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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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anstellen, Junge.« Er blickte zu Jonathan hinüber. »Es ist Zeit aufzubrechen.«
    »Wohin?«
    Es war Harry, der die Antwort gab.
    »Zum Kain-Club. Dort hat alles angefangen. Dort war mein Vater am mächtigsten. Lucien wird dort seinen endgültigen Sieg feiern wollen.«
    Carnegie war auf dem Weg zur Tür, als er plötzlich innehielt und den jungen Reporter bedeutungsvoll ansah.
    »Ich habe William mein Wort gegeben, dass ihm nichts passieren wird. Wir werden ihn heute Nacht finden, und wenn ich Darkside Stein für Stein auseinandernehmen muss. Also denk nicht einmal daran, dich mir in den Weg zu stellen, oder du wirst es bereuen.«
    Nun hetzten sie in einem Kampf gegen die erbarmungslos tickende Uhr durch die Stadt und hofften verzweifelt, dass William und Arthur noch am Lebenwaren. Ein eiskalter Mörder erwartete sie, ein Ripper, der keine Gnade kannte.
    Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne erleuchteten den Morgenhimmel, als Jonathan endlich den Kain-Club vor ihnen auftauchen sah. Seine Mitglieder hatten sich längst in ihre Häuser zurückgezogen und hinter den Fenstern herrschte leblose Finsternis. Selbst die Türsteher hatten ihre Posten am Haupteingang verlassen.
    Carnegie riss an den Zügeln und brachte die Droschke vor der Treppe zum Stehen. Jonathan und Harry sprangen hinaus. Der Wermensch überprüfte ein letztes Mal seine Ausrüstung. Jonathan sah mit Entsetzen, dass er eine Reihe glänzender Waffen am Körper trug. Carnegie blickte auf und begegnete Jonathans Blick.
    »Da drinnen werden schlimme Dinge passieren, Junge. Es wäre besser für euch beide, wenn ihr hier draußen in der Droschke bleibt.«
    »Auf gar keinen Fall«, erwiderte Jonathan entschlossen. »Wir haben das bis hierher zusammen durchgestanden. Außerdem geht es hier nicht nur um William, schon vergessen? Es geht auch um meine Mutter!«
    »Und um meinen Vater«, ergänzte Harry. »Ich bin auch dabei.«
    Der Wermensch zuckte mit den Schultern.
    »Gut. Ist eure Beerdigung.«
    Er stapfte zur Tür hinauf. Nachdem er die dicken Holztüren begutachtet hatte, griff er in seine Tascheund zog eine Flasche seiner »Spezialmischung« hervor. Er schmierte die Türen mit der zähen Flüssigkeit ein, trat hinter eine Säule zurück und bedeutete den Jungen, es ihm gleichzutun. Dann entzündete er ein Streichholz an seiner rauen Wange und warf es gegen die Tür.
    Obwohl er seinen Körper fest gegen die Säule presste, hätte die Wucht der Detonation Jonathan fast von den Beinen geholt. Bretter flogen wie übergroße Streichhölzer an seiner Nase vorbei, und die Luft war erfüllt von Rauch und dem Geruch von verkohltem Holz. Die Explosion hallte ihm immer noch in den Ohren, als Jonathan vorsichtig hinter der Säule hervortrat, um den Schaden zu begutachten. Die Türen waren aus den Angeln geflogen und die Flammen leckten begierig an dem geborstenen Türrahmen. Durch den Rauch konnte er das vornehme Innenleben des Kain-Clubs erkennen.
    Carnegie stieg über die Trümmer und betrat das Gebäude. Jonathan blickte zu Harry und fühlte sich seltsam beruhigt, als er die Angst in seinen Augen sah. Sie beide wussten, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach den Kain-Club nicht wieder lebend verlassen würden.
    Jonathan hob zwei der rauchenden Bretter auf und warf Harry eines davon zu.
    »Das kannst du vielleicht gebrauchen.«
    Harry verzog das Gesicht.
    »Das muss wohl reichen. Nach dir!«
    Bei dieser Gelegenheit hörte Jonathan zum ersten Mal einen Hauch von Respekt in seiner Stimme. Die beiden stiegen über die Überreste der Tür.
    Als Jonathan das letzte Mal im Kain-Club gewesen war, hatte ihn die gemütliche und behagliche Atmosphäre überwältigt. Aber nun, da in den Räumen keine Mitglieder miteinander schwatzten und die Gaslampen an den Wänden nur noch schwach leuchteten, wirkte dieser Ort wesentlich düsterer. Die oberen Stockwerke am Ende der großen Treppe lagen in völliger Dunkelheit. Carnegie zögerte, als er die verschiedenen Möglichkeiten abwägte, was als Nächstes zu tun sei, und marschierte dann zielstrebig die Treppe hinauf in den ersten Stock.
    Es war unmöglich festzustellen, wie lange sie durch das Labyrinth der Korridore und Zimmer gewandert waren. Die Zimmer sahen alle gleich aus. Die Zeit schien jegliche Bedeutung zu verlieren. Jonathans Nerven waren zum Zerreißen gespannt und jede Sekunde kam ihm vor wie eine Stunde. Er rang um seine Beherrschung. Mehr als ein Mal erhob er sein Brett und schwang es in der Stille gegen einen

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