhangloser Bilder blitzte auf: die Schlucht des Heiligen Bezirks, die sich unter tief hängenden Wolken verfinsterte; das anschwellende Raunen der Menschenmenge, als er aus dem Tempel herausgeführt wurde; die vielen leuchtenden Augen, die gierigen Blicke, die ihn durchbohrten, als wollten sie ihm das Herz herausreißen, bevor er noch auf dem Scheiterhaufen angekommen war. Er entsann sich, wie er über die Scheite taumelte, die unter seinen Füßen rollten und kippten, während die Wachen der Gottesschwerter ihn mit unbewegter Miene auf den Pfahl zu führen; und wie die Seile ihm die Haut schürften, mit denen er festgebunden wurde; wie er im kalten Wind fror und der Nieselregen sein dünnes weißes Hemd durchfeuchtete; und wie Gilarra unter der schweren Robe herumzappelte und unruhig und unglücklich umherschaute; und wie Blank, der für gewöhnlich unbeteiligt aussah, mit glühenden Blicken seinen Triumph auskostete. Umsonst versuchte Zavahl, der Erinnerung an das nachfolgende zu entgehen – wie die bleiche Gilarra das Ritual durchführte und die Angst in ihren Augen aufflackerte, als das heilige Feuer sich nicht entzünden wollte …
    Dann brach das Chaos herein, als dieses riesige Tier aus dem Tempel herausstürzte, ihn durchfuhr die Todesangst wie ein eisiger

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