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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Überraschungen wie Reis zum Essen. Bis nachher. Um wieviel Uhr?«
    »Wann ist es Ihnen recht, Liyun?«
    »Acht Uhr? Ich will in Ruhe baden.«
    »Ich auch. Ich fühle mich wie mit Staub gepudert.«
    Er sah dem Wagen nach, wie er aus dem Vorplatz des Hotels hinausfuhr. Ying hupte ununterbrochen und legte noch eine Sondernummer ein, indem er einmal den großen Springbrunnen umkreiste und erst dann auf die Straße fuhr. Rathenow winkte ihnen nach.
    Auf Wiedersehen, Ying.
    Auf Wiedersehen?
    Langsam ging er am Brunnen vorbei zum Hotel. Die drei verstopften Düsen waren noch immer nicht repariert.
    Es gibt eben Dinge in China, die ändern sich nie …
    *
    Das Abendessen im russischen Restaurant war nun wirklich der Abschluß. Rathenow hatte einen hellgrauen Anzug angezogen, in München maßgeschneidert, und Liyun erschien in einem blauen Seidenkleid mit üppiger Goldstickerei. Sie hatte die Haare wieder hochgesteckt und eine breite Schleife aus blauem Brokat hineingesteckt. Sie war schöner als jedes Gemälde.
    Als sie sich in der Hotelhalle trafen, sah Rathenow, daß sie das kleine Päckchen aus dem Glockenturm des Goldenen Tempels in der Hand hielt. Sie hob es hoch und sagte dabei: »Ein kleiner Dank für alles, was wir zusammen erlebt haben.«
    »Liyun, Sie beschämen mich. Ich habe nichts für Sie. Ich könnte Ihnen jetzt Blumen kaufen, aber die verwelken zu schnell. Ich werde Ihnen viele Fotos schicken – und die Einladung nach München.«
    Er nahm ihr das Päckchen ab. Es fühlte sich weich an, wie Stoff, und er wollte es aufmachen. Aber sie hielt seine Hand fest. »Nicht jetzt, bitte. Nachher, wenn Sie allein sind. Es ist nichts Besonderes, nur eine kleine Erinnerung.«
    Es wurde ein trauriges Essen. Sie sprachen wenig miteinander, sahen sich nur ab und zu stumm an und aßen dann mit gesenktem Kopf weiter. Nach dem Dessert – eine halbe Ananas, gefüllt mit Ananaseis – hob Rathenow sein Glas. Er hatte einen französischen Wein bestellt, sündhaft teuer.
    »Auf die Zukunft, Liyun«, sagte Rathenow. Seine Stimme klang feierlich, und ein Zittern darin war deutlich zu vernehmen. »Auf … auf unser Wiedersehen.«
    »Es waren schöne Tage«, antwortete sie leise. »Vergessen Sie die kleine Wang Liyun nicht.«
    »Liyun, wie können Sie so etwas denken? Ich glaube, China hat mich völlig verändert. Ich komme mir wie ein anderes Wesen vor.«
    »Ich auch.« Sie lächelte ihn an, streichelte ihn mit ihrem Blick. »Auf die Zukunft!«
    Sie stießen an und tranken das Glas in einem Zuge leer; einen Weinkenner hätte es gegraust. Liyun sprang auf und griff nach ihrer Handtasche. Rathenow starrte sie verwundert an.
    »Was ist? Schmeckt Ihnen der Wein nicht? Es ist ein vorzüglicher Franzose.«
    »Ich möchte gehen …«
    »So plötzlich?« Er erhob sich und wußte ihr Verhalten nicht zu deuten. »Ist Ihnen schlecht geworden? War Ihr Essen nicht in Ordnung?«
    »Es war alles sehr schön. Aber … ich möchte gehen. Man soll Abschiede nicht in die Länge ziehen wie einen Nudelteig. Verstehen Sie das nicht?«
    »Doch. Ich verstehe es. Man hat das Gefühl, erwürgt zu werden. Mir geht es nicht anders. Liyun, darf ich Ihnen etwas sagen?«
    »Bitte …«
    »Sie sind ein wundervolles Mädchen. Wenn ich an China denke, werde ich an Liyun denken.« Er zögerte. »Habe ich etwas Beleidigendes gesagt?«
    »Nein.« Sie drückte die kleine Handtasche aus Brokat an ihre Brust. »Es … es war für mich eine glückliche Zeit. Bis morgen …«
    »Bis morgen, Liyun.«
    Sie verließ sehr schnell das Restaurant. Rathenow folgte ihr nicht.
    Er setzte sich wieder an den Tisch, goß sich neuen Wein ein und starrte gegen eine dicke Marmorsäule. Erschrocken blickte er auf, als er auf englisch angesprochen wurde.
    Ein eleganter Chinese mittleren Alters verbeugte sich leicht vor ihm. Sein blütenweißes Hemd mit der dezenten geblümten Krawatte verriet, ebenso wie der Maßanzug aus beiger Seide, Stil und Wohlhabenheit.
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen, Sir?« fragte er äußerst höflich. »Mein Name ist Kewei Tuo.«
    »Hans Rathenow.«
    »Ich weiß.« Tuo setzte sich Rathenow gegenüber. Verwundert zog Rathenow die Brauen hoch.
    »Sie kennen meinen Namen? Woher?«
    »Nehmen wir an, ich bin von der Stadtverwaltung Kunmings.«
    »Ich nehme an. Was möchte die Stadtverwaltung von mir? Habe ich mich irgendwie ungebührlich benommen?«
    »Im Gegenteil. Sie haben Frau Wang Liyun nicht einmal geküßt …«
    »Warum sollte ich?« Rathenow versteifte sich.

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