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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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blickte zu Elena und suchte in ihrem Gesicht nach Unterstützung, doch die Diskussion schien an ihr vorüberzugehen. Levin fuhr sich durchs Haar, dann sagte er: »Ich mache Euch einen Vorschlag. Ich helfe Euch bei Eurer Suche nach dem Ritter und Ihr lasst uns so lange auf Briangard leben. Wie Ihr wisst, habe ich einige Jahre bei der Stadtwache gedient, ehe ich Winzer wurde. Ich könnte Euch von großem Nutzen sein.«
    Jason lachte auf und schüttelte den Kopf. »Das war wirklich das Beste, was Ihr uns erzählt habt. Ein frisch ausgebildeter Soldat, der zum Weinbauer wird. Ihr scheint kein besonders guter Soldat gewesen zu sein.«
    »Da irrt Ihr Euch«, warf Elena mit einem sanften Lächeln ein. »Er war der Beste.«
    »Da seht Ihr’s«, ergänzte Levin. »Wie steht es also um mein Angebot?«
    »Ihr habt es noch nicht verstanden, fürchte ich: Hier leben Brianer. In Alsuna leben Alsuner. Ich könnte mich nicht daran erinnern, dass es in den letzten zwölf Jahren einmal anders gewesen wäre. Also lasst mich mit Euren irren Ideen in Frieden.«
    Jason wandte sich ab und äußerte beim Hinausgehen nur noch die Forderung, dass sie bis morgen die Festung zu verlassen hätten. Levin unterdrückte ein Schimpfwort.
    Als Jason draußen war und Levin ihm durchs Fenster nachsah, ballte er die Faust. » Einen Tag noch gibt uns dieser Hund, nachdem wir uns fünf Tage von ihm haben quälen lassen. Einen Tag, und wir haben noch nichts von diesem Erbauer gesehen.«
    »Sagtest du eben ›wir‹?«, fragte Elena.
    »Vorschläge sind herzlich willkommen.«
    »Es scheint, du müsstest immer an den Rand einer Niederlage geraten, bevor du dir helfen lässt. Aber schön, du willst den Grafen sehen. Das ist einfacher, als du dir vorstellst. Du hast Glück, dass wir erst morgen verschwinden müssen. Ein Knecht hat mir erzählt, dass der Erbauer morgen seinen wöchentlichen Besuch im Vorhof macht. Er lässt sich mit einer Sänfte umhertragen und alle Untergebenen huldigen ihm. Damit macht er sie gefügig. Wenn du ihn sehen willst, musst du dich einfach dazustellen.«
    Levin drehte sich lächelnd zu ihr um. »Du bist wahrlich dein Geld wert, Winzerfrau.«

16. Kapitel
    Alsuna, Jahr 295 nach Stadtgründung
    Die Nächte waren kühl und Alvin wachte oft mit Halsschmerzen auf. Erst im Lauf des Tages verschwanden sie, wenn er aus dem Wald Holz herbeischaffte oder Pilze suchte. Manchmal blieben sie auch und nicht selten gesellten sich Kopfschmerzen dazu, weil er wenig trank.
    Nie hatte einer von ihnen die Idee geäußert, dass sie sich eine Gemeinschaft nennen könnten, doch Tag für Tag lebten sie nichts anderes. Sie klärten ab, wer was beschaffen sollte und teilten anschließend am Feuer, was sie zusammengetragen hatten. Manche kamen hinzu, manche zogen weiter. Solange sie das gemeinsame Ziel hatten, den Tag mit einem gefüllten Magen zu beenden, verhielten sie sich wie eine Familie.
    Die meisten der Männer hatten eine Frau, viele auch Kinder. Alvin hatte Mitleid mit ihnen, denn sie mussten mit besonders wenig auskommen. Ein rothaariger Junge begleitete ihn öfters in den Wald. Alvin gab ihm dann häufig ein Stück von seinem Brot für die kleine Schwester mit. »Sie muss mehr als alle anderen lernen, dass es an jedem Ort Gnade gibt«, sagte er zu dem Jungen. Doch er sagte es nicht nur des Mädchens wegen, sondern weil er gern das äußerte, was er für sich selbst erkannt hatte.
    Eine Weile lang glaubte Alvin, er habe hier, am schmutzigsten, ärmsten Ort der Stadt, sein Ziel gefunden, das, wofür er nach Alsuna gekommen war. Nach den harten ersten Wochen hatte er mehr und mehr Erfüllung darin gefunden, gemeinsam mit den anderen einen Tag zu bestreiten und am Ende froh zu sein, es geschafft zu haben.
    Die Nacht, in der sich das alles ändern sollte, in der auch dieser Ort seine Unschuld verlieren würde, begann wie gewöhnlich. Alvin lag neben seinem besten Freund Ramon und hoffte, bald einzuschlafen. Er hörte am Atmen, dass auch Ramon noch wach lag – wahrscheinlich weil das Mondlicht direkt zu ihnen hereinschien. Sie flüsterten, um die anderen im Raum nicht zu wecken.
    »War es ein guter Tag für dich?«, fragte Alvin.
    »O ja, das war es.«
    »Bist du fertig geworden?«
    »Ja. Es war, als hätte eine Kraft meine Arme von ganz allein geführt.«
    »Das freut mich für dich.«
    »Da hinten steht er. Schau ihn dir an.«
    Alvin blickte zur anderen Seite des Raumes hinüber. An der Wand lehnte ein Handkarren, der aus Holz- und Eisenteilen

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