Der Schwur der Ritter
hinunter.
Doch auf halbem Wege hielt er inne und blieb ungläubig stehen, als er erst einen, dann noch einen der Ankömmlinge erkannte. Der Erste, der – gestützt von Tam – das Ufer betrat, war ein gebeugter alter Mann mit einer dichten Silbermähne. Er blickte auf, als Tam seinen Arm losließ, sah Will auf der Treppe stehen und winkte.
»Bleibt hier«, sagte Will zu Ewan, der ihn gerade eingeholt hatte, und schritt alleine den Rest der Treppe hinunter, die in den steilen Pfad zum Strand überging. Seine Gedanken waren in Aufruhr.
Etienne Dutoit, Baron von St. Julien im Distrikt Aix-en-Provence, war eines der ranghöchsten und einflussreichsten Mitglieder des Ordens von Sion, und er war Wills Mentor bei seiner Aufnahme in den Orden gewesen. Der zweite Mann, der jetzt an Land ging, war Simon de Montferrat, Wills zweiter Mentor, ein prominentes Mitglied der bedeutendsten unter den sogenannten befreundeten Familien, deren Vorfahren aus Jerusalem geflohen waren, bevor die Römer die Stadt zerstörten. Diese beiden Männer waren direkte Nachkommen der Gründerväter ihres Ordens, und Will konnte sich kaum ausmalen, was ihre Anwesenheit auf Arran bedeuten mochte.
Kurz darauf stand er vor ihnen und fiel vor Dutoit auf die Knie, doch der Alte zog ihn sogleich wieder hoch. Stattdessen umarmte ihn der Baron mit einer geflüsterten Begrüßung, und de Montferrat begrüßte Will auf dieselbe Weise. Hinter ihnen standen zwei hochgewachsene, kostbar gekleidete junge Männer, die nichts anderes sein konnten als Ritter und deren wachsame Blicke sie als die Leibwächter der beiden Ordensherren auswiesen.
Will löste sich aus de Montferrats Umarmung und ließ den Blick zwischen seinen beiden ehemaligen Lehrmeistern hin und her schweifen. Dann fiel ihm wieder ein, wer und wo er war, und er breitete die Arme aus und lächelte den beiden Männern zu.
»Meine Freunde und Brüder, seid willkommen. Doch was führt euch zu uns … noch dazu an Bord einer Galeere aus dem Norden? Kommt mit mir hinauf in die Festung, wo wir es uns bequem machen können, denn gewiss habt ihr viel zu erzählen.« Er hielt den beiden jungen Rittern die Hand entgegen. »Ich bin William Sinclair. Bitte folgt uns doch.«
Die beiden Ritter verneigten sich und nannten ihre Namen, dann machte Will kehrt und ging voran. Er rief Ewan Sinclair zu, vorauszulaufen und dafür zu sorgen, dass man ihre Gäste mit Speisen und Getränken empfing. Danach richtete er den Blick erneut auf seine Gäste. »Ich nehme an, ihr habt Gepäck?«
»Es ist alles hier im Boot, Sir William«, sagte Tam. »Ich kümmere mich darum.«
»Aye. Danke, Tam. Lasst es in die Räume auf der Galerie bringen.« Noch einmal zögerte er. Keiner dieser Männer war ein Templer, und seine Männer am Strand mussten sich fragen, warum sie mit solchem Pomp empfangen wurden.
»Brüder«, rief er, und alle Köpfe wandten sich ihm zu. »Diese Ritter sind alte Freunde, die mich viel gelehrt haben. Sie überbringen uns Nachrichten aus Frankreich, die ich euch mitteilen werde, sobald es geht. Nun jedoch begebt euch wieder an eure Arbeiten.«
Unterwegs beantwortete der Baron Wills erste Frage. »Wir haben Euch zuerst in Loch Ranza gesucht, mussten aber feststellen, dass Ihr bereits hierher zurückgekehrt wart. Doch sind wir dort Admiral de Berenger begegnet, der uns mitgenommen hat, da seine Galeere viel schneller ist als unser Schiff. Er wird zu uns stoßen, sobald sein Schiff vertäut ist.«
Will schwieg. Auch de Berenger gehörte der Bruderschaft von Sion an, und er würde ebenso neugierig sein, was die beiden Männer so weit von zu Hause fortgeführt hatte.
Doch die Treppe war steil, und so stellte er keine Fragen mehr, sondern konzentrierte sich darauf, seinen Gästen zu helfen. Es war Zeit genug für Fragen und Antworten, wenn sie sich erfrischt hatten und wieder zu Atem gekommen waren.
4
E
IN HARZTROPFEN EXPLODIERTE im Kamin, und die brennenden Holzscheite fielen in sich zusammen, sodass ein Funkenwirbel in den Schornstein stieg. Obwohl der Augustabend draußen warm war, war es im Inneren der Halle kalt, und man spürte deutlich, dass die Sonne nur selten in diese Gemäuer drang.
Eine Gruppe von Männern saß nachdenklich um den Kamin. Baron Etienne Dutoit erhob sich und ergriff ein Schüreisen, um die Scheite noch weiter zu zerkleinern, dann legte er neues Holz in das Inferno. Als es zu seiner Zufriedenheit Feuer gefangen hatte, stellte er das Schüreisen wieder an seinen Platz und wandte
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