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Der schwarze Regen

Der schwarze Regen

Titel: Der schwarze Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flavio Soriga
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der Regen war so heftig, dass man kaum etwas sehen konnte, Mein Gott, flüsterte der Carabiniere, an den Stamm eines dicken Johannisbrotbaums war ein Holzkreuz genagelt, und an das Kreuz war ein Hund genagelt, rot vom Blut, das um die Nägel geronnen war, vier in den Pfoten zwei weitere im Schwanz, die verzerrte Schnauze erzählte, wie sehr er gelitten, wie lange der Todeskampf gedauert haben musste.
    Was ist das?, fragte der Maresciallo seinen Freund, er hielt sich den Bauch, der platzen zu wollen schien, Heiliger Gott, Giovanni, was zum Teufel ist das?
    Das Gesicht des jungen Mannes war zu einer Art Fratze verzerrt, er hielt seinen Regenschirm hoch über seinen Kopf.
    Was ist, antwortest du mir? Was ist das, wann hast du das gefunden, wer ist das gewesen?
    Er brüllte, das Wasser prallte von seinem Mantel, von seinen Stiefeln, von seinem Gesicht ab, das Tier wurde vom Wind, von der Heftigkeit des Regens geschüttelt.
    Komm, gehen wir hinein und unterhalten wir uns vor dem Feuer.
    Nimmst du ihn denn nicht ab?
    Bist du verrückt? Ich hab mich heute Morgen schon dreimal übergeben. Wenn ich ihn berühre, werde ich ohnmächtig. Ich habe einen Arbeiter gerufen, er müsste jeden Augenblick kommen. Gehen wir ins Haus und halten wir unser Plauderstündchen.
    Crissanti folgt ihm, er berührt seinen Bauch, hält sein Gesicht in den Regen, trinkt ein bisschen, das Wasser ist eiskalt.

10
    Sie liebten sich lange, auf den rauen warmen Fliesen liegend, schließlich küsste die Frau heftig Nicola Raus Brust und Schultern, schloss die Augen bis auf einen Spalt, schien einzuschlafen, der Mann betrachtete ihre Augen und den leichten Lidstrich und die kleinen wohlgeformten Lippen, Dafür lebt man, dachte er, Letzten Endes treibt uns der Traum voran, einer Frau zu begegnen, die uns den Hintern zerkratzt, während wir in sie eindringen, am Ende machen wir eine Arbeit, die wir nicht mögen, und heiraten unscheinbare Frauen und ertragen sie Tag für Tag und bezahlen Steuern und Rechnungen für die Möglichkeit einer heimlichen Umarmung, für die Erwiderung eines Blicks in einer Villa am Meer, ich jedenfalls lebe dafür, solange mich die Hoffnung auf Sex noch antreibt. Sonntagsdichter, sagte sich der Mann, Philosoph für anderthalb Dollar, er erinnerte sich an die schönsten Bücher seines Lebens und die Lieder, fand nur welche über Liebe und Verrat, über Meer und Feuer, rechnete sich aus, wie wenig er brauchte, damit es ihm gut ging, fragte sich, ob es wirklich wenig war, und verlor sich weiter in solch dummen Überlegungen und Fragen, gebaut auf den Halbschlaf, auf vierzig Jahre verpfuschtes Leben, weder gut noch schlecht wie das Leben aller, sagte er sich schließlich.
    Die Frau streckte sich küsste ihn auf die Lippen, ihr Atem roch immer gut, sie sah immer gut aus, braun gebrannt wie jemand, der mittags einen Salat am Strand isst, sie stand auf, machte eine Rumpfbeuge, Hast du nie Angst?, fragte Nicola Rau aus Nuraiò sie, Angst, allein alt zu werden, keinen Sohn zu haben, der bei dir ist?
    Ich habe einen Sohn, erwiderte sie lächelnd, Er ist achtzehn und studiert in Pisa. Ist nicht möglich, der Mann bemerkte, dass er fast geschrien hatte, aber es schien ihm tatsächlich unmöglich. Bevor er nachrechnen konnte, sagte Sara, Ich hab ihn mit sechzehn bekommen, ich ging aufs Gymnasium, einer aus der Oberprima während einer Strandparty, wir sind nie zusammen gewesen, auch danach nicht.
    Das tut mir leid, versuchte Nicola Rau, aber er spürte, dass es merkwürdig klang, dass das nicht der richtige Satz war. Sie lächelte erneut, aufrichtig. Warum?
    Es tut mir nicht leid, ich freue mich darüber, das ist ja vielleicht ganz schön, oder?
    Es ist schön. Ich werde nicht allein alt werden, mach dir keine Sorgen.
    Zur Bekräftigung setzte sie ihr schönstes Lächeln auf, ein wirklich wunderschönes Lächeln.
    Und glaube nur nicht, dass du der Einzige bist.
    Nein, sicher nicht – dachte er eine Sekunde lang, fragte: Der Beste?
    Die Frau lachte laut auf und streckte sich erneut, ein Gähnen unterdrückend.
    Der Beste, sicher, das ist die Hauptsache. Hast du Hunger? Ich sehr.
    Nicola nickte stumm, Soll ich uns etwas machen?, fragte die Frau, dann vereitelte sie den Versuch ihres Liebhabers aufzustehen, Ich mach schon, sagte sie, Magst du Zucchini?
    Sehr, sagte er. Er streckte sich wieder aus und blickte durch die Glastür auf das träge Meer vor ihnen.

11
    Jetzt, da Priester Alberto das Seminar beendet hat und ein vielversprechender

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