Der schwarze Fürst der Liebe
Axt. Und zur Selbstverteidigung erscheint mir ein Dolch oder Messer am wirksamsten.«
Mortiferius blickte ihn prüfend an. »Gut«, sagte er, »wenn ich das Turnier überlebe, werde ich es dir beibringen.«
Matthias schluckte. Bisher war er nicht auf den Gedanken gekommen, dass seinem Herrn bei dem Kampf etwas passieren könnte. »Ich habe übrigens gehört, dass der Sieger nicht nur Geld und ein Stück Land bekommt, sondern auch noch an der Tafel des Königs speisen darf«, stieß er hervor.
Mortiferius hob die Augenbrauen. Um seine Mundwinkel zuckte es. »Wenn das kein Grund ist zu gewinnen«. Er stand auf, drehte sich um und ging in die Stube. Das lange Haar fiel ihm offen über den Rücken. Er hatte die Schaffelljacke nur um die Schultern gelegt. Die goldbraunen Haarsträhnen verwoben sich mit dem dunklen Tierfell.
Matthias starrte ihm nach. Sein Herz schlug bis zum Hals. Einen Augenblick schob sich ein Bild in seinen Kopf von seinem nackten Herrn auf einem schwarzen Schaffell liegend. Schnell lief er zur Tränke und schüttete sich mit beiden Händen kaltes Wasser ins Gesicht.
Es war so weit. Er musste losreiten zum Kampfplatz. Auf den festlich geschmückten Straßen stieß er auf die anderen Teilnehmer, die sich ebenfalls auf den Weg gemacht hatten. Stark herausgeputzt blinkten und blitzten ihre Rüstungen um die Wette. Viele trugen bunte Banner mit den Wappen ihrer Häuser. Mortiferius dagegen wirkte sehr schlicht, als er auf seinem braunen Wallach, lediglich eine rote Decke unter dem Sattel, in dunkler Kleidung mit schwarzem Helm durch die Straßen zum Turnier ritt. Matthias folgte ihm auf seiner Stute mit den Waffen und der Rüstung in dem Sack.
Die Bewohner der Stadt blickten scheu an ihm vorbei, während die prächtigen Reiter bejubelt wurden. Sie konnten ihn nicht einschätzen, so viel war klar, oder vielleicht lag es an seinem schlichten Helm, der ihm mit seinen beiden Hörnern etwas Dämonisches gab. Dann passt es ja, dachte er grimmig und ritt auf dem von hölzernen Tribünen umrahmten, eng mit Menschen besetzten, Turnierplatz ein. Mortiferius spürte deren überschäumende Neugierde und die fast greifbare Spannung.
Auf dem sandbedeckten Platz war alles für den Wettkampf vorbereitet. Die hölzerne Balustrade für das Lanzenstechen war mittig aufgebaut worden, so dass die Zuschauer den Schauplatz von allen Seiten gut sehen konnten. Ein kleiner, überdachter Teil der Tribünen, ein mehrstufiger Aufbau mit bequemen Stühlen, war dem König und den adligen Gästen zugedacht.
Mortiferius betrachtete die etwa fünfzig Ritter, von denen einige in den nächsten Tagen seine Gegner sein würden. Turnierteilnehmer waren adlig, jedoch meist arm, aus Familien mit vielen Kindern, von denen einer das Gut erbte und die anderen leer ausgingen. Sie hofften, durch das Turnier an Geld und Land zu kommen. Er begutachtete genau die Ausstattung der Wettbewerber und entdeckte einige Mängel. Diese Kleinigkeiten konnten einen, wenn man an den richtigen Gegner geriet, das Leben kosten. Er würde sämtliche Schwachpunkte gnadenlos ausnutzen.
Die Ritter nahmen Aufstellung vor den mit Stoffgirlanden geschmückten Sitzplätzen, auf dem der König mit seinem Gefolge thronte. Wegen der Kälte hatten sich die vornehmen Zuschauer in kostbare Pelze gehüllt. Der graubärtige König und seine dunkelhaarige Frau trugen zusätzlich kleinere Kronen.
Als der Monarch sich erhob, brach die Menge in ein lautes, begeistertes Klatschen und Brüllen aus. Der König hob die Hand und die Leute verstummten: »Wieder haben sich die Besten des Landes versammelt, um ihre Kräfte zu messen. Möge der Mutigste und Tapferste gewinnen!«, rief er mit donnernder Stimme. Nun waren die Zuschauer völlig aus dem Häuschen, klatschten und jubelten.
Mortiferius beugte sich zu Matthias, um sich die Lanze und den Schild reichen zu lassen. »Der Pöbel will Blut sehen«, sagte er leise. In diesem Moment war er froh, den Jungen bei sich zu haben, in sein vertrautes Gesicht zu blicken, das nun wie festgefroren wirkte. Matthias hatte Angst, aber lächelte dann tapfer. »Viel Glück«, flüsterte er, kaum verständlich in dem tobenden Lärm.
Jedoch musste Mortiferius zunächst in der Schar der Ritter ausharren. Die erste Runde begann. Während er wartete, blieb er die ganze Zeit in Bewegung, um die Muskeln nicht erkalten zu lassen. Er wurde als Vierter aufgerufen. Kurz vor dem Kampf legte er die Rüstung an, die sich augenblicklich wie ein graues Lebewesen
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