Der Schlüssel zur Sternenmacht
Ein Teil davon brannte.
Ein Ast, so dick wie mein Handgelenk, dessen abgebrochenes Ende wie eine Speerspitze aussah, kam auf mich zu. Ich erwischte ihn mit beiden Händen und hing einen Moment wild strampelnd da. Vergeblich suchte ich nach einem festen Halt. Der Zweig beugte sich und brach. Ich fiel in die Tiefe, vorbei an riesigen Zweigen. Und dann fing sich ein Gurt des Raumanzugs an einem Aststummel. Ich umklammerte den Ast und zog mich daran hoch. Nicht weit von mir krachte etwas ohrenbetäubend in die Tiefe. Vermutlich das Rettungsboot, das endgültig das Gleichgewicht verloren hatte. Ich holte tief Atem und sah mich um.
Die Blättermassen, die mich einhüllten, hatten eine gelbgrüne Farbe, hier und da kräftiger gelb oder rostrot. Der Ast unter mir war mit grober Rinde überzogen und breit genug, daß zwei Männer nebeneinander Platz fanden. Dunkelrotes Moos mit kleinen scharlachroten Blüten wuchs darauf, und als ich näher hinsah, pulsierten die Blüten in einem gleichförmigen Rhythmus, der an das Schlagen eines Herzens erinnerte.
Über mir war ein unregelmäßiges Loch, das meinen eigenen Sturz markierte. Aber überall sonst wölbte sich eine dichte Kuppel aus Laub.
Ich zog den Kasten mit Eet näher an mich heran und sah, daß er auf den Hinterpfoten saß und mit schlängelnden Bewegungen seines langen Halses die Umgebung betrachtete. Ein dumpfer Aufschlag und ein schwaches Vibrieren drang zu uns herauf. Offenbar war das Rettungsboot erst jetzt am Boden aufgeprallt. Das bedeutete, daß die Vegetation ein ziemliches Stück über dem Boden war und daß sie zäh genug war, um ein schweres Boot eine Zeitlang aufzuhalten.
Der Rauch über uns wurde dichter. Wenn sich da oben ein Feuer entwickelte, mußten wir uns so schnell wie möglich zurückziehen. Denn einem Waldbrand in meinem plumpen Anzug zu entkommen, war nahezu unmöglich.
Ich schob mich auf dem Ast – wie ich hoffte – zur Stammesmitte vor. Und ich hatte mich nicht verrechnet, denn nach einiger Zeit wurde er immer breiter. Außer dem Moos mit seinen atmenden Blüten sah ich noch mehr dieser luftigen Gewächse. Eines versperrte mir bald genug den Weg. Die Blätter waren gelb, fleischig und breit und krümmten sich so, daß in ihrer Mitte eine kleine Mulde entstand. Und hier hatte sich Wasser oder jedenfalls eine farblose Flüssigkeit angesammelt. Über dem von Blättern umhüllten Bassin sah ich das erste Leben.
Ein fliegendes Ding, etwa so groß wie meine Hand, breitete die durchsichtigen Flügel aus und flatterte weg. Es hatte so genau die Farbe der Blätter, daß es mir erst auffiel, als es sich bewegte. Ein anderes Geschöpf auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Teiches sah uns mit tropfender Schnauze an und entblößte die Fänge. Wie das fliegende Ding hatte es eine Tarnfarbe. Seine gesprenkelte warzige Haut paßte sich an die grobe Rinde der Äste an und hatte die gleiche dunkle Schattierung. Es war etwa so groß wie Valcyr, und die Fänge zeigten deutlich, daß es sich um einen Fleischfresser handelte. Wahrscheinlich hatte es am Teich nach leichter Beute Ausschau gehalten.
Es hatte auch keine Angst vor mir, denn es stemmte die Klauen ein, als wollte es mich anspringen. Ich unterschätzte den kleinen Kerl nicht. Aber was sollte ich gegen ihn anfangen? Ich besaß nicht einmal den Betäubungsstrahler, den die meisten Freien Handelsschiffer mit sich führten.
»Laß ihn!« hörte ich Eets Befehl in meinem Gehirn. »Er wird verschwinden ...«
Und tatsächlich verschwand er wie eine Illusion, die von einem hymandischen Hexenmeister heraufbeschworen worden war. Ich sah einen dunklen Strich, der mit der Rinde verschmolz – und dann nichts mehr.
Vorsichtig trat ich auf die breiten Blätter. Sie brachen unter meinem Gewicht, und gelber Saft quoll über meine Stiefelspitzen. Die Blätter selbst wurden schwarz und rollten sich sofort zusammen. Verwirrt schossen noch mehr der geflügelten Dinger aus ihren Verstecken und tanzten aufgeregt über dem Wasser. Ich hatte ihre kleine Welt zerstört.
Ich setzte Fuß vor Fuß, bis ich die glitschige, schleimüberzogene Stelle hinter mir hatte. Mein Gesicht im Innern des Helmes war schweißnaß, und ich atmete langsam und mühevoll. Mein Luftvorrat war am Ende, und ich mußte den Helm öffnen, ob es nun lebensgefährlich war oder nicht.
Vorsichtig setzte ich mich auf den Ast und öffnete die Verschlüsse. Ich erwartete, daß jeden Moment meine Lungen platzen würden. Aber obwohl die Luft mit
Weitere Kostenlose Bücher