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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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wahre Zuflucht gefunden hat, fern der Intrigen und der Verbrechen dieser traurigen Welt.«
    »Aber Ihr sagt doch, dass es dort Menschen gibt. Menschen, die gewiss noch nichts von der Erlösung durch die heilige Kirche wissen.«
    »Ich kann die Gedanken in Euren Augen tanzen sehen, Davie, doch vergesst nicht, dass Ihr mir Stillschweigen gelobt habt. Ich bin fest davon überzeugt, dass es die reine Torheit wäre, die Existenz dieses Landes in der Christenwelt bekannt zu machen. Gott hat es uns gezeigt; durch Seinen Willen ist es das unsere geworden. Keine Hast, Davie – es ist ja da, und es wird nicht verschwinden.«
    »Und es ist schier endlos, sagt Ihr …«
    »So endlos, dass St. Valéry monatelang an seiner Küste entlanggesegelt ist, vom frostigen Norden bis in den heißen Süden. Es ist gut möglich, dass es so groß ist wie die gesamte Christenwelt …«
    De Moray starrte ins Leere. »Eine völlig neue Welt«, flüsterte er. »Wenn sich das herumsprechen würde, würde jeder König und jeder Fürst der Christenwelt eine Flotte entsenden, um es zu suchen und es für sich zu beanspruchen.«
    »Aye. Und deshalb darf es sich nicht herumsprechen … nicht bevor wir es nicht in Besitz genommen haben.«
    »In wessen Namen denn? Des Königs von Frankreich?«
    Will lachte. »Haltet Ihr uns für verrückt? Nein, und auch nicht im Namen des Papstes, der ja nicht einmal seine eigene Kirche regieren kann. Wir werden es im Namen des Ordens für uns vereinnahmen.«
    Bischof Moray erhob sich und starrte so lange in das Herz des ersterbenden Feuers, dass Will sich zu fragen begann, was er wohl darin sah. Als er sich schließlich wieder umwandte, war seine Miene nüchtern und ruhig.
    »Auch diesmal glaube ich, dass Ihr recht habt, William, und ich werde vorerst niemandem davon erzählen – nicht einmal dem König. Doch ich erwarte, dass Ihr mich über alles unterrichtet, was Ihr von diesem neuen Land erfahrt. Wann werdet Ihr aufbrechen?«
    Will war erleichtert, in diesem Mann einen Verbündeten zu haben. »Noch lange nicht. Wir haben zwar Schiffe, doch wir werden sie für die lange Reise umbauen müssen. Wir müssen sehen, was wir aus den bisherigen Überfahrten lernen können. Mindestens zwei Jahre, vermute ich, vielleicht sogar drei oder vier. Haltet Ihr es noch vier Jahre mit uns aus, Bischof Moray?«
    Anfang Juli ließ die Mitternachtssonne bereits nach, doch es war so spät geworden, dass es draußen bereits wieder zu dämmern begann. Der Bischof wünschte ihm eine gute Nacht, doch Will war sich sicher, dass der Kirchenmann keinen Schlaf finden würde, weil ihm Tagträume von endlosen Küsten vor dem inneren Auge stehen würden – und ein dunkelhäutiges Volk, das der Erlösung harrte.

6
    D
    AS PARLAMENT ENTPUPPTE sich als enttäuschend nüchternes Ereignis. Will hatte viel von dem grandiosen Parlament gehört, das vor drei Jahren in St. Andrews zusammengekommen war und seit über einem Jahrzehnt die erste offizielle Volksvertretung in Schottland gewesen war. Auch nach Ayr waren alle Adelsherren, Kirchenfürsten und politischen Würdenträger des Reiches gekommen, doch diesmal ging es nicht darum, den König auf dem Thron willkommen zu heißen, sondern es galt, Regierungsfragen zu klären und einen Kriegszug gegen das nördliche England zu planen.
    Diesen hatte der König selbst vorgeschlagen, um den Bürgerkrieg im Süden auszunutzen. Sein Bruder Edward Bruce würde mit seiner Kavallerie den Nordwesten überrollen und in Carlisle beginnen; Bruce selbst würde einen ähnlichen Angriff gegen Westmoreland, Coupland und Cumberland anführen.
    Für Will gab es nach über zwei Jahren ein Wiedersehen mit Sir James Douglas, der ihm auch seinen guten Freund, den viel gepriesenen Sir Thomas Randolph vorstellte, der mit Jessie Randolph und mit Robert Bruce verwandt war und sich vom Günstling des englischen Königs zu einem der getreuesten und fähigsten Kommandeure König Roberts gewandelt hatte. Auch lernte er viele Politiker und Highland-Häuptlinge kennen, die ihn ausnahmslos mit großem Respekt begrüßten, weil ihnen offenbar bekannt war, wie sehr ihn der König schätzte.
    Nach drei Tagen war das Parlament vorüber, und die militärischen Offiziere reisten zurück auf ihre Posten, um den Feldzug gegen England vorzubereiten, während die Schreiber ausschwärmten, um die Protokolle der Versammlung ins Reine zu schreiben. Will stand als Beobachter am Rande, als er hörte, wie sein Name gerufen wurde. Als er sich umwandte, sah

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