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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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dich ihm hingeben, um das herauszufinden?«
    »Ich vermute es.«
    »Aber du weißt es nicht sicher?«
    »Nein.«
    »Verstehe.« Er grübelte und sagte sich, dass seine hauptsächliche Sorge ihrer beider Sicherheit galt. Doch so ganz konnte er nicht sein grundsätzliches Unbehagen darüber verdrängen, dass sie heute Nacht im Bett eines fremden Mannes liegen würde. Weil er nicht wusste, woher dieses Unbehagen rührte, machte er seinen Stolz dafür verantwortlich. Nein, ich möchte nicht auf einen so schändlichen Dienst angewiesen sein; nicht in einer Sache, die ich auch selbst herausfinden kann.
    »Hier oben gibt es keine Prostitution«, sagte er in scharfem Ton. »Das solltest gerade du als Brianerin wissen.«
    »Umso größer ist daher das Verlangen.«
    »Hast du dir einmal überlegt, was los ist, wenn die Sache bekannt wird? Du wirst einen Skandal auslösen.«
    »Eine Magd, die sich ein paar Makel dazuverdienen will, ist nichts Besonderes.«
    »Wenn aber diese Magd zufälligerweise meine Ehefrau ist?«
    Elena mischte Gift in ihren Blick. »Du weißt so gut wie ich, dass Tobes mich nicht erkennen wird. Und wenn er es täte, würde er in seinem eigenen Interesse schweigen.«
    »Wenn auch nur ein Mensch erfährt, dass meine Frau nachts zu fremden Männern geht, ist alles ruiniert. Jason wird uns nachspüren und alles herausfinden. Ich habe keine Ahnung, ob man Spione hier erhängt oder köpft. Aber auf keines davon habe ich große Lust. Du vermutlich auch nicht.«
    »Wovor hast du wirklich Angst, Levin?«, fragte sie so eindringlich, dass er wegschauen musste.
    »Ich … ich habe keine Angst. Nicht um mich …«
    Sie verzichtete darauf, ihn weiter zu fragen. Der Satz, den Levin nicht mehr ausgesprochen hatte, hing offen im Raum.
    »Ich wollte dir nur helfen«, sagte sie mürrisch.
    Levin versuchte, sie freundlicher anzusehen. »Hör zu: Ich schaffe das schon. Ich muss nur noch eine Sache herausfinden. Danach verschwinden wir von hier.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Du musst mir einfach vertrauen.«
    »Dir vertrauen?« Sie zog die Augenbrauen hoch.
    »Der Graf sagt, man muss zuerst selbst vertrauen, wenn man das Vertrauen eines Menschen gewinnen will.«
    »Der Graf!« Sie gab ein höhnisches Zischen von sich. »Hüter aller menschlichen Weisheit! Du lässt dich also von ihm belehren.«
    »Ich sehe schon, du hast ein Problem damit, wenn Männer dir etwas sagen wollen.«
    »Männer lügen.«
    Levin lachte laut auf. Endlich fand er seine Elena wieder. »Das ist ja wohl eine sehr große Weisheit.«
    »Na schön, nicht alle. Du bist eine Ausnahme. Du verschweigst mir zwar viel, aber du lügst mich nicht an.«
    »Wer hat dich belogen?«, fragte Levin.
    Elena warf sich mit dem Rücken aufs Bett und schaute zur Decke. »Alle. Der Letzte von ihnen war mein Vater. Danach habe ich mich von keinem mehr belügen lassen.«
    »Was hat er dir versprochen?«
    »Nicht viel – ein sehr kleines Versprechen in meiner Kindheit: ›Ich werde immer für dich da sein und mein Leben lang zu dir stehen.‹ Das hat er durchgehalten – so lange, bis ich eines Tages mit nichts in der Hand vor seiner Tür stand und um Gnade flehte. Da hat er dem Druck meiner Mutter nachgegeben und mich weggeschickt.«
    »Wenigstens kennst du deinen Vater«, sagte Levin. Er hatte sich von der anderen Seite aufs Bett gelegt, sein Kopf ruhte nun neben ihrem. »Ich meine: Besser, man kann jemanden hassen, als dass man immer im Ungewissen bleibt, wie er wirklich ist.«
    »Was du nicht sagst. Du bist also ein Findelkind.«
    »So ähnlich.«
    »Glaube mir: Es lohnt sich nicht, ihn zu suchen.«
    »Ich suche ihn auch nicht. Ich war genug damit beschäftigt, meinem Ersatzvater aus dem Weg zu gehen.«
    Elena drehte ihm den Kopf zu, lächelte ihn sanft an und sagte: »Endlich lerne ich dich kennen, Levin.«
    Levin erwiderte den Blick. Ein warmer Schauer, gegen den er machtlos war, durchdrang ihn.
    Nicht nur du lernst mich kennen, Elena , dachte er.
    Er genoss es, dass ihre Augen kein erotisches Spiel mehr mit ihm trieben, sondern Ruhe und ehrliche Zuneigung ausstrahlten.

23. Kapitel
    Alsuna, Jahr 296 nach Stadtgründung
    Vor seinem inneren Auge zogen Bilder von Elena vorüber. Sie saß auf einem Holzfass auf dem Ochsenkarren und ließ die Füße baumeln. Dazu schnitt sie Grimassen und zeigte sie jedem, an dem sie vorbeifuhr. Das war das erste Mal, dass Alvin sie gesehen hatte. Er war damals sechzehn gewesen, ein paar Jahre älter als sie. Als Elena dann sechzehn war, sah er

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