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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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leer, der Salon voll von Asche und leeren Gläsern, wie sie ihn verlassen hatten. Sie gähnte wieder. «War das nicht eine faule Show?»
    «Ich habe jedenfalls bessere gesehen.»
    «Wollen Sie etwas trinken?»
    «Nein, danke. Nicht so spät. Ich operiere um neun.»
    Sie gähnte zum drittenmal. Graham stand in der Mitte des Teppichs, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und kam sich lächerlich vor.
    «Alors? Nous nous amuserons en faisant l'amour?»
    «Wie bitte?» fragte Graham, dessen Französisch nicht sehr gut war.
    Sie lachte und ging ins Schlafzimmer, ein Lied aus dem Musical singend. Ihren Zobelmantel warf sie auf den Boden. Der Dramatiker hatte sie im Stich gelassen, und für sie war kein Abend ohne sexuelles Finale komplett.
    Graham fand sie an ihrem Frisiertisch, wo sie ihren Schmuck abnahm.
    «Sagtest du, daß du eine Frau hast?» Sie betrachtete sich im Spiegel. «Oder ist sie tot?»
    «So gut wie. Sie ist in einem Heim für unheilbar Kranke.»
    «Oh, das tut mir leid», tröstete sie ihn leichthin. «Ja, ich habe gleich gedacht, du seist nicht an eine Frau gefesselt.“
    «Warum sagst du das?»
    «Oh, ich weiß nicht...» Sie schleuderte ihre Schuhe fort und begann ihre Seidenstrümpfe auszuziehen. «Du bist zu höflich, zu zuvorkommend. Ein Mann, der mit einer Frau lebt, nimmt bald alle Frauen selbstverständlich hin. Hattet ihr Kinder?»
    «Ja, einen Sohn.» Graham schlüpfte aus seiner Smokingjacke. Die Ruhe der Szene verblüffte ihn. Sie hätten seit Jahren verheiratet sein können. «Er ist siebzehn.»
    Sie ließ ihr Kleid zu Boden fallen und schleuderte es mit ihrem nackten Fuß beiseite. «Interessiert er sich für Frauen?»
    Er begann seine Smokinghemdknöpfe zu öffnen. «Ich fürchte, nur allzu sehr für einen Jungen seines Alters», lächelte er. «Jetzt, wo er mit der Schule fertig ist, hat er wahrscheinlich auch nichts, das ihn ablenken könnte. Das ist mit ein Grund, warum ich ihn für ein Jahr in die Schweiz schicke.»
    «Viel besser. Am Kontinent erziehen sie die jungen Männer dazu, Mädchen als Notwendigkeit anzusehen und nicht als gelegentliches Vergnügen.» Sie zog das Haar von ihrem Ohr. «Nun, Doktor - du kannst dein Werk bewundern.»
    Die Wunde heilte wunderschön.
    Als Graham erwachte, war es stockfinster. Wo war er? Ach ja ...
    Er blickte auf die Uhr.
    Mein Gott!
    Fünf Minuten nach neun.
    Er prang auf. Licht schien unter den schweren Vorhängen durch. Er riß einen zur Seite. Der Verkehr eines Herbstmorgens flutete durch die Brook Street. Unter den Vorhängen des Himmelbettes räkelte sich Stella Garrod lässig.
    «Was ist los, Liebling?» Sie öffnete die schlaftrunkenen Augen und versuchte krampfhaft, sich zu erinnern, wer er war.
    «Ich sollte schon im Krankenhaus sein», sagte er verstört.
    Es fiel ihr wieder ein. Ohne Kleider sah er ganz anders aus.
    «Liebling, bitte verzeih mir», entschuldigte er sich rasch. Er beugte sich über das Bett und küßte sie. «Ich rufe dich später an.»
    Sie lächelte und schlief offenbar gleich wieder ein. Er sah sich nach seinen Kleidern um.
    Guter Gott!
    Der Smoking.
    Es gab keinen Ausweg. Er konnte kaum nach Hause telefonieren und sich von Desmond seinen Tagesanzug bringen lassen. Wenn er den Kragen hochstellte, würde es vielleicht niemand bemerken. Er fuhr in die schwarze Hose. Stella Garrod begann zu schnarchen, sogar ziemlich laut.
    Er ging auf Zehenspitzen aus dem Schlafzimmer. Der Salon lag in grellem Tageslicht. Es war schon aufgeräumt worden. Am Schreibtisch in der Ecke saß eine unweibliche, kurzhaarige Frau von etwa Dreißig, in einem Tweedkostüm und mit dicken Hornbrillen, rauchte Zigaretten mit Spitze und schnitt Artikel aus den Morgenzeitungen.
    «Wir sind gerettet», sagte die Frau. Sie hielt die Titelseite des Express hoch, die mit den riesigen Buchstaben FRIEDE und einem Rufzeichen geschmückt war. «Er fliegt heute heim, steht hier. Mit Schirm und allem.»
    Graham starrte sie verständnislos an und hielt seine Jacke am Hals geschlossen.
    «Möchten Sie Kaffee?» fragte sie.
    «Nein... nein, danke.» Er glaubte, sich irgendwie rechtfertigen zu müssen. «Miss Garrod schläft noch» war alles, was ihm einfiel.
    «Sie liegt gern länger, wenn sie kann.» Die Sekretärin schnippte die Asche von ihrer Zigarettenspitze. «Sie verdient es, die Arme, das ist Tatsache.»
    «Ich muß gehen», murmelte Graham.
    «Auf Wiedersehen dann.»
    «Ja... ja, natürlich.» Er hoffte aufrichtig, daß es nicht dazu kommen

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