Der Schwur der Ritter
können wir in Schottland Frieden haben und brauchen zumindest für eine Weile keine Invasion zu befürchten.«
»Aber es sind doch nach wie vor englische Soldaten in Schottland, nicht wahr? Oder hat man sie abgezogen?«
»Nein, sie sind noch hier. Unsere stärksten Burgen sind von ihren Garnisonen besetzt, doch König Robert ist fest entschlossen, sie so schnell wie möglich zu vertreiben. Berwick und Dumfries, Caerlaverock, Buitle, Bothwell, Preth, Stirling und Edinburgh warten darauf, von uns eingenommen zu werden. Doch noch hat der König weder genug Zeit noch Männer, um sie zu belagern.«
Eine Weile ritten sie schweigend weiter, dann stellte de Moray eine Frage.
»Sagt mir, Sir William – mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihr Eure Männer von ihrem Keuschheitsgelübde befreit habt. Was ist daraus geworden?«
»Nicht alle Männer haben diese Freiheit bereitwillig akzeptiert, doch einige Dutzend haben Arran verlassen und versprochen, mit ihren Familien zurückzukehren.«
»Aber …«, begann de Moray und brach dann ab.
»Was sollte ich denn tun, Bischof? Still sitzen und zusehen, wie einer meiner Männer nach dem anderen stirbt und es mir unmöglich wird, die Überlieferungen des Tempels zu bewahren? Das wäre in meinen Augen ein größeres Verbrechen gewesen als die Männer im Interesse der Selbsterhaltung von ihrem Eid zu befreien. Glaubt Ihr, das war falsch?«
Vor ihnen tauchte die Burg auf, die auf einem kleinen Hügel inmitten einer weiten baumlosen Moorlandschaft stand – ein trostloses Fleckchen, dachte Will.
»Nein, Sir William, das glaube ich nicht«, sagte der Bischof. »Auch wenn man es nicht auf die leichte Schulter nehmen darf, einen Eid zu lösen, der gegenüber Gott und seinen Stellvertretern geleistet wurde, glaube ich, dass Ihr das Richtige getan habt. Haben denn schon einige Eurer Männer geheiratet?«
»Aye – acht von ihnen sind bereits mit ihren Familien nach Arran gezogen. Zwölf Kinder im Alter von drei Monaten bis drei Jahren. Sie sind unsere Zukunft und unser kostbarstes Gut, und Ihr könnt mir glauben, dass sie bestens umsorgt werden.« Er grinste. »Denn sie haben fast zweihundert Onkel, denen ihr Wohlergehen an oberster Stelle steht.«
Er hörte, wie auch der Bischof leise gluckste, und gemeinsam mit dem Rest der Männer näherten sie sich nun den Mauern ihres Ziels.
4
E
S WAR SEHR spät, als das Abendessen vorüber war. Bischof Moray schickte seine Männer zu Bett, weil es am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe weitergehen sollte, doch er bat Will zu bleiben und zu warten, bis sie am Feuer des leeren Speisesaals allein waren. Der Bischof führte wahr lich keinen ausschweifenden Lebenswandel, doch jetzt griff er in den Lederranzen, der an seiner Stuhllehne hing, und holte eine Steingutflasche hervor, aus der er eine bernsteinfarbene Flüssigkeit in zwei Tonbecher goss.
»Uisge beatha, Wasser des Lebens«, brummte er. »St. Patricks Geschenk an die Kelten.«
»Aye«, erwiderte Will. »Auf König Robert, möge er lange regieren.« Vorsichtig ließ er sich das flüssige Feuer durch die Kehle rinnen, hielt den Atem an – und spürte beglückt, wie es ihm das Innerste erwärmte.
»Amen.« Eine Weile nippte de Moray schweigend an seinem Becher, dann stellte er ihn zu seinen Füßen auf den Boden. »Ich wollte mit Euch über die Templer sprechen, William. Unsere Templer.«
»Unsere Templer? Was meint Ihr damit?«
»Unsere Templer in Schottland. Wir – der König und ich – möchten, dass Ihr mit ihnen sprecht.«
»Die schottischen Templer? Ich dachte, die letzten schottischen Templer hätten sich mit König Edward nach England zurückgezogen.«
»Das gilt für die normannischen Franzosen, nicht aber für die Schotten. Es gibt nicht mehr viele von ihnen, und sie sind schon lange ziel- und führerlos, doch es sind tapfere, tüchtige Männer. König Robert würde sie gern enger an sich binden, und er hat mich ersucht, Euch um Eure Hilfe bei diesem Vorhaben zu bitten.«
Will nippte noch einmal an seinem Getränk, das immer weniger brannte und immer mehr wärmte. »Warum denn das?«
»Ihr sollt ihnen enthüllen, wer Ihr seid.«
Zu seiner eigenen Überraschung musste Will lächeln. »Ich soll offen zu diesen Männern sprechen, nachdem ich seit Jahren verberge, wer ich bin, und unsere Gegenwart in Schottland geheim halte? Verzeiht mir, doch das erscheint mir unlogisch.«
»Wir fürchten, dass sie sich von der Aussichtslosigkeit ihrer Lage überwältigt fühlen und
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