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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mächtigste Triade.«
    »Durch Grausamkeit und Mord.«
    »Das sagtest du schon.« Min Ju schob Rathenow eine Suppentasse zu. »Die Krönung – unsere Suppe. Schüttele nicht den Kopf – du mußt etwas essen!« Min Ju tauchte eine silberne Kelle in den Wok und löffelte sich die Suppentasse voll. Er würzte sie mit allerlei konzentrierten Soßen. »14K wurde zum Vorbild, andere Triaden machten uns den neuen Kurs nach. Hongkong wurde die ›Große Drachenstadt‹, der Mittelpunkt aller ›Gesellschaften‹. Hongkong zählt heute 5,6 Millionen Einwohner, davon sind 70.000 Nichtchinesen, rund 30.000 Briten und andere ›Ausländer-Teufel‹ und etwa 40.000 Eurasier. Es bleiben also 5,5 Millionen Hongkong-Chinesen übrig.« Min Ju schlürfte die Suppe und schmatzte zufrieden. »Es gibt über 50 verschiedene Triaden in der Kronkolonie Großbritanniens, die sich untereinander nicht mehr befeinden. Die Zahl der ›Kleinen Drachen‹, also unserer Brüder, schätzt die Royal Hongkong Police auf 300.000. Anders gesagt: Jeder achtzehnte Chinese in Hongkong hat mehr oder weniger mit einer kriminellen Vereinigung zu tun oder betrachtet die Triaden als ein Tabu, das man nicht anrühren darf. Die Sondereinheiten der Hongkong-Polizei, die sich ›Anti-Triade‹ und ›Anti-Vice‹ nennen, führen einen aussichtslosen Kampf gegen uns – wie überall, wo wir sind, ob in Manchester oder Amsterdam, London oder Hamburg, Paris oder München. Die Polizei, alle Sonderkommandos, alle Kommissariate für organisierte Verbrechen sind machtlos gegen die Mauer des Schweigens, die uns schützt. Sie werden sie nie aufbrechen! Natürlich kann man eine solche Mauer nur durch Härte und Furcht errichten. Wer auch nur ein Wort sagt, den trifft das Schwert. Wo immer er auch hinflüchtet. Wir sind überall!«
    Min Ju beendete das Essen mit einem Kännchen grünem Yunnan-Tee, den er ohne Zucker oder sonstige Zusätze trank, um den Geschmack nicht zu überdecken. Tee streichelt die Seele jedes Chinesen, und auch Mins Gesicht spiegelte eine tiefe Zufriedenheit wider.
    »Hast du alles begriffen?« fragte er Rathenow, als dieser schwieg.
    »Ich denke – ja. Der kurze Abriß der Triadengeschichte beweist eins: Auch ihr seid schlagbar. Ihr habt gegen die Mandschus verloren, gegen den Bürgerkrieg, gegen Mao, und 1997, wenn China in Hongkong einmarschiert, ist das der Tod aller Triaden! Und wie in Hongkong wird man euch auch in Europa, den USA, in Australien und Südamerika vernichten können. Ihr seid nicht unsterblich.«
    »Wieder ein Irrtum von dir, du sonst so kluger Idiot!« Min nippte an dem heißen Tee. »Seit bekannt wurde«, setzte er seinen ›Unterricht‹ fort, »daß Großbritannien sich an die alten Verträge hält und 1997 Hongkong an die Chinesen zurückgibt, sind schätzungsweise 35 Millionen Chinesen über Hongkong ins Ausland geflüchtet. Denn je stärker die Volksrepublik China wird, um so weniger ist sie ihre Heimat, das China ihrer Seele. Nur: Unter den Millionen Flüchtlingen sind Tausende Mitglieder der organisierten Kriminalität, wie uns die Polizei nennt. Sie werden von uns in Empfang genommen oder beobachtet. Auch sind Tausende von uns in andere Länder geschleust worden und damit ganz in unserer Hand. Wir wachsen und wachsen von Jahr zu Jahr, und keiner kann uns aufhalten. Wenn zehn verhaftet werden, rücken fünfzig nach. Wir überrollen die Polizei einfach! Und die zehn, die man gefangen hat, werden schweigen bis zu ihrem Tod, denn kein Bruder wird den anderen Bruder verraten. Das haben sie geschworen – und du wirst es auch schwören! Die neue Weltzentrale wird nach Hongkong in England entstehen. Der geheime Bau wächst schon.«
    Min Ju schwieg. Der diskrete Kellner brachte zwei kleine Porzellanväschen und zwei winzige Trinkbecherchen. Eine Empfehlung vom Hausherrn: warmer Pflaumenwein. Ein süßer Dank für das Kommen. Eine Bitte, wiederzukommen.
    »In den Jahren 1940 bis 1959 wanderten in England lächerliche 15.000 Chinesen ein. Aber 1989 waren es plötzlich 250.000 Landsleute, die England entdeckt hatten. Dann kam die Zusage der britischen Regierung, 1997 Hongkong zurückzugeben. Die Panik war groß in der Kronkolonie. Man hatte auf den Schutz der Briten vertraut. Und nun ließ man alle allein, ließ sie in die Hände der Rotchinesen fallen? Das war nicht die feine englische Art – man hat schließlich den Ruf eines Gentlemans zu verlieren. Im Unterhaus des britischen Parlaments verabschiedete man ein Gesetz, daß

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