Der Schmetterlingsthron
gehasst, aber ich möchte nicht ungerecht sein.«
»Er hätte mich wegen seiner Schwertmacherei glatt umgebracht und wenn das nicht die Haltung eines Schurken ist, wage ich mir nicht die Verbrechen vorzustellen, die dein Missfallen erregen würden.«
»Oh, Menschen haben ihm nichts bedeutet. Ihm lag nur an seiner Kunst als Waffenschmied. Er wollte keinen Reichtum und auch keine Macht, ebenso wenig wie Ruhm oder Frauen; er wollte nur der größte Schwertmacher aller Zeiten sein, das war sein Ehrgeiz. Und dieser Ehrgeiz war so stark, dass alle anderen menschlichen Gefühle verdrängt wurden, bis auf ein wenig Zuneigung zu Ixus.«
»Jungfer!« sagte Jorian. »Wenn du weiter so auf leeren Magen trinkst, bist du bald nicht mehr in der Lage, durch den Wald zu wandern.«
»Ist meine Sache, was ich trinke!« rief Vanora.
Jorian zuckte die Achseln und wandte sich seinem Essen zu. Er verzehrte einen aufgewärmten Braten, einen Laib Brot, einen halben Kohlkopf, eine Handvoll Zwiebeln und ein Stück Apfelkuchen. Dann fragte er: »Warum hast du Zor freigelassen?«
»Weil er mich geliebt hat – eines der wenigen Wesen auf dieser Welt. Damit meine ich nicht die vielen jungen Männer wie dich, die zwar von Liebe reden, aber nur mit mir ins Bett wollen. Es bekümmerte mich, dass Rhithos ihn opfern wollte. Außerdem gefiel es mir, Rhithos hereinzulegen. Und ich wollte fliehen. Wäre der Schmied nicht gestorben, hätte ich den Rest meines Lebens hier verbracht. Er war mir keine angenehme Gesellschaft. Das Leben eines Zauberers ist doch etwas anderes als das eines gewöhnlichen Mannes.«
»Aber es wäre dir egal gewesen, wenn ich – ein harmloser Fremder – dabei umgekommen wäre.«
»Oh, ich hoffte doch, dass du siegen würdest, wenn auch nur, weil ich keine Freude an deinem Tod gehabt hätte. Aber wenn du verloren hättest, wäre mir das egal gewesen. Was hat die Welt der Männer für mich getan, dass ich sie lieben sollte?« Sie trank wieder von ihrem Wein.
»Bei Astis’ Elfenbeinbrüsten, du bist wenigstens ehrlich«, sagte er und wischte sich den Mund. »Ich glaube nicht, dass wir noch abwaschen müssen, weil wir doch gleich verschwinden. Sag mir nur, wo Rhithos seine Schaufel aufbewahrt, dann will ich ihn und sein Tier begraben.«
»An … an einem Haken rechts von der Tür zur Schmiede.« Ihre Stimme war undeutlich geworden. »Er war ’n sehr ungewöhnlicher Mann, mit ’nem Haken für jedes Werkzeug!«
»Gut! Hol deine Sachen, während ich mich an die Arbeit mache.« Jorian nahm eine Kerze und ging.
Eine halbe Stunde später kehrte er zurück und fand Vanora flach auf dem Boden liegen, den Rock bis zur Hüfte hochgeschoben, einen umgestürzten Weinkelch neben sich. Er rief sie, schüttelte sie, schlug ihr ins Gesicht und überschüttete sie mit kaltem Wasser. Aber sie gab nur ein betrunkenes Lallen und ein durchdringendes Schnarchen von sich.
»Blöde Gans!« knurrte Jorian. »Wir haben es eilig – ausgerechnet da musst du dich vollaufen lassen.«
Er ließ sie schließlich liegen und streckte sich unter einem Bärenfell auf einer Bank aus. Als er erwachte, dämmerte es bereits vor den Fenstern. Vanora erstickte ihn mit feuchten Küssen, und fummelte schweratmend an seiner Hose herum.
Als die Sonne aufging, verließen sie das Haus, dessen Türen sie verschlossen. Jorian trug Randir in einer Scheide aus Rhithos’ Wohnzimmer. Auch hatte er einen Dolch an sich genommen, eine tödliche Waffe mit breiter Klinge und einem Haken, der das Herausgleiten aus der Scheide verhinderte, wenn man nicht einen Knopf drückte.
Natürlich führte Jorian auch seine Armbrust mit und unter seiner Tunika ein feines Kettenhemd, das er ebenfalls aus Rhithos’ Beständen genommen hatte. Ihm war zumute, als könne er einen Elefanten besiegen; er atmete tief ein und sagte:
»Was die Silvaner betrifft, können wir nur hoffen. Vielleicht entdecken sie Rhithos’ Verschwinden nicht so schnell. Ist mir auch egal.« Während er Rhithos’ Esel mit Vorräten belud, begann er plötzlich ein kortolisches Dreschlied zu singen.
»Weshalb singst du?« fragte Vanora. »Du wirst alle Silvaner auf uns aufmerksam machen.«
»Ich bin nur glücklich, weil ich meine wahre Liebe gefunden habe.«
»Liebe!« sagte sie verächtlich.
»Könntest du nicht ein bisschen für mich empfinden? Ich bin bis über beide Ohren in dich verliebt, Mädchen. Und du hast mir alles gegeben, wie man so schön sagt.«
»Unsinn! Die Tatsache, dass ich nach langer
Weitere Kostenlose Bücher