Der Schattenjäger (German Edition)
»Vielleicht tätest du besser daran, mit Morgaunt zu reden. Bestimmt würdest du mit ihm etwas auf die Beine stellen.«
Minsky runzelte die Stirn und schob seinen Stuhl etwas zurück. »Ich hoffe, du bist nicht hergekommen, um mich mit Morgaunt aufzuziehen«, sagte er abwehrend.
»Was ist denn mit ihm?«, fragte Wolf betont arglos.
»Spiel nicht den Ahnungslosen. Eine halbe Ewigkeit habe ich dich nicht gesehen, aber kaum droht Morgaunt ein Streik in seiner Pentacle-Fabrik, schon sitzt du vor mir. Was soll ich davon halten?«
»Ah, ich verstehe«, sagte Wolf mit einem Seitenblick auf Dopey Benny, »Morgaunt hat bei Magic Inc. angefragt, ob man den Streik nicht niederschlagen könnte.«
»Selbstverständlich. Wir sind schließlich die Besten, und Morgaunt kauft sich immer die Besten.«
»Dann hast du also schon zugesagt?«
»Noch nicht. Aber warum eigentlich nicht?« Minsky mahlte mit den Zähnen und kniff die Augen zusammen. »Was Morgaunt anbietet, mag ja Drecksarbeit sein, aber sein Geld ist so gut wie jedes andere. Und wenn er möchte, dass ich den magischen Muskel auf der Straße spielen lasse, sehe ich nicht ein, warum ich dafür nicht kassieren soll. Es sei denn, die andere Partei zahlt mehr.«
»Wir wissen doch beide, dass die andere Partei das nicht kann.«
»Das stimmt, leider.«
»Sind deine Leute schon im IMW -Büro gewesen?«, erkundigte sich Wolf.
»Ich war da«, sagte Dopey Benny mit seiner verschnupften Stimme. »Ist ja, wo meine Mutter wohnt, nur ein Stockwerk höher. Sind nette Jungs und Mädchen. Man sollte den Eltern mal stecken, dass sie demnächst ordentlich Kloppe kriegen.«
Wolf erwiderte nichts darauf, sondern begnügte sich damit, Minsky anzustarren. Der rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
»Das ist nicht persönlich gemeint«, beschwichtigte der Gangster. »Die jungen Leute im IMW -Büro sind mutig wie Löwen, und ich gäbe jedem einen Job, wenn sie mich danach fragten.«
»Ich glaube allerdings, dass sie andere Ziele im Leben haben«, sagte Wolf mit sarkastischem Unterton. Das Sarkastische war nur angedeutet, aber dennoch hielt Sascha den Atem an. Dass jemand es wagte, so mit Meyer Minsky zu reden!
Minsky war der Unterton nicht entgangen, wie an dem gefährlichen Funkeln in seinen Augen zu erkennen war.
»Max, kein Grund, mich oder meine Berufswahl zu verachten. Ich habe dich jedenfalls immer geachtet, auch wenn wir nicht einer Meinung waren, selbst nach deiner Entscheidung, bei den Inquisitoren zu arbeiten.« Minsky ließ seine Stimme abfällig klingen, als er das verhasste Wort aussprach. »Aber du musst mich auch respektieren, oder wir können keine Freunde mehr sein. Dabei schätze ich dich sehr.«
»Ich mag bloß nicht, dass du auch nur darüber nachdenkst, für Morgaunt zu arbeiten«, beruhigte ihn Wolf.
»Ich würde lieber sagen
mit ihm
, nicht für ihn. Und ich muss das erwägen. Ein Mann darf es sich mit Morgaunt nicht verderben, wenn er weiterhin Geschäfte in dieser Stadt machen will.«
»Mein lieber Meyer«, sagte Wolf mit sanfter Stimme, sodass man ihm über den harten Inhalt seiner Worte nicht böse sein konnte, »ich hätte nie gedacht, dass du dich einmal vor jemandem fürchten würdest.«
»Von Furcht kann keine Rede sein, ich bin nur realistisch. Unterschätze mich nicht. Ich würde mich gegen ihn stellen, wenn es sein muss. Aber er hat außer der Polizei auch die Zeitungen und die Stadtverwaltung in der Tasche. Und kürzlich hat er sich auch in meine Branche gewagt. Wobei es nicht nur um mich geht, auch die Hexer aus Hell’s Kitchen und die Jungs aus Little Italy hat er im Visier. Und da ist noch etwas, worüber ich mit dir reden müsste, doch jetzt ist nicht der rechte Augenblick dafür. Eines ist sicher: Wenn ich mich bei diesem Pentacle-Streik offen gegen ihn stellen würde, hieße das Krieg. Und das wäre ein Kampf, den ich nicht gewinnen kann. Noch nicht. Hast du schon mal von den
Makkabäern
gehört? Schau mal in die Bibel. Zwischen Tapferkeit und Tollkühnheit ist ein schmaler Grat, heißt es da.«
Wolf schwieg eine Weile, er schien alles andere als glücklich über diese Antwort. Dann zuckte er nur die Schultern und sagte: »Ich verlange ja nicht, Meyer, dass du dich für das Allgemeinwohl opferst. So unvernünftig bin ich nicht, zumal ich selbst ja auch nicht den Schneid dazu habe.«
»Obwohl du ein-, zweimal ziemlich nahe dran warst, wenn ich mich genau erinnere.«
»Das war etwas anderes. Wenn ein Mann Frauen und Kinder in seinen
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