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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Goi verwandelt haben.» Dies war der einzige Witz seines Lebens.
    Die einzige Meinung, die er mit Graham teilte, war die über die Unmöglichkeit eines Krieges. Er war in den Ferien in Deutschland gewesen, von Weimar bis Coburg über den Thüringer Wald gewandert, und die Menschen waren die vernünftigsten, anständigsten, gastfreundlichsten und saubersten, die man nur finden konnte. Als aber der Olivenzweig, der mit solchem Pomp in München gepflanzt worden war, nur welke Blätter der Enttäuschung trug, machte sich sogar Haileybury Sorgen. Er hatte sicherlich keine Lust zu einem Krieg. Dazu hatte er beim Sarazenen zuviel von seinen Folgen gesehen. Aber sich wieder in Uniform zu sehen, in einem für den schmucken jungen Leutnant von der Gesichtsklinik in Ramsgate schier unglaublichen Rang... Jedenfalls mußte er über den Brief von der Armee Stillschweigen bewahren, und damit auch über seine Erregung. Mittlerweile führte ihn dies zu vielen Selbstbefragungen und Zweifeln, die von einer für ihn ungewöhnlichen Selbstverblendung gemäßigt wurden.
    Eines Samstagnachmittags im Mai 1939, als eine wohlerzogene britische Mission die unfruchtbaren diplomatischen Matten Europas umging, indem sie sich in aller Ruhe einschiffte, um mit den rüpelhaften Machthabern in Moskau zu verhandeln, saß Haileybury mit einem unerwarteten Besucher im Wohnzimmer seines Hauses. Als der Mann geschrieben und eine Unterredung erbeten hatte, hatte Haileybury schon das Gefühl, daß dieses Treffen anspruchsvoll sein würde. Er entdeckte nun, daß er ganz richtig geraten hatte.
    «Warum kommen Sie eigentlich zu mir?» fragte er trocken.
    Lord Cazalay bürstete nervös den schwarzen Schnurrbartbalken in seinem dicken, roten Gesicht. Er blickte sich ausweichend im Zimmer um und schien dabei überall auf Modelleisenbahnlokomotiven zu stoßen. Man mußte sich hier ja wie in einer Werkstätte Vorkommen. Die Leute in England wurden wirklich höchst merkwürdig.
    Seit sein Vater durch die Falltür von der politischen Bühne abgetreten war, hatte Marias älterer Bruder am Fuße der Pyrenäen in Pau gelebt, als er aber den Titel erbte, hatten ihn das Grollen des Krieges und eine vage Berufung, den Namen der Familie reinzuwaschen, heimgeführt. Es schockierte ihn, daß der Sturz der Cazalays vollkommen in Vergessenheit geraten war. Die Leute interessierten sich viel mehr für Hunderennen und Mickey Mouse. Er trat an einen Verleger in Paternoster Row heran, bemächtigte sich der Papiere, die sein Vater in Dutzenden schwarzen Blechkisten bei seinem Anwalt zu hinterlassen für gut befunden hatte, und begann mit Schreibtisch, Feder und Papier zu arbeiten. Er war im Begriff zuzugeben, daß die Ehrenrettung seines Vaters vielleicht doch seine Möglichkeiten überstieg, die Leute in der Paternoster Row aber waren verständnislos. Sie hielten es eher für eine Aufgabe, die niemand lösen könne.
    «Ich kam zu Ihnen, weil Sie Mediziner sind, Mr. Haileybury», antwortete Lord Cazalay vorsichtig. «Ich hätte vielleicht selbst einen Prozeß anstrengen können - mein Anwalt ist jedenfalls dieser Meinung -, aber ich würde zweifellos von Ihren Herren Kollegen eingekocht werden. Überdies ist es meiner Meinung nach im Grunde eine Angelegenheit, die die Ärzte untereinander erledigen sollten.» Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und betrachtete Haileybury mit seinen hervortretenden Fischaugen.
    «Ich verstehe», sagte Haileybury.
    «Die Sache ist ausgesprochen tragisch», fuhr Lord Cazalay wilder fort. «Ich weinte, als ich sie zum erstenmal sah. Weinte! Ich gebe es offen zu. Ach ja, sie war eine der schönsten Frauen von London. Und vor nicht allzu langer Zeit. Zwanzig Jahre sind schließlich kein Leben lang! Und was ist sie jetzt? Ein menschliches Wrack, über ihre Jahre hinaus gealtert, wie eine Verrückte eingesperrt. Natürlich ist sie nicht verrückt! Sie ist so normal wie Sie oder ich. Es gibt ganz sicher keine Geisteskranken in unserer Familie, das können Sie mir glauben! »
    Haileybury sagte nichts. Er wußte noch vom Studium, daß der Geisteskranke einer Familie immer als Opfer unglückseliger Umstände, nie aber unglücklicher Vererbung angesehen wird.
    «Es ist alles die Schuld dieses Schweines Trevose, Mr. Haileybury. Er hat die Gesundheit meiner Schwester ruiniert. Er war immer verdammt gemein zu ihr. Ich wußte schon, daß der Mensch ein Schuft ist, als ich ihn zum erstenmal sah.»
    Haileybury drehte den Brief seiner Lordschaft auf dem niedrigen

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