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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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essen?«
    »Sicher das. Scheibe Wildpastete fürs erste? Setzen Sie sich schon mal hin, ich bring’s Ihnen rüber.«
    Wield nahm sein Glas und ging zu einem kleinen Tisch am Fenster. Wapshare kam bald mit einem Tablett hinterher, auf dem sich Pickles, Chutney, Tomaten, Brot und ein Stück Pastete so groß wie ein Holzfällerkeil türmten.
    »Rufen Sie nur, wenn Sie fertig sind, und ich brat Ihnen ein, zwei Scheiben von meiner Blutwurst«, sagte der Wirt. »Du liebe Zeit, da kommt das Kabarett.«
    Die Tür war unter einem Schwall von Lärm aufgegangen, um Guy Guillemard und seine Freunde hereinzulassen. Sie steuerten auf die Bar zu, wo Guy der Erbe sich auf einen Hocker setzte und die anderen Besucher mit dem Habitus eines Grandseigneurs, der das
ius primae noctis
für sich beansprucht, musterte. Die meisten tranken einfach weiter. Höchstens Dudley Wylmot von der Post, der vor den Resten einiger großer Gin Tonics saß, zeigte einen gewissen Eifer, einen seigneurischen Blick zu erhaschen. Sein kriecherisches Interesse stand in krassem Gegensatz zu der eisigen Gleichgültigkeit, die seine Frau den Neuankömmlingen entgegenbrachte, bevor sie sich wieder ihrer Schorle zuwandte.
    Guy nickte Wylmot herablassend zu, und als er Wield entdeckte, breitete sich ein Grinsen wie aus der Zahnpastawerbung über sein Gesicht. Er kam zu seinem Tisch herüber und setzte sich.
    »Abend, Sergeant. Die haben Sie dagelassen, um uns über Nacht zu bewachen, wie?«
    »So was in der Art, Sir«, sagte Wield.
    »Dieser Typ, mit dem Sie unterwegs waren, ich meine den, der offenbar dachte, ich wollte ihn über den Haufen fahren, das ist Ihr Vorgesetzter, richtig? Andererseits sieht er eher jünger aus als Sie. Wie kann das sein, frage ich mich.«
    »Vielleicht, weil er ein paar Jahre nach mir geboren wurde«, sagte Wield.
    »Was? Ach so, kleiner Scherz. Was nur meinen Verdacht bestätigt. Sie gehören zu der aussterbenden Rasse des guten alten britischen Bobby: pflichtbewusst, sogar gescheit, wollen sich aber das Gerangel um die Beförderung ersparen, sind damit zufrieden, Sergeant zu bleiben, so dass Sie Ihrer Frau und Ihrer Familie mehr Zeit widmen können – drei Kinder, Häuschen im Grünen, ein paar Katzen und ein Terriermischling –, ein Bierchen mit den Jungs, das Fußballspiel am Samstag, aber jedesmal froh, zum Frauchen und den Tieren heimzukommen. Stimmt’s oder hab ich recht?«
    Wield nickte, wenn auch nicht zustimmend, sondern angesichts einer Verbindung, die ihm noch nie in den Sinn gekommen war, nämlich zwischen Einbildung und Ausbildung. Wenn das alles war, was bei einer teuren Schulbildung für einen Jungen rauskam, wieso regten sich dann Leute wie Ellie Pascoe so darüber auf, dass reiche Idioten das Recht beanspruchten, sie ihren Sprösslingen angedeihen zu lassen?
    »Wusste ich’s doch«, sagte Guillemard mit einer derart herablassenden Selbstgefälligkeit, dass Wield sich sehnlichst Dalziels Chuzpe wünschte, um einfach zu sagen: »Nee, mein Junge, ich bin so schwul wie sonst was, also wie wär’s, wenn du mal deine dicke, fette Klappe halten würdest und deinem zugekniffenen kleinen Arsch eine Chance gäbst?«
    »Sie sind derjenige, der weiß, wo’s langgeht, und nicht dieser aufgeblasene Pimpf, der den Gentleman raushängen lässt, und schon gar nicht dieser groteske Kerl, der später auftauchte. Also sagen Sie mir eins, Sergeant, Sie, der Sie wissen, wo Sie hingehören, und sich da so entschieden behauptet haben, wäre das nicht ein Rat, den Sie allen Bobbys erteilen würden?«
    Er lehnte sich über den Tisch zu Wield hinüber, um ihn in den vollen Genuss seiner Weisheit und seines Lächelns kommen zu lassen. So früh am Abend hatte er offenbar schon etwas Knoblauchiges gespeist und mit Cognac heruntergespült, wenn man dem stechenden Hauch aus seinem Mund Glauben schenken durfte. Auch seine Freunde klangen um einiges lebhafter, als man einem Glas selbst von Mr. Wapshares gutem Bier zuschreiben konnte. Wie indiskret mag ihn der Alkohol machen?, fragte sich Wield.
    Er rückte ein wenig zur Seite, um dem Gestank auszuweichen, und sagte: »Sie haben da nicht an jemand Bestimmten gedacht, Sir?«
    »Wie zum Beispiel?«, fragte Guy und nahm sich eine Essigzwiebel.
    »Constable Bendish zum Beispiel«, sagte Wield, »der aus dem geringsten Vergehen eine große Sache machte. Jemand hat gesehen, wie er eine kleine Schlägerei mit jemandem hatte, dessen Beschreibung zu Ihnen passt.«
    »Wirklich?«, entgegnete Guy, von

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