Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
die Fragebögen ruhen zu lassen, sich damit abzufinden, dass sie ihr nichts verraten konnten.
Vielleicht gab es ja etwas Neues bei Senior? Sie rief ihn an, aber er hatte nur schlechte Nachrichten. Die DNA -Analyse ließ auf sich warten, die Obduktion hatte nichts Nennenswertes ergeben, Lars Rüttgen schwieg beharrlich. Sie hatten beim Staatsschutz angefragt, ob Informationen über die satanische Szene vorlagen, die für sie relevant waren – Fehlanzeige. Immerhin gab es kein neues Opfer zu beklagen, aber das tröstete Fran nicht wirklich. Es war nur eine Frage der Zeit, wann der Mörder wieder zuschlagen würde. Das Schlimmste, das einer MOKO passieren konnte, war eingetreten: Stillstand.
Das Telefon riss sie aus ihren Gedanken.
Der Pförtner meldete sich. »Ich habe hier einen Albert Neusen, der Sie sprechen möchte.«
»Albert Neusen? Aus Hamburg?« Fran hörte, wie der Pförtner nachfragte, und sie erkannte sofort Albis Stimme. In ihrem Bauch regten sich Schmetterlinge, aber so wie sich das anfühlte, war es etwas Größeres.
»Hamburg, ja, ein Kollege.«
»So spät? Das ist eine Überraschung. Sagen Sie ihm, dass ich ihn abhole.«
Fran schnappte sich ihre Codekarte und zwang sich, nicht loszurennen. Albi hier in Düsseldorf! Was wollte er? Und warum hatte sie das Gefühl, dass er genau im richtigen Moment kam? Sie sprang die Treppen hinunter, bog in die Lobby ein, die durch eine schusssichere Glasschleuse vom Eingang getrennt war. Tatsächlich. Albert Neusen. Mit einem kleinen Handkoffer. Der Pförtner öffnete die Schleuse, Albi trat hindurch, lächelte und reichte Fran die Hand. Sie dachte, dass sie sich, verdammt noch mal, nicht verlieben würde in diese verdammt noch mal hübschen braunen Augen, aber ihr Bauch sagte etwas anderes.
Seine Hände waren weich, warm und trocken, sie drückte sie gerade so fest, dass er ihre Kraft spüren konnte, aber nicht das Gefühl bekam, sie wolle sich mit ihm messen.
»Willkommen in Düsseldorf. Was führt dich hierher? Noch dazu …« Sie zögerte. Wie sollte sie es ausdrücken? Unangemeldet? Das klang wie ein Vorwurf. Sie freute sich, Albi zu sehen, das wollte sie sagen, ohne allzu vertraulich zu wirken.
»… unangemeldet?«, ergänzte Albi.
Ertappt. »Unangemeldet ja, aber auf jeden Fall willkommen. Hattest du eine gute Fahrt?« Small Talk war jetzt die beste Lösung.
Albi stieg auch sofort darauf ein. »Furchtbar! Ein Stau nach dem anderen, jede Menge Überholspurblockierer, die ich aus dem Weg fegen musste, und Horden verrückter Lkw-Fahrer, die immer genau dann ausscheren, wenn ich sie überholen wollte.«
Fran schaute ihn entgeistert an.
Albi feixte. »Ich bin mit der Bahn gekommen und habe vom Bahnhof aus ein Taxi genommen.«
»Und ich dachte schon, du bist so ein durchgeknallter PS -Rambo. Dann hättest du dir eine andere Fremdenführerin suchen müssen.«
»Was für ein Glück!« Er verneigte sich leicht. »Aber ich heize gerne vereiste Buckelpisten hinunter, je steiler, desto besser.«
»Das ist in Ordnung«, sagte Fran, drehte ihm den Rücken zu und ging los. Natürlich war sie neugierig, was ihn nach Düsseldorf trieb, vor allem, ob sie zumindest zum Teil dafür mitverantwortlich war. Aber sie wollte ihn nicht überfallen.
»Willst du denn nicht wissen, warum ich hier bin? So plötzlich, als sei ich aus dem Boden gewachsen?«
Fran blieb stehen, wandte sich Albi langsam zu, wollte zuerst sagen, dass er aufhören sollte, ihre Gedanken zu lesen, aber dann entschied sie sich für einen Frontalangriff. »Du hast dich unsterblich in mich verliebt, und jetzt versuchst du, mich zu betören, was sonst?«
Fran lächelte, als Albi einen Moment herumdruckste und sich dann räusperte.
»Du bist echt gut! Du hast mich durchschaut. Allerdings ist mir gerade siedend heiß eingefallen, dass ich den Verlobungsring zu Hause habe liegen lassen. Wenn meine Frau den findet, gibt es richtig Ärger.«
»Du bist verheiratet?« Enttäuschung und Erleichterung hielten sich die Waage.
»Ja. Allerdings leben wir in Trennung.«
Verheiratete Männer waren ein ganz klares Tabu für Fran. Nicht, weil sie moralische Bedenken gehabt hätte. Nein, sie wollte sich schützen, denn ein Platz auf der Reservebank kam für sie nicht infrage. Aber getrennt lebend war ja so gut wie geschieden.
»Also gut. Warum bist du hier?«
»Ich habe zwei Wochen Urlaub. Und mich lässt ClaudiusFerter, mein kleiner Satanist, nicht ruhig schlafen. Und ich finde, Düsseldorf ist eine
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