Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
auf. Bis zu den Spätnachrichten saß er dann vor dem Fernseher, aber er sah eigentlich gar nicht, was über den Bildschirm flimmerte. Er dachte wieder an Min Ju, an die Handzeichen, an die Erkennungszeichen und an Mins Worte: Es kann sein, daß du dich verteidigen oder jemanden zu Hilfe rufen mußt. Auch die Russen setzen Asiaten ein. Du kannst sie nicht von uns unterscheiden.
    Rathenow, hau ab! Geh nach Amerika, auf die Bahamas, in die Karibik, nach Brasilien, irgendwohin, wo dich keiner findet. Und schick morgen sofort ein zweites Fax an Liyun und warne sie. Sie soll sich unter Polizeischutz stellen oder auch aus China fliehen. Und irgendwo auf dieser Welt werden wir einen Platz finden, wo wir glücklich sein können. Unbekannt, allein, nur wir beide – wenn sie will! Und das war die Frage, auf die er keine Antwort wußte: Will sie überhaupt? Eine Batik mit einem Bai-Mädchen kann auch bedeuten: Denken Sie ab und zu an mich! Vergessen Sie China nicht! Mehr ist es doch nicht. Man interpretiert viel zuviel in ein Geschenk hinein, das vielleicht gar nicht so gemeint ist. Und in Dali gibt es diesen Journalisten Shen Zhi, diesen jungen Sportler mit seinem Modellkörper – welches Mädchen tauscht so einen ein gegen einen Mann, der in zehn Jahren ein Greis sein wird?
    Ich sollte mit Min Ju darüber sprechen. Ich sollte ihm sagen: Sie irren sich gewaltig! Sie können mir nicht mit Liyun drohen! Sie ist verlobt, ich war nur ein VIP-Gast, um den sie sich kümmern mußte. Min Ju, Sie haben nichts in der Hand, um mich zu erpressen.
    Aber Rathenow wußte, daß solche Worte seinen Tod bedeuteten. Er wußte bereits zuviel von den Triaden. Es blieb Min gar keine andere Wahl, als ihn zu töten. Und er wußte eines ganz sicher: Die Polizei konnte ihn nicht schützen. Gegen die Triaden war sie machtlos.
    Am nächsten Montag kam ein Fax für Rathenow: handgeschrieben, Absender CITS, Kunming VR China. Es war zwei Uhr nachmittags in München, in Kunming bereits acht Uhr abends:
    An
Dr. Hans Rathenow,
Akazienweg 19,
München-Grünwald,
Germany

Lieber Hans,
ich war sehr froh, daß ich Ihr Fax so schnell erhalten habe. Es ist sehr nett von Ihnen.
Ich war nach dem Abschied fest davon überzeugt, daß Sie Ihr Versprechen halten, weil Sie ein berühmter Mann von hohem Ansehen sind. Das sage ich nicht nur so. Ich habe gerade eine österreichische Gruppe begleitet. Die Gäste waren sehr nett, und als wir über Sie sprachen, kannten sie Sie fast alle. So bin ich glücklich, Sie kennengelernt zu haben. Welcher Termin würde Ihnen am besten passen? In China dauert es, bis man die Genehmigungen bekommt. Wenn Sie mir die Materialien im nächsten Monat schicken, kann ich im November das Visum bekommen. Deshalb wäre die Zeit von November bis Januar am besten. Liegt um diese Zeit in Deutschland Schnee? Ich freue mich darauf. Ich habe noch nie im Schnee getobt. Ich gebe im Antrag als Ziel an: München. Vielleicht kann ich später nicht so oft ein Fax schicken, es muß ja alles über das Zentralbüro gehen, aber ich kann ja oft an Sie schreiben.
Ich warte und warte …

Herzliche Grüße von
    Ihrer kleinen Liyun.
    Rathenow las das Fax dreimal, und er spürte, wie seine Sehnsucht wuchs und wuchs. Sie kommt, sie sagt nicht nein, sie freut sich. Ich warte, warte … Ihre kleine Liyun. Meine kleine Liyun!
    Alle bisherigen Bedenken verflogen angesichts dieses Briefes. Was mit Liyun in Kunming geschah, das konnte er nicht sehen und auch nicht verhindern. Aber wenn sie in München bei ihm war, konnte er sie beschützen, und vor allem konnte er mit ihr Pläne entwickeln, wie man aus den Krallen der Triaden herauskam. Dann war Liyun dem Zugriff der chinesischen Mafia entzogen. Sie war bei ihm – und sie konnten gemeinsam in ein unbekanntes neues Leben fliehen. Die Welt war groß genug, um zwei Menschen zu verstecken, auch wenn Min Ju sagte, 14K sei überall und man könne der Bruderschaft nicht entfliehen. Das war eine großsprecherische Drohung – so sah es zumindest Rathenow –, denn die Triade 14K konnte unmöglich die ganze Welt kontrollieren.
    Triaden! Min Ju! Rathenows Euphorie legte sich schnell und wurde von der Realität eingeholt. Er wurde als Grassandale ausgebildet, um in München die Schutzgelder zu kassieren.
    Er nahm sich vor, einen ausführlichen Brief an die deutsche Botschaft in Beijing zu schreiben, Fotokopien seiner ins Chinesische übersetzten Bücher beizufügen und auch zu erwähnen, daß Auszüge seiner Bücher in den

Weitere Kostenlose Bücher