Der schwarze Fürst der Liebe
erschienen, um als Zeugin für seine Identität zu dienen. Vortrefflich!
Er warf sich auf das weiche Bett und betrachtete den Raum. Die Wände schimmerten mit dunklem Holz getäfelt, nur unterbrochen von duftigen Wandbehängen mit Blumenmustern. Wertvolle, kunstvoll geschnitzte Möbel und die auf dem Boden liegenden Wildschweinfelle gaben dem Zimmer Gemütlichkeit. Am besten gefielen Rudger die bunten, in Blei gefassten, Fensterscheiben.
Es klopfte an der schweren Eichentür. Zwei Diener schleppten eine Truhe herein und stellten diese vorsichtig ab. »Der hohe Herr schickt Euch neue Kleidung, mein Herr«, teilte ihm der ältere der beiden demütig mit.«
»Ich danke dir.« Rudger nickte herrschaftlich. Als die Lakaien die Tür wieder geschlossen hatten, sprang er zu der Kiste und schlug den Deckel auf: Hosen, Jacken, Wämser aus farbigem Samt und brokatdurchwirkten Stoffen. Seine Rechnung war aufgegangen.
Kapitel 27 - Der Fürst
Fürst Mordersberg schritt in seine Bibliothek. Die Morgensonne flirrte durch die bleiverglasten, bunten Fenster und schuf farbige Muster auf den hohen Bücherwänden, die bis zur stuckverzierten Decke mit Büchern jeden Alters vollgestellt waren. Er überlegte eine Weile und schob dann eine kleine Holzleiter an eines der Regale, erklomm langsam die Stufen und blickte suchend die Bände entlang. Da war, was er gesucht hatte.
Er zog ein abgegriffenes, in Leder gebundenes Buch hervor. »Adelshäuser, Biographien, Wappen«, las er laut. Genau, das war es. Er stieg von der Treppe, schlug das Werk auf und suchte bei den Dynastien der Freiherren. »Herrschbach, Herrschbach – ach ja hier habe ich sie.« Mit gerunzelter Stirn las Mordersberg den Text über die Familie und betrachtete dann das Familiensiegel. Eindeutig, das war der Ring den Mark Herrschbach getragen hatte. Der Fürst klappte das Buch befriedigt zu.
Mark gefiel ihm. Sein aristokratisches Gesicht und der klare, gerade Blick – ein Gebaren, das seinen hohen Stand verriet. Er besaß ein tadelloses Benehmen. Mordersberg lächelte. Mark Herrschbach war ein Mann nach seinem Geschmack. Keiner der verweichlichten Edelmänner, die nur auf ihren Gütern saßen und sich bedienen ließen. Nein, an Marks Händen hatte er gesehen, dass dieser gewohnt war zuzulangen und auch zu kämpfen. Nach Aussage des Buches war er der Bruder des Freiherrn Caspar Herrschbach. Der Fürst vermutete, dass sein Bruder die Regentschaft hatte und Mark deshalb so viel auf Reisen war. Das sollte ihm nur recht sein. So würde der junge Adlige es gewiss begrüßen, eine Weile auf Schloss Mordersberg zu verweilen und dessen Annehmlichkeiten zu genießen .
Der Fürst setzte sich gemächlich in einen bequemen Sessel und streckte seine Beine aus. Das Alter machte ihm zu schaffen. Seufzend strich er sich durch das eisgraue Haar. Seine Augen ließen nach – das hatte er eben erneut beim Studieren des Buches ärgerlich bemerkt. Sein Rücken tat oftmals weh und seine alte Verletzung am Bein schmerzte, denn der Knochen war nie wieder richtig zusammengewachsen. Am meisten quälte ihn, dass er keine Kinder hatte, obwohl er sich als aufrechten und potenten Mann empfand. Er ballte die Fäuste.
Nun war er gezwungen ein Jahr lang Trauer heucheln. Heiße Wut stieg in ihm auf. Er war dieses verdammte Weib endlich los, aber musste Beileidsbezeugungen hinnehmen, mitleidige Blicke ertragen – dabei war ihm mehr als fröhlich zumute. Dieses verkniffene, frömmelnde Miststück, das sich so heilig gab, ewig in der Schlosskapelle kniete statt vor seinem Bett – sie war fort. Oftmals hätte er ihr am liebsten mit bloßen Händen den frommen Hals umgedreht. Sein Herz war zwanzig Jahre lang eine Mördergrube gewesen. Sich gelegentlich durch ein Dienstmädchen befriedigen zu lassen, hatte daran nichts geändert.
Der Fürst strich sich über den Bart. Die Frauen mochten ihn. Er hatte eine väterliche Ausstrahlung, war hochgewachsen und für sein Alter ansehnlich. Seine Autorität gepaart mit dem eisgrauen Haar, den veilchenblauen Augen mit den vielen Fältchen, brachte so einige Damen dazu zu seufzen und sich nach ihm zu verzehren. Und er? Er war an diese Harpyie gebunden, die ihm bereits in jungen Jahren von seinem Vater aufgezwungen worden war. Warum hatte er sich nicht widersetzt – hatte sich aufgelehnt und war nicht einfach auf Reisen gegangen, bis seine Eltern davon abließen ihn vermählen zu wollen? Es war nur sein verdammtes Pflichtbewusstsein, das ihn gehalten hatte, zumal
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