Der schwarze Regen
die nötigen Muskeln in den Beinen, kaum Launen und kaum falsche Gedanken, Fußball als Arbeit, Fußball als Traum von Flucht, er, mit achtzehn ohne eine Lira, nur dafür lebend, für das, was aus einem Probetraining hervorgehen kann, aus einem wichtigen Spiel am Ende des Tages, er, Alberto Sannìo, er ist nie Pelé gewesen, Spieler mit guten Beinen, heimlicher Träumer, Hoffnung und Gewissheit, eine sichere Investition, ein tüchtiger Bursche von allen geliebt, Cagliari wird ihn umwerben, vielleicht Juventus, er hat alles vor sich, der Augenblick kommt für alle, wenn man keine Dummheiten macht, wenn nicht, eines verfluchten Sonntags, einer kommt und dir ein Knie bricht, dein Leben zerstört.
16
Es ist elf vorbei, Nicola Rau hat Sara ihrem ruhigen Schlaf überlassen, hat den Strand verlassen, das Meer, die Ruhe, die Villa, die jetzt im Dunkeln liegt, er fährt langsam auf der alten Straße, die zum Dorf führt, Nieselregen auf den heruntergekurbelten Wagenfenstern, auf dem glänzenden Lack seines neuen Wagens, Nicola Rau hält das Steuer lässig mit einer Hand, seine Augen wandern zur Strandpromenade, zu den versteckten kleinen Villen, den eleganten Hotels, zur großen rauchenden Raffinerie, er erinnert sich an die Zeit, als er unter dieser Erdölraffinerie Bomben legen wollte, als er Ti ricordo Amanda sang und schrie, sie sollten ihre Tyrannei mäßigen, die Öl- und Zeitungsbarone, wenn sie nicht mit Fußtritten und Faustschlägen nach Hause geschickt werden wollten, die Zeit der Versammlungen mit Ohrring und ondulierten Haaren, der harte Blick dessen, der mit einem Lächeln richtet und verurteilt, der bereits weiß, dass er die Schlachten verlieren wird, aber darauf pfeift, weil jede Verwundung eine Medaille ist, die Zeit, da man weder Anzeigen noch Drohungen fürchtete, er fürchtete sie nicht und verschaffte sich Gehör, während er die Vergehen all der anderen aufzählte, der Zubetonierer und der blinden Bürgermeister, er erinnert sich an seine ferne Wut, Nicola Rau, er lächelt über das, was er damals glaubte, dass Stärke heftige Gefühle Verrücktheit ausreichen würden, um die Welt zu retten – dieses kleine Stückchen Welt, in das er hineingeboren worden war, seine kleine Heimat aus Meer und Sand und Kork und Stille – Ich war ein Dummkopf, sagt der Mann zu sich selbst, ein armseliger Don Quijote, blind und allein. Er erinnert sich an das, was einer seiner Freunde, ein von den Baronen bezahlter Chemiker, ihm vor Jahren gesagt hatte, Du kannst dir nicht einmal vorstellen, was sie dort drunten gemacht haben, und er wies auf den Teich und erzählte ihm von Chlorid und Dämpfen und Rückständen und lächerlichen Verbesserungen, unternommen, um noch mehr Geld herauszupressen, unternommen zum Spaß und um Ängste zu beruhigen, er sieht die schwarze Luft, Nicola Rau in seinem Wagen auf dem Weg nach Nuraiò, spürt den wilden Hass, der vom Kopf in den Bauch hinabsteigt, spürt, wie schwarze Flüssigkeiten und Todesgerüche in den Wagen und in seinen Magen, seine Leber und sein Herz dringen, fragt sich, ob es dumm von ihm gewesen war, eine Lanze zu brechen gegen die Schaufeln der tödlichen Mühle, oder ob die anderen dumm und blind gewesen waren, die üblichen großen Schuldigen, alle anderen, die Schwachen und Passiven, Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages an dieser Strandpromenade entlangfahren würde mit diesem Bauch eines kleinen politisierenden Angestellten und einem dicken Wagen, angetrieben von diesem elenden schwarzen Gott, ich glaubte, mit dreißig im Gefängnis zu sterben oder mit fünfundzwanzig durch eine Sprengladung, und niemals hätte ich so enden wollen: mich einen Dummkopf nennen, weil ich gegen die Riesen gekämpft hatte, und die Wut raubt ihm den Verstand und tobt in seinen Eingeweiden, und die Dunkelheit ringsum und in den Gedanken des Mannes wird es immer schwärzer.
Aus dem Radio ertönt ein Tango, spanische Gitarren und Neue Welt, Harmonikas und Bandoneon, Musik von Emigranten und Sehnsucht nach Ferne, Mein Leben ist ein Tun und Lassen, Umklammern und Loslassen, jedes Leben ist so, vielleicht, wir tanzen alle den gleichen Tango, ohne die Schritte zu kennen, der fünfte ist der Abschied, den ich nicht von Marta zu nehmen vermag, das Feuer und die Leidenschaft und die Raserei habe ich schon getanzt, ich bin ein Affe in einer Mansarde auf dem Kontinent gewesen und ordentlicher Angestellter in einem Büro in der Stadt, halber Politiker in der Comunità Montanza, ohne irgendetwas
Weitere Kostenlose Bücher