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Der Schattenjäger (German Edition)

Der Schattenjäger (German Edition)

Titel: Der Schattenjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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starrte stur auf seine Füße und versuchte, seinen Puls zu beruhigen, ehe er antwortete. »Das würde meinem Großvater das Herz brechen.«
    »Und was würde dein Großvater sagen, wenn er wüsste, dass du für Morgaunt die Drecksarbeit machst?«
    »Was soll das jetzt heißen?«, empörte sich Sascha.
    »Ich weiß, was Morgaunt damals in der Nacht im Hotel Elefant zu dir gesagt hat.«
    »Woher?«
    »Oh Sascha«, sagte Wolf traurig. »Ich weiß es, weil er, als ich bei der Inquisitionsabteilung angefangen hatte, zu mir das Gleiche gesagt hat. Damals wollte er Chinatown übernehmen – ungefähr das, was er jetzt mit Minsky machen will, falls sich die beiden wegen des Streiks bei Pentacle als Gegner gegenüberstehen sollten. Und ich hoffe, dass du solche Zeiten nie erleben wirst.«
    »Haben Sie damals Shen kennengelernt?«
    Als Wolf antwortete, war seine Stimme nur ein Flüstern. »Ja«, bestätigte er. »Allerdings verstand ich noch nicht, was sie war. Ihr Ehemann wurde mein erster Lehrer. Was du jetzt von Shen lernst, habe ich von ihm gelernt. Und vieles mehr, denn anders als du, war ich ein fanatischer Schüler. Er glaubte an mich. Er vertraute mir, als ich versprach, die Polizei werde ihn schützen.« Wolf verbarg sein Gesicht in den Händen, so als könnte er die Erinnerungen, die in ihm aufstiegen, nicht ertragen. »Er ermordete ihn vor Shens Füßen, und ich stand da, ohne ihn daran hindern zu können. Und das Gleiche wird er mit denen tun, die dir lieb und teuer sind, wenn du ihm keinen Widerstand leisten kannst. Würde dir dein Großvater nun immer noch sagen, es sei unrecht, den Umgang mit der Magie zu erlernen?«
    Saschas bestürztes Gesicht war Antwort genug.
    »Und wenn ich mit ihm rede?«
    »Das würde gar nichts ändern«, erwiderte Sascha. ›
Du sollst keinem Menschen auch nur ein Haar krümmen durch Magie‹,
so lautet das Gesetz für ihn. Und nicht etwa ›
Du sollst durch Magie keinem Menschen auch nur ein Haar krümmen, es sei denn, der andere versucht es zuerst bei dir‹.
Und ich kann Ihnen garantieren, dass er eine lange Liste von Rabbinern aufzählen kann, die so gestorben sind.«
    »Du meinst also, du müsstest ihm gehorchen?«
    »Ums Gehorchen geht es eigentlich nicht«, sagte Sascha. Er zögerte, weil er selbst nicht recht wusste, wie er es erklären sollte. »Wenn es nur um alltägliche Zauberei ginge, also um das, was meine Mutter oder meine Schwester tun, damit sie ihre Stelle bei Pentacle behalten, oder auch um das, was gewöhnliche Kriminelle tun … Aber große Magie? Wie Sie oder Morgaunt sie praktizieren? Das ist etwas anderes. Selbst Meyer Minsky würde es nicht wagen, solchen Zauber anzuwenden. Er kann jeden Freitagabend mit Alkohol und Glücksspiel verbringen und sich obendrein noch ein paar Revuetänzerinnen auf den Schoß setzen, er darf sich dennoch einen guten Juden nennen, aber nie und nimmer würde er tun, was Sie getan haben.«
    »Ja«, sagte Wolf nach einer Weile, »das würde er wohl nicht. Und seine Begründung wäre, dass es gegen die Religion sei. Aber ich hätte damals, als ich noch ein gottesfürchtiger Katholik war, wohl auch nichts anderes gesagt.«
    Wolf betrachtete eine Weile einen Papierstapel, als erwartete er eine Antwort von ihm. »Ich weiß wirklich nicht, was ich dir raten soll, Sascha«, sagte er schließlich. »Vielleicht sollte deine Familie New York verlassen.«
    Sascha wurde schwindelig. Fliehen? Sie hatten schon eine Heimat verlassen müssen. Und zu welchem Preis? Wie könnte er seiner Mutter sagen, sie sei auch hier nicht sicher? Und wohin sollten sie gehen?
    Aber er wusste nicht, wie er Wolf das verständlich machen sollte. Er seufzte nur und sagte: »Morgaunt würde uns doch finden, egal wie weit wir fortgingen.«
    Dann kam ihm ein seltsamer Gedanke. »Deshalb fürchtet Meyer sich vor Morgaunt. Weil Morgaunt bereit ist, jedes Verbot zu übertreten. Nicht?«
    »Ja, Sascha. Männer wie Meyer halten sich an einen Ehrenkodex. Auch Paddy Doyle, die Hexer aus Hell’s Kitchen und alle anderen Gangster in New York. Letztlich sind sie alle Romantiker gegen Morgaunt, der aus tiefster Seele Zyniker ist. Man könnte sogar sagen, dass er nicht an Magie glaubt. Einem echten Magier ist ein Apparat wie der Ätherograph ein Gräuel. Die Männer von Magic Inc. mögen zwar mit Shen oder deinem Großvater in den meisten Dingen nicht einer Meinung sein, aber in einem wären sie es: dass Macht wohlverdient sein muss und nicht gestohlen.«
    Sascha stellte sich vor,

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