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Der schwarze Regen

Der schwarze Regen

Titel: Der schwarze Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flavio Soriga
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Geistlicher geworden ist, geliebt von Monsignore von Pater Mulas, schwierig, aber im Grunde gut, mit den Augen eines Menschen, der mit einem Blick begreift, mit entschlossener Stimme, die dich von dem überzeugt, was er will, jetzt, da er Seelenhirte ist und in ein paar Monaten eine Pfarrei und Pfarrkinder haben wird und sich nicht mehr für Geld und Zukunft abplagen muss und zum Mittag- und Abendessen guten Wein trinken und seine Hemden beim Schneider kaufen kann, jetzt, da er ein Mann, ein verantwortungsbewusster Erwachsener geworden ist, noch jetzt fragt sich Alberto Sannìo von Zeit zu Zeit, wie es gekommen ist, dass er beschlossen hat, Christus zu dienen und den körperlichen Freuden, dem Körper seiner Freundin zu entsagen.
     
    Marta, lautet die Antwort, die Lehrerin Deiana, die seine Geliebte geworden ist, eines Nachmittags im April, vor dem Fluss in ihrem Fiat 600, während er den Rio Arresu kurz hinter dem Staudamm betrachtet und die glatten Beine der Frau und ihre schlanken Arme anstarrt, die Lippen in einem Lächeln der Lust und der Liebe geöffnet, Du bist schön, Alberto, du bist schön, wenn du glücklich bist, du musst auf hören, dich zu verfluchen und Angst zu haben, du musst einen Entschluss fassen – und er sieht sie stumm an und fragt sich, worauf sie hinauswill, wovon sie ihn überzeugen will.
    Du glaubst, betest und glaubst, ich auch. Wir sind gläubig und heilig, und wir wissen, dass es Gott gibt und er uns tanzen sieht, uns zulächelt.
    Ich habe nicht eine Lira, sagt Alberto, ich bin neunzehn und völlig blank, ich will Florenz und Siena sehen, und Nizza und London, ich habe nicht eine Lira und zwei zerrissene Jeans im Schrank, nicht einmal einen Mantel.
    Hör auf deine Mutter, Alberto, Gott sieht uns an und lächelt, er will nicht, dass du verdammt und arm in diesem schwarzen Loch von Dorf lebst, geh ins Seminar und werde Priester, nimm das Beste, das sie dir geben können, ohne dich von idiotischen Regeln töten zu lassen, die für Idioten erfunden wurden, denk nur an unseren Gott, der zwischen den Sternen und den Wolken tanzt, ich werde hier sein, niemand wird dir mehr Lektionen erteilen und Vorhaltungen machen, du wirst der allmächtige und geliebte Pater Alberto sein, tu es, du und Gott ihr werdet euch selbst helfen, jeden Abend vor dem Schlafen, auf alles andere kannst du pfeifen, nimm das Beste und verlass diesen Ort, denn hier wirst du früher oder später eingehen.
    Ich kann in die Fabrik gehen.
    Kannst du. Du würdest alle gegen dich haben, wenn du Familie und Dorf grundlos verlässt. Hast du Geld, um wegzugehen? Eine Stadt, die dich will? Jemanden, der dich aufnimmt, bis du eine Wohnung findest? Eine Arbeit, von der du was verstehst? Weißt du, wie schnell ein Arbeiter altert?
    Alberto denkt nach stellt sich vor, der Wachsgeruch und das sichere Gehalt, das stolze Dorf und der wütende Vater, die sauberen Hemden und die schwere Fabrikarbeit, er sieht die Frau an und drückt ihre Hand.
    Ich kann unserem lächelnden tanzenden Gott dienen.
    Schwarz wird dir ausgezeichnet stehen.
    Ich liebe dich, Lehrerin.
    Sei still – er sieht sie an, küsst sie, sie lieben sich.
     
    Alberto Sannìo, Außenstürmer von Nuraiò Calcio, spürt, wie seine Beine vor Gigi Piras dem großen alten Spieler und drei oder vier Herren in hellem Jackett und mit englischer Krawatte zittern, er trägt enge kurze Hosen und extra neu gekaufte Schuhe, sein Gesicht ist angespannt, er steht unter Strom, Albertino die junge Hoffnung läuft über das Feld, schießt ein paar Flanken zum Torwart, er hat das Gefühl, dass seine Kräfte ihn verlassen, dass ihm an diesem Nachmittag nichts gelingt, er beendet die zehn Minuten Probespiel, zieht sich wieder an, geht zu einem Mann mit Bärtchen, der rauchend auf ihn wartet, Bravo, sagt er zu ihm, Wenn du in einem Jahr wiederkommst und keine Dummheiten machst und dich körperlich nicht ruinierst, werden wir dich möglicherweise nehmen, sagt er zu ihm, lächelt, wirft die Zigarette weg, legt ihm eine Hand auf die Schulter, Trinkst du etwas an der Bar? Alberto schüttelt den Kopf, er will nach Hause, Nein danke, erwidert er, Mein Zug geht in einer halben Stunde.
     
    Auf seinem Feldbett liegend denkt er wieder an Martas Beine, an die Frau, die sich über ihn beugt, an sie beide eng umschlungen im Auto, an ihr Stöhnen und an die Körper, die sich suchen und finden, und den Fiat 600, der in dem Erdaushub am Fluss hüpft, an ihrer beider Orgasmen, an den Bischof, der ihm die Hände

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