Der Schattenjäger (German Edition)
verächtlich. »Das ist der Dank dafür, dass wir diese verdammten Ausländer in unser Land lassen!«
»Jawohl, Sir! Wir sollten überhaupt keine Ausländer mehr aufnehmen, Sir!«
»Sie sind ein ganz Schlauer, oder? Ich will Ihnen mal was sagen, Wolf. Warum verhaften Sie nicht Moische Schlosky, ehe ich Sie nach Yonkers strafversetze?«
»Weshalb?«
»Weil Sie ein arroganter –«
»Ich meine,
weswegen
sollte ich Moische Schlosky verhaften« – Wolf legte eine kurze, aber bedeutungsvolle Kunstpause ein – »Sir?«
»Treiben Sie es nicht zu weit, Wolf. Mr Morgaunt hat deutlich gemacht, wie dieser Fall zu erledigen ist. Ich weiß, was Sie von ihm halten. Zugegeben, er ist ein harter Brocken. Aber er hat auch viel für die Stadt getan, und wenn er sich zu Wort meldet, hat er ein Recht, gehört zu werden. Und ehrlich gesagt, Wolf, ich bin ganz seiner Meinung. Als er gefragt hat, was Sie bloß das ganze Wochenende getan haben, wusste ich ihm nicht zu antworten. Also, warum gehen Sie nicht einfach in die Hester Street und nehmen diese Typen von der IMW alle hops? Selbst wenn sie mit dem Fall nichts zu tun haben, wäre es ein Dienst an der Allgemeinheit, diesen Burschen die Furcht vor dem Allmächtigen und dem NYPD einzuflößen. Und ziehen Sie sich was Neues an, Sie sehen ja aus, als würden Sie schon seit Wochen in der U-Bahn nächtigen!«
»Tja«, sagte Payton trocken, sobald Keegan weg war, »ich glaube, Mr Morgaunt ist besorgter über den Streik bei Pentacle, als er in der Öffentlichkeit verlauten lässt.«
Sascha blickte zu Wolf, doch der schaute immer noch Keegan nach. Die Miene des begriffsstutzigen Polizisten, die er immer aufsetzte, wenn er den Chef ärgern wollte, hatte er abgelegt. Jetzt wirkte er müde und niedergeschlagen. Er schaute in Saschas Richtung und bemerkte, dass Sascha ihn anblickte. Wolf blinzelte, als versuchte er sich zu erinnern, wer dieser junge Mann war und wo er ihn schon einmal gesehen hatte.
»Komm in mein Büro, Sascha«, sagte Wolf ungewöhnlich ernst. »Ich habe mit dir zu reden.«
Sascha erstarrte. Lily schaute ihn mit großen Augen an, und obwohl Payton sich niemals herablassen würde zu starren, merkte man doch, dass er genauso neugierig war.
Mit leisen Schritten und einem flauen Gefühl trat Sascha in Wolfs Büro und schloss sorgfältig die Tür hinter sich. Dann machte er sich Mut und hoffte, dass Wolf wahrscheinlich nur wissen wollte, ob er übers Wochenende mit Moische gesprochen habe. »Wenn es wegen Moische ist –«, begann er.
»Es geht nicht um Moische. Setz dich, bitte.«
Sascha sah Schlimmes auf sich zukommen, doch ehe er sich setzen konnte, wurde die Tür des Polizeibüros geräuschvoll aufgerissen und Rosie DiMaggios Stimme schallte durch die Räume. Wolf eilte ins Vorzimmer und Sascha folgte ihm. In der Tür zum Flur stand Rosie, in beiden Armen schwere Kartons. Aber als Sascha ihr zu Hilfe sprang, tat Philip Payton das Gleiche, und sie stießen schwungvoll gegeneinander. Lily verdrehte die Augen, stieg über die beiden am Boden Liegenden und nahm Rosie einen Karton ab.
»Danke«, sagte Rosie. »Junge, Junge, in der Schalterhalle ist was los, Wahnsinn! Was die Leute in dieser Stadt alles mit Magie anstellen! Und dieser Mann, der mir auf der Treppe begegnet ist, der muss einen schweren Leberschaden haben. Ich habe mal mit einem Mädchen gearbeitet, das bei Ziegfelds Truppe dabei war, und die sagte, die jüngste Schwester von Mr Ziegfelds Schwager kenne einen der Bosse in Hollywood, der lief immer ganz rot an, wenn ihm was querlag. Sein Arzt hat ihm empfohlen, zweimal täglich zu meditieren und Galle und Leber schonende Kost zu sich zu nehmen. Aber er hat nicht darauf gehört und eines Tages kippte er um – mausetot. Das sollte man diesem Kerl mal flüstern.«
Sascha wurde schwindelig – ein Zustand, den Rosie bei allen männlichen Wesen zwischen fünfzehn und fünfundachtzig hervorrief. »Was für eine Kost?«, fragte er benommen.
»Ist aus Battle Creek, in Michigan, und wird von dort aus in stabilen Kartons überallhin verschickt. Schmeckt auch nach Karton, wenn du mich fragst. Na egal. Hier ist der Film! Wie versprochen gleich nach dem Entwickeln hierhergebracht. Und den Projektor habe ich auch dabei, weil ich mir dachte, ihr habt vielleicht keinen. Jetzt brauchen wir nur noch eine saubere, unverstellte, weiße Wand …«, leise ausklingend verstummte Rosie und ließ ihren Blick durch das vollgestopfte Büro schweifen.
»Aha!«, sagte sie
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