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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Adam sich damals gefühlt hatte, und eine solche Frage war auch wohl kaum ein Thema für ein Priesterseminar, aber für solche Spitzfindigkeiten war Sandro an diesem Morgen nicht aufgelegt.
    Die Erinnerung an die Liebesnacht war noch frisch und würde es auch immer bleiben, da war er sich sehr sicher: die Küsse, die Spiegelung des Kerzenlichts in Antonias Augen, die Kraft der Umarmungen, das Stöhnen und der Moment, als das Stöhnen endete, die Kraftlosigkeit in den Muskeln und Sehnen, die schnell von einer geheimnisvollen Energie, die durch die Adern pulsierte, vertrieben wurde. Und dann im Morgengrauen das Lächeln, die Blicke der Verbundenheit.
    Es war noch keine Stunde her, dass Antonia und er sich getrennt hatten. Sie hatten sich überlegt, wie Antonia unbemerkt den Vatikan verlassen könnte, denn eine Frau, die zu dieser
frühen Stunde durch die Gänge des Zentrums der Kirche lief, würde auffallen. Eine Möglichkeit wäre gewesen, dass sie in Sandros Gemächern bis zum späten Vormittag warten würde, denn dann wäre eine Frau in den Gängen zumindest nichts Ungewöhnliches gewesen. Doch es gab Novizen, die jeden Tag alle Räume putzten, und es hätte passieren können, dass sie Antonia in Sandros Zimmer gesehen hätten. Ihm wäre das egal, er hätte heute seine Liebe auch während eines Hochamts in der Sixtinischen Kapelle vor dem Altar verkündet. Aber Antonia dämpfte seine Begeisterung etwas und zog ein unauffälliges Verschwinden vor - zu seiner Überraschung tauschten sie in der Liebe die Rollen: Sie war die Mäßigende, Überlegte, Wachsame, und er glühte vor Begeisterung.
    Da war ihm eine Idee gekommen. Was, wenn er Antonia in eine weite Kutte steckte und wenn sie wie ein Kapuziner hinausschleichen würde? Schon die Idee brachte sie zum Lachen.
    Sandro hatte Angelo eingeweiht, weil Angelo ohnehin jeden Moment aufgetaucht wäre, denn es war die Zeit, zu der er immer kam, und weil er Angelo für die Durchführung des Plans brauchte. Außerdem vertraute er Angelo mittlerweile. Sandro trug ihm auf, eine passende Kutte aus der Kleiderkammer zu besorgen, und Angelo erledigte den Auftrag prompt. Das Einkleiden bereitete ihnen allen Freude. Angelo schien nicht den geringsten Anstoß an Sandros Sünde zu nehmen, im Gegenteil, Sandro kam es vor, als sei Angelo sogar ein wenig erleichtert, dass er nicht dem einzigen Anhänger des Zölibats innerhalb des Vatikans diente. Als Antonia die Kapuze über den Kopf zog und Sandro ihre blonden Haare sorgsam aus der Stirn nach hinten strich, sodass man sie nicht sehen würde, verliebte er sich noch einmal ganz neu in diese Frau. Sie sah einfach süß aus in dieser weiten Kutte, aus der nur noch ihre weißen Hände sowie ihre kleine Nase herausragten. Wenn sie den Kopf senkte, den Rücken beugte und die Hände in den Ärmeln
verbarg, war sie bloß noch ein kleiner Mönch, der in den Augen der Leute ein hundertjähriger, verhutzelter Greis sein mochte. Es war ein Heidenspaß, und Sandro und Angelo bogen sich vor Lachen, als sie der davonschlurfenden Antonia nachsahen - Antonia selbst musste sich sehr zusammennehmen, um nicht ebenfalls laut herauszuprusten.
    Sandro bemerkte in seiner Euphorie nicht, dass Angelo kaum ein Wort gesprochen hatte, seit sie aufgebrochen waren, und erst, als Angelo mitten in einer Gasse plötzlich stehen blieb, begriff Sandro, dass die unbeschwerte Stimmung des Morgens nun dem Ernst des vor ihnen liegenden Tages wich. Was war passiert, das Angelo bedrückte? War gestern im Collegium etwas vorgefallen, von dem Sandro noch nichts wusste? Dem Gesichtsausdruck Angelos nach vermutete Sandro jedoch eher eine Art von Beichte.
    »Warum bleibst du stehen, Angelo?«
    Der Diener schwieg, den Blick zur Erde gerichtet. Kein Wort kam über seine Lippen. Reglosigkeit. Die einzige Kommunikation, die stattzufinden schien, war diejenige zwischen seinen Fingerspitzen, die aneinander herumzupften.
    »Was ist denn los? Haben Forli und du etwas angestellt? Wenn es so ist, dann ist jetzt der beste Zeitpunkt, es mir beizubringen, denn im Moment bin ich das gnädigste Wesen auf Gottes weiter Erde.«
    »Angestellt? Nein, ich glaube nicht. Nein. Oder? Also, vielleicht. Wir haben Doktor Pinettos versiegelten Brief an Euch geöffnet.«
    Sandro zuckte mit den Schultern. »Na und? Was stand denn drin?« Angelo berichtete ihm von Pinettos Untersuchungsergebnis und dem Ergebnis der Hausdurchsuchung und außerdem, dass Forli sich daraufhin Königsteiner vornehmen wollte. Aber

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