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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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der Bürger Roms zusammen, sondern zwei Verbrecher. Man schrieb das Jahr 1552, und man befand sich in Rom, einer Stadt, die vom Verbrechen befallen war wie von der Syphilis und in der sich jeder ansteckte - zum Verbrecher wurde -, der sich mit ihr einließ. Rom, die Ewige Stadt der Gauner, sie war da draußen, und in die Sixtina drangen weder der Lärm noch die Hitze. Sie schien eine kleine Welt für sich zu sein, eingehüllt in den Stoff des Alten Testaments, ausgemalt von Michelangelo. Das Verbrechen jedoch fand seinen Weg herein, und es bedurfte nicht der Ritzen, sondern es schritt in aller Offenheit und nur spärlich maskiert durch die großen Pforten.
    Julius ging sehr langsam auf Milo zu. Wie jung dieser Mann noch war! Und schon ein Ungeheuer! Sie wurden immer jünger in diesen Tagen, die Ungeheuer. Als Julius in Milos Alter gewesen war, hatte er noch der unschuldigen Vorfreude gefrönt, eines Tages als Priester allabendlich die Hostie zu Gott machen zu können. Leute wie dieser Milo wurden wohl schon verdorben, wenn sie noch Kinder waren. Nun ja, man schrieb das Jahr 1552, und man befand sich in Rom …
    »Ich höre«, sagte Julius.
    Milo verneigte sich noch einmal. »Danke, dass Ihr mich empfangt, Eure Heiligkeit.«

    »Hör auf zu reden wie Massa. Dass du ihn umgebracht hast, gibt dir nicht das Recht, mir so lästig zu fallen, wie er es tat.«
    »Ich wollte ihn nicht umbringen.«
    »Und ich wollte dich nicht umbringen. Was sind wir doch für gute Menschen.«
    Milo lachte. Damit brach der letzte Anschein einer Hierarchie zwischen ihnen zusammen. Jetzt standen sie tatsächlich auf gleicher Stufe, und das gab Julius einen Stich, weil er erst jetzt in vollem Umfang erkannte, mit welchen Leuten er gemein war und von welchem Wahnsinn sie alle gepackt worden waren.
    »Ich bin der Sohn eines Bischofs, das dürfte Euch neu sein«, sagte Milo. »Ich wurde auf einer Tiberbrücke gezeugt, bei Mitternacht, und so bin ich ein Mitternachtsmann geworden mit einer besonderen Zuneigung zur Kirche. Hätte der Bischof es mit einer Edelfrau getrieben statt mit einer Hure, wäre mir, auch als Bastard, eine geistliche Karriere sicher gewesen. Die habe ich eben auf meine ganz eigene Art verwirklicht. Glaubt mir, für niemand anderen hätte ich auf mich genommen, was ich für Euch auf mich genommen habe, Eure Heiligkeit. Deswegen bin ich einigermaßen enttäuscht, wie man mir mein Opfer dankt. Ich erwarte Wiedergutmachung.«
    Julius missfiel dieses Gespräch. Er wollte es hinter sich bringen. »Wie viel?«
    »Fünfzehntausend Dukaten, und Ihr werdet nie wieder von mir hören. Ich werde weit weg sein.«
    »Wo?«
    »In der Neuen Welt. Irgendwo auf den Westindischen Inseln. Santo Domingo vielleicht oder Porto Rico.«
    Da wäre er gut aufgehoben. Einem so jungen Mörder stand nicht der Sinn nach Frieden und Beschaulichkeit, er sehnte sich nach neuen Herausforderungen, und zwar in einem Umfeld, wo sich Tücke und Gemeinheit tummelten. Westindien: Sphäre der
Ungeheuer, Wallfahrtsstätte der Glücksritter, der Konquistadoren, die aus wenig Geld viel und aus viel Geld riesige Vermögen machten und dabei jedes göttliche und irdische Gesetz übertraten.
    »Außerdem«, fügte Milo hinzu, »erwarte ich, in meiner neuen Heimat mit einem geistlichen Amt bedacht zu werden.«
    »Du bist verrückt.«
    »Das ist bekanntermaßen kein Grund, mir ein geistliches Amt zu verweigern.«
    »Was«, fragte Julius, »hindert mich, dir stattdessen den Garaus zu machen?«
    »Möglicherweise die Tatsache, dass ich dafür Sorge getragen habe, dass im Falle meines Todes oder Verschwindens ein von mir beeidetes Schriftstück ans Licht kommt, in dem ich berichte, was ich für Euch getan habe. Wenn sich das herumspricht …«
    »Es werden andauernd Lügen über die Päpste verbreitet.«
    »Mein Bericht ist keine Lüge.«
    »Das weiß aber niemand.«
    »Carissimi wird es wissen. Er wird die Wahrheit erkennen. Und was dann? Mir scheint, Ihr habt einen Narren an ihm gefressen. Damit wäre es dann vorbei. Noch aus dem Grab heraus würde ich Euch das Letzte nehmen, an dem Euch etwas liegt - Carissimis Freundschaft. Denn seien wir mal ehrlich, der Bursche würde Euch nie, nie im Leben vergeben, was immer Ihr sagtet und tätet.«
    Unheimlich, mit welcher Sicherheit Verbrecher vom Schlage Milos ins Schwarze trafen. Julius besaß diese Gabe nicht, und das war ein Trost, weil ihn wenigstens etwas von Milo unterschied.
    Zweifellos, des Ungeheuers düstere Prophezeiung würde

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