Der schwarze Magier
ein großer Irrtum!«
Rupert schwieg. Richards Herz schien überzuquellen und er wollte ihm die Gelegenheit geben zu reden.
»Ich wähnte mein Königreich in den besten Händen, in denen meiner Mutter und in denen Wilhelm Longchamps. Er war mein Kanzler und oberster Richter und obendrein noch Bischof von Ely.« Er schnaufte und schenkte sich neuen Wein ein. Rupert hob abwehrend die Hand, als Richard ihm den Krug entgegenstreckte. »Dieser Kanzler war wohl das Unverfrorenste, was mir je unter die Augen gekommen ist. Er ging so geschickt mit der weltlichen und geistlichen Macht um, dass er in der Lage war, eines gegen das andere zu tauschen. Er bediente sich beider, als hätte er zwei rechte Hände.« Der König lachte hart auf. »Ich liebe ja Männer von scharfem Geist!« Er blickte Rupert eindringlich an. »Doch diesmal war es wohl ein Fehler. Er nutzte seine Machtfülle schamlos aus. Zog er über Land, war er wie eine Heuschreckenplage, er war so überheblich und besitzergreifend, dass er sogar seine ganze verdammte Verwandtschaft aus der Normandie holte und sie in England verheiratete. Er führte sich auf wie ein König!« Wutschnaubend stapfte Richard im Raum hin und her. »Meine Brüder haben ihm zwar auf die Finger geklopft, aber mit mäßigem Erfolg. Ich hörte bereits von seinen Eskapaden, als wir in Sizilien überwinterten, und vielleicht erinnert Ihr Euch daran, dass ich Gautier, den Erzbischof von Rouen, nach England sandte, damit er die Streitereien schlichte. Mein Bruder John tat dann das einzig Vernünftige, er setzte Longchamp als Kanzler ab und übertrug diese Aufgabe William Marshai, der bereits meinem Vater treue Dienste leistete. Gautier unterstützte ihn dabei.«
»Da seht Ihr, was es bringt, wenn ein Mensch zu viel Macht in seine Hände bekommt«, entgegnete Rupert. »Der Mensch ist schwach, die Verlockungen der Macht wie eine berauschende Droge. Dieses Gefühl müsstet Ihr doch kennen, Sire.« Seine Augen bohrten sich in Richards Blick. Doch der ließ sich nicht verunsichern.
»Wir kennen beide dieses Gefühl, nicht wahr?« Er beugte sich zu Rupert herüber und grinste. »Aber was sich Longchamp dann geleistet hat, setzt allem die Krone auf. Es war ihm wohl zu peinlich, dass er, aller Ämter beraubt, England verlassen musste, und er wollte es nicht unter den Augen der Öffentlichkeit tun. So verkleidete er sich als Frau! Mit einer grünen Tunika bekleidet, das Gesicht verschleiert, lief er zu Fuß ans Ufer von Dover, um ein Schiff zu besteigen. Er hat wahrlich mehr als einmal eine Ritterrüstung getragen, aber sein Amt als Bischof hat ihn offensichtlich so verweichlicht, dass er als Verkleidung lieber ein Frauengewand wählte. Nun stellt Euch vor, ein Fischer glaubte, er hätte ein besonderes Frauenzimmer gefunden, das ihm das Herz erwärmte, und als er ihr unter den Rock griff, da ertastete er Longchamps wahres Geschlecht. Natürlich rief der dumme Fischer alle Leute zusammen, die der Dame den Schleier vom Gesicht zogen. Und siehe da, darunter entdeckten sie ein frisch rasiertes Männergesicht. Die Leute wollten ihn steinigen, weil sie ihn für ein missratenes Ungeheuer hielten, schließlich warfen sie ihn in den Kerker. Mein Bruder John hat ihn acht Tage später wieder freigelassen. Das war ein riesiger Fehler. Denn Longchamp hatte nichts Eiligeres zu tun, als in die Normandie zurückzukehren und von dort aus seine Schmach zu rächen. Er hetzte den Papst auf, gegen die Bischöfe und Barone vorzugehen, die seiner Meinung nach für sein Unglück verantwortlich seien. Und es hagelte Exkommunikationen. In den Diözesen wurden keine liturgischen Handlungen mehr durchgeführt, nicht einmal die Toten erhielten ein Begräbnis. Ich sage Euch, de Cazeville, weder unter meinem Vater noch unter meiner Herrschaft gab es jemals etwas Vergleichbares!« Er schnaufte wütend. »Meine Mutter hat sich selbst von den unwürdigen Zuständen überzeugt und drängte deshalb auf meine schnelle Rückkehr. Dazu kam, dass ja auch der angeblich so kranke Philipp putzmunter nach Frankreich zurückkehrte. Vorher hat er sich noch gehörig beim Papst eingekratzt und der hat ihn natürlich großzügig von seinem Gelöbnis entbunden, das er nicht eingehalten hat. Diese Purpurkittel sind doch allesamt Ausgeburten der Hölle!« Er stürzte seinen Becher hinunter und schenkte sich erneut ein. »Ich habe es meiner Mutter zu verdanken, dass sie John davon abhielt, sich von Philipp aufhetzen zu lassen. John glaubte nicht an meine
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