Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
von San Francisco. Ein Thriller von den Machenschaften einer Triaden-Gang, und je länger der Film dauerte, um so lächerlicher wurde er für Rathenow. Welch ein verlogener, haarsträubender Film. Die Wirklichkeit war völlig anders. Was da als Triaden über den Bildschirm lief und schoß und prügelte, war ein Gangstermärchen, wie es die Zuschauer mochten. Aber es gab keinen Aisin Ninglin, keinen Min Ju, kein Verstümmeln von Menschenkörpern, keine zertrümmerten Gesichter, keine Frauen mit abgeschnittenen Brüsten, kein abgetrenntes Fingerglied, keine Hinrichtungen mit dem Kaiserschwert … und dann der kindische Unfug mit den Kung-Fu-Kämpfen, wo man sich ansprang und Hiebe versetzte und immer wieder auf die Beine schnellte … Ninglin hätte lachend auf die Mattscheibe gespuckt und gerufen: »So ein billiges Theater. Bruder, nimm eine Axt und spalte ihm den Schädel! Warum hüpfst du um ihn herum? Zeitverschwendung ist das! Und dieser Lärm! Ein Triade tötet lautlos und schnell.«
    Liyun hockte wieder mit untergeschlagenen Beinen im Sessel und sah dem Spektakel zu. Ab und zu zuckte sie zusammen, wenn ein Triade seinen Gegner durch ein Fenster oder eine Glastür warf, und sie freute sich mit glänzenden Augen, wenn die so verteufelt gute Polizei mit ihrem Kommissar, dem Helden des Films, das geheime Quartier der Chinesenbande ausräumte.
    Als der Film zu Ende war, sagte Liyun, noch ganz unter dem Eindruck:
    »Gibt es so etwas wirklich? Immer trampeln sie auf uns Chinesen herum. Das ist doch alles eine Lüge.«
    »Ja, es ist gelogen. Die Triaden sind anders …«
    »Gibt es sie wirklich, die Triaden?«
    »Ja, Liyun. Es gibt sie auch in Kunming. Denk an deine Entführung und an den Heroinschmuggel, zu dem sie mich gezwungen haben mit der Drohung, dich für mich zu bestrafen. Hätte ich sonst diesen ›Kaffee‹ nach München gebracht?«
    »Du glaubst, es waren Triaden und nicht bloß kleine Betrüger? Ich kann nicht glauben, daß es solche Banden wie eben im Film gibt.«
    »Nein, solche Banden gibt es nicht.«
    »Siehst du, ich habe doch recht. Alles nur westliche Hetze gegen uns Chinesen! Wenn ein Mensch besonders brutal ist – im Film –, dann ist es meistens ein Chinese. Warum verachtet man uns so? Wenn bei euch die Rede auf Chinesen kommt, dann nennen sie uns Schlitzauge, Kuli, dreckiger Gelber, Halunke, Betrüger, gelber Abschaum, Hurenkerle, Gelbe Gefahr, Bauernlümmel oder kommunistische Idioten! Was haben wir euch getan?«
    »Ihr habt Mao zugejubelt.«
    »Und ihr Hitler!«
    »Wir haben auch teuer dafür bezahlt.«
    »Wir sind auch Menschen. 1,3 Milliarden Menschen, von denen 600 Millionen noch nie in ihrem Leben satt geworden sind. Satt – das ist wie ein Fremdwort für mein Volk. Sind wir deswegen Kulis, auf die jeder einprügeln darf? Jetzt, da China eine Wirtschaftsmacht werden wird, wollen alle Geschäfte mit ihm machen – aber wir bleiben für euch doch immer die Gelben Affen! Sagen wir von euch: Ihr seid betrügerische Kapitalisten, ihr beutet die Arbeiter aus, ihr seid scheinheilig und verachtet die Moral, wenn es um Geld geht?«
    »Genau das hat Mao gesagt.« Rathenow schaltete den Fernseher aus. »Wie war das mit dem Demokratieaufstand im Juni 1989? Auf dem ›Platz des Himmlischen Friedens‹?«
    »Wie war das mit euren Judenmorden? Die Millionen in den Gaskammern und so weiter?«
    »Du lieber Himmel – soll das eine Rechtfertigung sein? Wollt ihr Mord mit Mord entschuldigen? Sollen die Triaden sagen: Die Mafia tötet, also töten wir auch?«
    »Ich will nichts entschuldigen. Dafür gibt es keine Entschuldigungen. Aber ich wehre mich dagegen, daß 1,3 Milliarden Chinesen schuldig sein sollen.«
    »Ihr habt eure Herrscher gewählt.«
    »Der Volkskongreß hat sie ernannt. Hat man die Bauern am Hoangho gefragt oder die Nomaden auf der Seidenstraße? Aber ihr, ihr klugen Europäer, ihr habt genau gewußt, wen ihr wählt!«
    Sie hatte sich mit jedem Satz in ihren Zorn gesteigert. Ihr Gesicht hatte sich gerötet, ihre Augen sprühten Feuer. Sie sah erregend schön aus in ihrem Zorn … eine Wildkatze, die gegen die Gitter ihres Käfigs springt.
    »Ich gehe ins Bett!« sagte sie. »Ich will schlafen.« Sie sprang dabei auf und ging an Rathenow vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. »Gute Nacht.«
    »Ich komme gleich nach«, sagte er.
    »Wie du willst. Laß dir Zeit. Ich kann auch ohne dich schlafen … wie bisher. Und das Kostüm will ich auch nicht haben.«
    »Unser erster Krach. Schon am

Weitere Kostenlose Bücher