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Der Schattenjäger (German Edition)

Der Schattenjäger (German Edition)

Titel: Der Schattenjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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moderner Technik nicht kennen. Werden wir zu Inquisitoren ausgebildet oder arbeiten wir für die Volksbildung? Wie gelangt jemand durch die Kontrolle in Ellis Island, wenn er den Unterschied zwischen einem todbringenden Zauber und einem elektrischen Kurzschluss nicht kennt?«
    Sascha war sich sicher, dass Pearl Schneiderman keinen Fuß auf Ellis Island gesetzt hatte und sehr wohl lesen und schreiben konnte, doch verbiss er sich eine Bemerkung und schwieg.
    »Und was war dieses Geschwätz um Kid Klezmer und den Süßwarenladen in der Essex Street?«, fuhr Lily fort. »Ist es jetzt gefährlich für Inquisitoren, einen Süßwarenladen zu betreten?«
    »Regel Nummer fünfhundertvierundachtzig des Handbuches für New Yorker Polizisten im Inquisitorendienst: Bonbons sind den Inquisitoren untersagt. Willst du den Dienst quittieren?«
    Lily versetzte ihm einen Stoß in die Rippen: »Blödmann.«
    »Das wissen doch alle, dass der Süßwarenladen in der Essex Street die Zentrale von Magic Inc. ist. Wenn da also ein Inquisitor hineingeht und lebend wieder herauskommt, ja, dann muss man wohl annehmen, dass er für Meyer Minsky arbeitet.«
    Lily blieb stehen und sah Sascha verblüfft an. »Das ist doch lächerlich! Du willst mir weismachen, dass der berüchtigtste Gangsterboss in ganz New York seine magischen Geschäfte in einem Bonbonladen führt? Um alles in der Welt, warum sollte er das tun?«
    »Vielleicht mag er ja Süßes.«
    »Willst du mich ärgern, Sascha?«
    »Aber nicht doch.«
    »Na schön, aber welche Eltern würden ihren Kindern erlauben, dort Süßigkeiten zu kaufen?«
    »Keine Ahnung. Aber eines weiß ich: Die Verkäufer dort haben keine Probleme mit Ladendieben!«
    »Wollt ihr nicht reinkommen?«, rief Wolf, der einen halben Block vor ihnen die schwere, aus Mahagoni und Glas bestehende Eingangstür zum Café Metropol aufhielt, »oder genießt ihr lieber die Frühlingsluft da draußen?«
    Das Café Metropol war so etwas wie das Wasserloch für die intellektuelle Fauna New Yorks oder doch für den jüdischen Teil davon, der freilich fast das ganze Café besetzte. Es lag strategisch günstig zwischen der Synagoge in der Eldridge Street, der Zentrale der
Internationalen Magischen Werktätigen
in der Hester Street und den verschiedenen jiddischen Theatern, die alle um die Gunst und die Geldbeutel der Theatergänger der Lower East Side buhlten.
    Jedes jiddische Theater hatte seine Stars, seine Dramaturgen, seine Liedkomponisten und seine Schar fanatischer Anhänger, die ihre Lieblingsschauspieler sogar mit Fäusten verteidigen würden. Das Thalia hatte den großen Heldendarsteller Daniel Kessel, das Windsor zählte den unsterblichen Thomashefsky zu seinem Ensemble und das Grand verfügte über eine nicht abreißende Kette von weiblichen Komödiantinnen, die alle als »Liebling Amerikas« angepriesen wurden, ungeachtet der Tatsache, dass kein Mensch nördlich und westlich von New York jemals von ihnen gehört hatte. Und selbstverständlich hatte das stets ums Überleben kämpfende Jiddische Volkstheater Onkel Mordechai. Doch den Mittelpunkt dieser glanzvollen Etablissements der Lower East Side bildete der hell erleuchtete große Saal des Café Metropol. Hier verkehrten Rabbis, Schauspieler und Revolutionäre, hier schmiedeten die Verantwortlichen vom
IMW
Pläne für den nächsten Streik, hier diskutierten junge Männer (und junge Frauen ebenso, auch wenn Mrs Kessler dies in Abrede stellte) bis spät in die Nacht über die neuesten aus England oder Russland eingeschmuggelten revolutionären Streitschriften.
    Sascha bemerkte erst jetzt, wie wenig er es wünschte, dass Lily Astral ausgerechnet dieses Café betrat. Doch das war jetzt nicht mehr zu ändern. Wolf, der immer noch für sie die Tür aufhielt, hatte sich schon die bösen Blicke der Gäste zugezogen, die in der Nähe des Eingangs und in der von draußen einströmenden, eisigen Luft saßen.
    Lily trat ein, schüttelte den Schnee aus ihrem Mantel und sah sich mit großen Augen um. Auf einmal betrachtete Sascha das Metropol mit ihren Augen. Die schimmernde Mahagonitheke mit dem blitzblank geputzten Messinggeländer sah so prächtig aus wie immer, aber alles andere schien eine Spur heruntergekommen, verglichen mit den berühmten Lokalitäten aus dem feudalen New Yorker Norden, die Sascha in Wolfs Schlepptau bei den Ermittlungen im vergangenen Jahr kennengelernt hatte. Und, um bei der Wahrheit zu bleiben, auch die Leute sahen etwas schäbig aus. Die Stammkundschaft des

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