Der Schwur der Ritter
inzwischen aus ihnen geworden ist … oder aus Wallace.«
»Wallace ist tot«, knurrte Mungo. »Vor zwei Jahren. Verraten und verkauft. Die Engländer haben ihn nach London gebracht und ihn als Spektakel für die Massen hingerichtet – gehängt, lebend vom Galgen geholt, ihm die Eingeweide herausgeschnitten und sie vor seinen Augen verbrannt. Dann haben sie ihm den Kopf, die Arme und die Beine abgehackt.«
Will musterte Mungo neugierig. »Und woher wisst Ihr so viel über Wallace, mein Herr Seefahrer?«
Der Sergeant zuckte mit den Achseln. »Wir waren damals im Auftrag des Tempels von Edinburgh in Leith. Es war das Tagesgespräch in den Wirtshäusern. Es war Bruce, so hieß es, der Wallace zum Ritter geschlagen hat, um ihn zum Reichsverweser machen zu können – allerdings aus Trotz gegen die Comyns, nicht um Wallace zu ehren. Es waren Adelsfamilien wie die Bruces und die Comyns, die Wallace zum Rebellen gemacht haben mit ihrer Gier und ihrem Opportunismus – heute für Edward, morgen gegen ihn, vor allem aber immer für sich selbst.«
Er spuckte auf den Boden, und Will kam plötzlich ein Gedanke. »Wisst Ihr überhaupt, dass Bruce jetzt in Schottland regiert?«, fragte er Mungo. Sein Gegenüber riss ungläubig die Augen auf, und er fuhr fort. »Doch, es ist wahr. Der junge Bruce, der frühere Graf von Carrick. Er hat letztes Jahr im Namen des schottischen Reiches den Thron an sich gerissen und ist jetzt König Robert der Erste.«
»Oh, aye«, erwiderte Mungo tonlos. »Da werden sich die Comyns aber freuen. Seid Ihr sicher, dass er noch auf dem Thron sitzt?«
Will schüttelte den Kopf. »Ich weiß zumindest, dass es vor vier Monaten noch so war. Alles Weitere müssen wir herausfinden.«
Mungo klappte sein kleines Messer zusammen und schob es in sein Hemd, bevor er sich die Hände im Gras abwischte und aufstand. »So soll es sein«, sagte er. »Wollen wir weiter?«
Auch der alte Mönch erhob sich, und Will und Tam folgten seinem Beispiel. »Es hat ganz den Anschein«, sagte Will. »Schaffen wir es bis heute Abend in diese Bucht?«
»Bis heute Nachmittag, wenn wir gleich den Anker lichten.«
Will bedankte sich bei Gaspard und drückte die Hoffnung aus, ihn einmal wiederzusehen.
Der Alte lächelte und nickte. »Möge Gott dort drüben mit Euch sein«, sagte er. »Ich werde Euch beobachten, auch wenn ich Euch nicht helfen kann. Doch wenn Ihr dort Menschen antrefft, werden es Schotten sein, und sie können Euch mehr erzählen. Lebt wohl, und geht mit Gott.«
3
N
UN, ADMIRAL, WAS glaubt Ihr? Hat uns jemand gesehen?«
Admiral Edward de Berenger hob den Blick zu dem geblähten Segel mit dem gigantischen schwarzen Templerkreuz. »Und wenn, wäre es gleichgültig – wir werden um die Landspitze herum sein, bevor sie jemanden warnen können.«
Im Windschatten des großen Segels trugen die Ruderer das Ihre dazu bei, das Schiff auf Kampfgeschwindigkeit zu bringen – die Admiralsgaleere war das schnellste Schiff der Flotte. Sie hatten die Bucht von Lamlash durchquert, statt wie zunächst geplant dort vor Anker zu gehen, und näherten sich nun der Landspitze, die sie von ihrem neuen Ziel, der nächsten Bucht, trennte. Sie rasten so schnell dahin, dass Will Sinclair aufstöhnte.
»Hinter der Landspitze werdet Ihr einige rasche Entscheidungen treffen müssen, Edward. Wie groß die Bucht ist und wie tief. Und wenn dort Galeeren liegen – ob nun zwei oder vier – wie weit sollten wir uns von ihnen entfernt halten? Wie weit vom Land entfernt, ohne dass wir Gefahr laufen, angegriffen zu werden? Gott sei Dank seid Ihr der Seemann, denn ich hätte von all dem nicht die geringste Ahnung.«
De Berengers strenges Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Ruhig Blut, Mann. Ich werde nichts Riskantes tun. Dies ist schließlich mein Schiff. Ich habe nicht die Absicht, es aufs Spiel zu setzen. Jetzt …« Er hob einen Arm. »Bereithalten!«, rief er seinem Schiffsmeister zu, einem erfahrenen Normannen namens Boulanger.
Die Galeere zischte in geringem Abstand an der Landspitze vorüber, und in diesem Moment ließ de Berenger den Arm sinken, das Signal an die Mannschaft, das Segel zu reffen. Während das schwere Tuch auf das Deck sank, wo die Seeleute es zusammenlegten, behielten die Ruderer ihren Rhythmus bei und beförderten sie zur Einfahrt der Bucht, die von diesem Punkt aus vollständig einzusehen war. Die Bucht war größer als Will erwartet hatte – sie schnitt tiefer in das Land als ihre Nachbarin, und der Farbe des
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