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Der schwarze Korridor

Der schwarze Korridor

Titel: Der schwarze Korridor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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trauliche Gespräche mit Freunden, denkt an seine Frau, die nun, ohne ihn wahrnehmen zu können, wie eine schlafende Schönheit in ihrer Flüssigkeit ruht.
     
    Ryan reibt sich die Augen und schreibt seinen offiziellen Bericht. Er unterstreicht ihn rot und spricht ihn in das Mikrofon; dann nimmt er sich das Logbuch vor.
    Er schreibt:
    Ein weiterer Tag ist vergangen.
    Ich habe manchmal Angst, daß ich nicht durchhalte. Von Natur aus bin ich ein Mann der Tat. Ich muß mich fit halten für die Landung. Ich möchte wissen ob ich schon zu passiv geworden bin. Das sind unnütze Spekulationen …
    Seine Spekulationen waren nie unnütz, überlegt er. Sobald das Problem erkannt war, wurde es gelöst. Das Problem, dem er sich zu stellen hatte, war: Die menschliche Gesellschaft brach zusammen, und Tod und Zerstörung breiteten sich aus. Er wollte überleben, und das galt auch für seine Familie und seine Freun de. Doch gab es nirgends mehr einen sicheren Platz auf der Erde. Die Welt stand kurz vor einem Atomkrieg, und das Heil lag nun in den Sternen. Eine einzige Projektgruppe hatte sich damit beschäftigt, die Sterne zu erobern. Unbemannte Raumsonden hatten gemeldet, daß es in Barnards Sternsystem zwei Planeten gab, deren Bedingungen denen der Erde glichen.
    Das Forschungsprojekt wurde von den Vereinten Nationen geleitet und war das erste wichtige multilaterale Projekt der Großmächte gewesen …
    Es war der letzte Versuch gewesen, die Nationen der Welt zu vereinen, ihnen klarzumachen, sich als eine Rasse zu verstehen.
    Ryan schüttelt den Kopf.
    Natürlich war es zu spät gewesen.
     
    Ryan schreibt:
    … Ich halte mich so gut wie möglich fit. Gerade kam mir ein seltsamer Gedanke. Das zeigt, wie genau man sich beobachten muß. Ich dachte, ein Weg, fit zu bleiben, wäre, einen der anderen zu wecken, um mit ihm als Sparringspartner zu trainieren, Fußball zu spielen oder irgend so etwas.
    Ich fing an, einen ›Sinn‹ darin zu sehen, es vernünftig zu finden, so daß es nur allzu gerechtfertigt schien, einen, sagen wir meinen Bruder John, aufzuwecken. Oder sogar eine der Frauen … Es gibt viele Arten, fit und reaktionsfähig zu bleiben – in Übung zu bleiben.
    Seltsame undisziplinierte Einfälle. Da war es schon besser, das Logbuch zu führen, es hilft einem, bei Verstand zu bleiben.
    Er grinst. Eine tolle Art, John zu betrügen. Er würde nie wissen …
    Er schüttelt sich.
    Natürlich kann er nicht …
    Und da ist ja auch noch Josephine. Es hieße, die ganze Idee als solche betrügen, wenn er die anderen betröge …
    Ich glaube, ich nehme mal eine kalte Dusche! schreibt er spaßhaft. Er zeichnet den Bericht ab, unterstreicht den Anfang rot, schließt das Buch und räumt es weg. Er überprüft noch einmal die Instrumente, stellt einige Routinefragen an den Computer und verläßt den Steuerraum.
     
    Getreu seinen Worten nimmt Ryan eine kalte Dusche. Danach fühlt er sich wirklich besser. Summend betritt er seine eigene Kabine und legt sich eine Sinfonie auf. Bald fällt er in Schlaf …
     
    *
     
    Er befindet sich auf einer großen Galerie aus reinem Platin.
    Er durchquert sie.
    Es ist die Brücke eines großes Schiffes, aber das Schiff fährt nicht auf dem Meer, sondern durch Blattwerk, durch dunkles, verschlungenes Blattwerk, als hätte es der Zöllner gemalt.
    Vielleicht befindet er sich auf einem Dschungelfluß. Einem Fluß wie dem Amazonas oder einem der geheimnisvollen Flüsse Neuguineas, die auf keiner Landkarte zu finden sind, und die er als kleiner Junge immer erforschen wollte.
    Schiff … Blätter … Fluß …
    Er ist allein auf dem Schiff. Er hört das seltsam melodische Rumoren der Maschinen und die Schreie unsichtbarer Vögel aus dem Dschungel.
    Er lehnt sich über die Reeling, um auf das Wasser zu schauen. Aber es gibt kein Wasser. Unter dem Schiff ist nur Vegetation, zerdrückt und zerquetscht durch das große Schiff.
    Das Schiff stampft.
    Er fällt und hört von irgendwoher einen seltsam sympathischen Ton. Etwas tut ihm leid.
    Er verdrängt das Mitleid.
    Er fällt zu Boden, und das Schiff fährt weiter.
    Er ist allein im Dschungel und hört das Geräusch von schleichenden Raubtieren im Dickicht. Er versucht, die Raubtiere zu erkennen, was ihm aber nicht gelingt.
    Eine Frau erscheint. Sie ist schwarz, üppig und exotisch. Sie nimmt ihn bei der Hand und führt ihn in das Dunkel des tropi schen Urwaldes. Vögel rufen und schreien. Er küßt ihren feuch ten, heißen Mund.
    Er fühlt ihre Hand auf seinem

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