Der Schatz in der Drachenhöhle
Tarzan.
Er übernahm Oskar und half Gaby ins
Boot. Karl stand bis zu den Schenkeln im Wasser.
Erst als alle ihre Plätze eingenommen
hatten, sprang Tarzan in den Bug.
Sie stießen ab — in letzter Sekunde.
Schon bremsten die Rocker auf der Wiese. Ihre Reifen rissen tiefe Furchen ins
saftige Gras. Ganze Batzen wurden von den Hinterrädern in die Luft gewirbelt.
Während die TKKG-Freunde aus
Leibeskräften paddelten, suchten die Rocker nach Wurfgeschossen, fanden aber
nur kleine Kiesel. Jetzt war die Entfernung schon zu groß, um noch was
auszurichten. Aber einer der Kerle lief am Ufer entlang. Es war der mit dem
blauen Helm. Er hielt irgendwas in der Hand. Was es war, konnte Tarzan im
dämmerigen Licht nicht erkennen.
Jetzt blieb der Höllenengel stehen. Den
linken Arm streckte er vor. Die rechte Hand, in Schulterhöhe angewinkelt, wurde
zurückgezogen.
„Duckt euch!“ rief Tarzan. „Der hat
eine Schleuder! Köpfe runter!“
In der nächsten Sekunde pfiff eine
Stahlkugel über sie hinweg. Sehen konnten sie die natürlich nicht. Aber sie
spürten und hörten den Luftzug und wußten auch, daß ein per Schlappschleuder
abgeschossener Stein nicht soviel Tempo drauf hat.
„Heh! Das ist gefährlich!“ rief
Klößchen. „Weiß der das nicht? Sowas kann ins Auge gehen.“
„Das interessiert den nicht.“
Tarzan riskierte nur einen Blick über
den Bootsrand und paddelte dann zur Strommitte.
Der Rocker schoß noch einmal. Krachend
prallte die Stahlkugel gegen das Boot.
Oskar fuhr hoch. Gaby stieß einen
spitzen Schrei aus. Karl rief: „Wenn wir leck schlagen, saufen wir ab.“ Und
Klößchen murmelte monoton vor sich hin. Es hörte sich an wie ein Gebet.
„Keine Panik!“ Tarzan richtete sich
auf. Er untersuchte die Stelle. Nur das Holz war etwas eingedellt.
Inzwischen bewegten sie sich aufs linke
Ufer zu. Für den brutalen Schützen war das Ziel jetzt zu weit entfernt.
„Und nun?“ fragte Gaby. „Ans Ufer
können wir nicht. Nach Hause zurückpaddeln schon gar nicht. Gegen die Strömung
schaffen wir das nie.“ Sie schluchzte. „Und ich hatte mich so auf die Fahrt
gefreut.“
Tarzan spürte einen Stich in der
Herzgegend. Er konnte alles aushalten, aber nicht, daß Gaby sich grämte.
Blauhelm, dachte er. Dich kriege ich in
die Finger. Dann wirst du dir wünschen, du wärst zu Hause geblieben. Das gilt
auch für dich, Plotzka.
„Keine Angst!“ beruhigte er Gaby. „Wir
paddeln, bis die Nacht anbricht. Im Schutz der Dunkelheit finden wir einen
Rastplatz. Wir müssen nur aufpassen, daß uns niemand rammt.“
Jetzt waren freilich nur noch Lastkähne
unterwegs. Die setzten, sobald es dunkelte, Positionslichter. Weithin sichtbar
waren die. Das kleine Kanu mit den tapferen TKKG-Freunden konnte jedesmal
rechtzeitig ausweichen.
Doch die Rocker schienen scharfe Augen
zu haben — oder ein Nachtglas. Sie blieben ständig in der Nähe. Die Kinder
hörten die Motorräder und sahen das Licht der Scheinwerfer.
Es wurde später und später. Die Nacht
brach an. Dunkelheit lag über dem Strom. In den Hügeln zu beiden Seiten sahen
sie erleuchtete Häuser. Der Verkehr auf den Straßen nahm ab. Nur die Rotte der
Höllenengel blieb ihnen treu.
Ein klarer Nachthimmel spannte sich
über Fluß und Land.
Gaby hatte die Beine weit ausgestreckt
— fast, daß sie die Füße in Tarzans Hosentaschen stopfte. Sie hatte sich
zurückgelehnt und sah zu den ungezählten Sternen hinauf.
Eine Sternschnuppe glitt über den
samtigen Nachthimmel.
Jetzt habe ich einen Wunsch frei,
dachte sie. Und sie wünschte sich, daß keiner der TKKG-Bande einschließlich
Oskar zu Schaden käme. Den Rockern wünschte sie acht Reifenpannen — pro
Motorrad eine.
Aufmerksam spähte Tarzan währenddessen
in die Dunkelheit.
Plötzlich riß er die Augen auf. Was war
das? Etwas hob sich vor ihnen aus den Fluten. Es war breit und flach und in
Kopfhöhe unregelmäßig; und die Wellen, die daran stießen, schäumten weiß auf
und schienen zu phosphoreszieren (Nachleuchten nach Belichtung).
„Eine Insel!“ rief er. „Vor uns liegt
eine Insel.“
Tatsächlich! Sie lag mitten im Strom.
Eigentlich war es nur ein flacher
Felsbrocken, der aus dem Wasser ragte: etwa acht Meter lang und halb so breit,
irgendwie war Erde dorthin gekommen. Und der Wind hatte den Samen von Gräsern
und Büschen angeweht. Jetzt zeigte die Insel kräftigen Bewuchs. Aber zwischen
den Büschen fanden die Kinder eine Menge Platz — nachdem sie das Kanu auf die
Insel
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