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Der schwarze Regen

Der schwarze Regen

Titel: Der schwarze Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flavio Soriga
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auf die Schulter legt, an den Tag, an dem er Priester wurde, und die Segensworte und Glückwünsche und die gerührte Mutter und die Onkel und Tanten in ihrer geschmacklosen Festkleidung und den Weihrauchgeruch, der am nächsten Tag in seiner Jacke hing, schlaflos auf seinem Feldbett liegend ruft Alberto die Erinnerungen wach, bringt sie durcheinander und kommt selbst durcheinander, heute Abend wird er Marta sehen, vielleicht wird er noch einmal mit ihr schlafen, morgen Palästina, das Heilige Land. Vielleicht wird er dort begreifen, sagt er sich, ohne recht daran zu glauben.

12
    Wieder vor dem Kamin, hatte Crissanti noch immer das Gefühl, sein Bauch würde gleich platzen, ein Druck im Magen, das, was darin war, wollte heraus, Heiliger Gott, Giovanni, sagst du mir endlich, was das war?
    Ein gekreuzigter Hund, Maresciallo.
    Das hab ich gesehen. Aber warum?
    Der junge Mann starrte ins Feuer, sie tranken Tee, draußen regnete es noch immer heftig.
    Ich schreibe für eine Zeitung, weißt du. Für die Tageszeitung und für diese politische Zeitschrift, ich bin mit einem Redakteur befreundet, von Zeit zu Zeit schicke ich ihm Artikel, Kulturelles, Musikkritik. Letztens schlage ich ihm einen Hintergrundartikel vor, Untersuchungen über noch offene alte Fälle, Mord, Betrug.
    Ein gekreuzigter Hund, wiederholte Crissanti.
    Ich hab angefangen, die Geschichte dieser Mülldeponie zu recherchieren, die hier in der Gegend eingerichtet werden soll, hast du davon gehört?
    Der Maresciallo nickte, trank einen Schluck Tee und hielt sich den Magen.
    Das ist eine ganz normale Geschichte, eine von denen, die in den letzten dreißig Jahren normal geworden sind, auf dieser Insel und in ganz Italien.
    Sie haben in aller Stille begonnen, wie immer. Sie haben Grundstücke gekauft, Nutzgärten, haben den Bauern im Tausch Land näher am Dorf angeboten. Ein ganzes Gebiet am Fuß des Hügels beim Steinbruch hat innerhalb von zwei Jahren den Besitzer gewechselt. Und das ist gar nicht schwierig gewesen: Es ist wertloses Land, unfruchtbar, viele bestellen es nicht einmal, weil es sich nicht lohnt. Die von der Mülldeponie bezahlen Preise dafür, als handele es sich um Baugrund, einem, der nicht verkaufen wollte, haben sie sogar noch mehr gezahlt. Ich hab mich gefragt: warum?
    Warum?, wiederholte Crissanti.
    Weil sie sich im Müllgeschäft nie an das halten, was sie behaupten. Deswegen hab ich heute Nacht auch die Doktorarbeit meines Freundes gelesen. Es ist fast immer dasselbe, mit wenigen Ausnahmen: Am Anfang verhalten sie sich ganz vorschriftsmäßig, und dann beginnen die Merkwürdigkeiten: gepanzerte Container, die jahrelang dort abgestellt sind, unter der Erde verborgene Fässer, Schiebereien aller Art. Illegale Abfälle, giftige Stoffe, aus ganz Europa. Nichts Neues, ich sagte es schon, Dutzende von Artikeln, Anzeigen, sogar Romane sind über diese Geschichten geschrieben worden. Nur, ich wollte verstehen, ob das auch hier geschehen würde.
    Und?
    Und ich habe einen leitenden Angestellten dieser Gesellschaft ausfindig gemacht, der Freund eines Freundes, wir haben gemeinsam zu Abend gegessen, er glaubte, ich sei einer der Eigentümer, die überzeugt werden müssen, er hat von viel Geld für die, die verkaufen, gesprochen, und von anderem Geld, das weiterhin fließen werde, von Arbeiten und natürlich von Arbeitsplätzen.
    Einer dieser optimistischen Dummköpfe, die alles wissen und dir alles erklären, jedenfalls keiner der Hauptdrahtzieher. Ich habe versucht, mehr über die Abfälle, den gefährlichen Müll zu erfahren, so richtig hat er sich nicht dazu geäußert, in Wirklichkeit ist es aber doch so: Sie würden nie so viel bezahlen, wenn sie nicht etwas zu verbergen hätten.
    Schließlich habe ich einen Artikel geschrieben, ich sollte ihn an die Zeitung schicken, jemand hat davon erfahren, und die Quittung hast du ja gesehen.
    Aber wer? Das Unternehmen, von dem du mir erzählt hast, die Eigentümer der Grundstücke, wer?
    Der junge Mann zündete sich eine Zigarette an, begann zu rauchen, er sah den Maresciallo nicht an, schien ihn nicht gehört zu haben, nichts mehr zu sagen zu haben. Er machte zwei lange, tiefe Züge, drückte die Zigarette aus, drehte sich zum Freund um und blickte ihm in die Augen.
    Es ist nicht weiter wichtig, Crissanti, was geht mich das an. Man könnte vielleicht sogar herausfinden, wer es gewesen ist, wen sie im Dorf mit einer solchen Sache beauftragt haben könnten.
    Aber im Grunde macht das keinen Unterschied. Wer

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