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Der schwarze Regen

Der schwarze Regen

Titel: Der schwarze Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flavio Soriga
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Cenerina, die darin noch besser war als er.
    Und das war die andere Gnade, die der Himmel ihm gewährte, diese beigefarbene kleine Mischlingshündin, eher hässlich als schön, halb kahl, von der Sonne erblondet, aber spitzbübisch und treu, sie erkannte ihn sofort von der weißen Straße her, dort unten, wurde nie müde, ihn freudig zu begrüßen, Cenerina, schwanzwedelnd, wenn er morgens kam, und während der Mann rauchte, lag sie auf ihren Pfoten. Zio Salvatore hatte einen Unterschlupf aus Steinen gebaut, hatte ihn mit einem Feldkocher ausgestattet, und es gab Tage, an denen er nicht einmal zum Mittagessen nach Hause ging, sich die Pasta im Garten machte, schweigend zwischen Birnen und Artischocken spazieren ging, allein mit dem Hund mit dem Wind mit der Sonne, dort hinten das Tal, das zu Lebzeiten des Vaters des Großvaters bewaldet gewesen war, Salvatore war niemand, der den alten Zeiten nachtrauerte, denn er wusste, dass es nicht besser gewesen war, damals, als es bettelarme Schäfer gegeben hatte, denn er hatte rechtzeitig gelernt, als kleiner Junge, den Karren vom Dorf zum Schafstall zu bringen, das Reisig zu bündeln und die Scheiße des Ochsen zu sammeln, um damit das Feuer anzuzünden, er war kein Mann, der der Vergangenheit nachtrauerte, Zio Salvatore su maccu, aber zuzusehen, wie die Menschen das Tal verließen, ging ihm doch ans Herz, und an die Kinder zu denken, die keine Saubohnen aßen und nichts vom guten Geruch des Mosts und des Labs wussten, und an diesem Morgen bedrückender Gedanken waren sie ihm alle wieder in den Sinn gekommen, die schönen Dinge seines früheren Lebens, getrübt durch die Sorgen der Nacht, Efisietto in Handschellen, Marta ermordet, und während er dasaß und das Brötchen zu Ende aß, spürte er, dass sein Kopf nicht ruhig bleiben wollte, er rauchte eine Toscano und hielt sich die Schläfen, dachte über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit nach und trank den Rotwein eines entfernten Vetters, die Telefonanrufe fielen ihm wieder ein, dieser unverschämte Mann, der ihn aus dem Schlaf riss, das Treffen in der Stadt, die unverhüllten Drohungen, das, was sein Leben im Alter ohne diesen krummen Feigenbaum wäre, und dann dachte er erneut an Efisio Marras, der im Gefängnis schmorte, an sein Geheimnis, das ihn da herausholen konnte, an den Maresciallo aus Barbagia und an seinen freundlichen Blick. Ich rufe ihn an, sagte er sich plötzlich, Eine andere Möglichkeit bleibt mir nicht, ich rufe ihn an und erzähle ihm alles, und als er diesen Gedanken formuliert hatte, fühlte er sich sofort besser, leichter und frei, denn er begriff, dass er wirklich keine andere Möglichkeit hatte, dass er vor seinen Gewissensbissen, vor der Wahrheit nicht davonlaufen konnte, vor allem jetzt nicht, denn wenn er die Wahrheit sagte, gab er damit einem unschuldigen Mann die Freiheit wieder, unschuldig zumindest hinsichtlich der Anklage: dass er der Mörder seiner Frau sei, dass er Marta Deiana getötet habe.
    Ich werde ihm die Freiheit zurückgeben, sagte er sich, Auch wenn er die Freiheit gar nicht will, dieser dumme Kerl, dieser unvernünftige Kerl Efisio Marras, immer das Gleiche mit ihm, es hat ihm nichts genutzt zu emigrieren, von hier wegzugehen, nichts. Dumm war er damals und dumm ist er jetzt, sagte er sich, Schnell mit den Händen, aber nichts im Kopf.
    Er steckte die Toscano, die er hatte ausgehen lassen, in die Tasche zurück und zündete sich eine Zigarette an, der Alte, obwohl der Husten ihn zu quälen begann, und hier auf der Erde zu sitzen, die von den Regenfällen der letzten Tage feucht war, im eisigen Mistral, der nur durch die dichten Zweige des Feigenbaums gebremst wurde, tat ihm gewiss auch nicht gut.
    Aber nicht wegen des Windes ging es ihm schlecht, auch nicht wegen der Nässe oder der Kälte.
    Weit ist es mit mir gekommen, da beschuldige ich doch glatt diesen Burschen, verdamme ihn und nenne ihn einen Dummkopf, und ich? Ich bin ein Schwein und der Abscheulichste von allen, ich bin ein alter Mann und soll vernünftiger als alle anderen sein? Ich rege mich über Efisio auf, um nicht in mich gehen zu müssen und mir ins Gesicht zu sagen, wie tief ich gesunken bin, das ist doch die Wahrheit.
    Das ist die Wahrheit, du abscheulicher alter Mann, du alter Feigling, aber jetzt ist Schluss, Ende, Schluss damit, die anderen zu beschuldigen, um mich zu rechtfertigen, Schluss damit, mich um die Entscheidung herumzudrücken, Schluss.
    Er strich über sein weißliches Bärtchen, hüstelte und

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