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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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Spuren zu verwischen, hätte er an ihren Erinnerungen herumpfuschen müssen.
    Ratlos schaute Philipp sich auf dem Schreibtisch um. Er erinnerte sich, dass Sonja Nachtfrost einmal gezeichnethatte, aber die Zeichnung war nirgends zu sehen. Sie lag auch nicht im Papierkorb. Aber halb unter den Schulbüchern lag eine Straßenkarte. Philipp schob die Bücher zur Seite und griff nach der Karte – und sah, dass das Mädchen auf dem Bett sich kerzengerade aufrichtete.
    Er faltete die Karte auseinander und sah sofort den dünnen Bleistiftstrich, der sich nach Westen zog und ein paar Ortschaften, Straßen und Autobahnen kreuzte. Und dort stand auch ein Name in winzigen Buchstaben.
    Gut Stettenbach.
    Als er aufblickte, stand das Mädchen neben ihm. Er hatte nicht einmal gemerkt, wie sie aufgestanden war. Sie blickte auf die Karte und sagte ganz ruhig: »Das hatte ich übersehen.«
    Es war nicht Sonjas Stimme, sondern die einer erwachsenen Frau.
    Philipp zuckte heftig zusammen.
    »Wer bist du?«, fragte er heiser. »Was bist du?«
    Sie schwieg einen Moment und schaute an ihm vorbei ins Leere, und wieder schien es, als lauschte sie einer unhörbaren Stimme. Dann sagte sie: »Ich wurde geschickt, um Sonja zu vertreten, während sie in Parva ist. Wir können es uns nicht leisten, dass die Polizei nach ihr sucht.«
    »Warum ist sie in Parva? Sie sollte lediglich Darian helfen, zurückzukommen!«
    »Das ist eine lange Geschichte«, sagte die Frauenstimme aus dem Mädchenkörper. »Zu lang, um sie jetzt zu erzählen. Das Kind muss morgen in die Schule.«
    »Aber ich nicht. Ich will das jetzt sofort wissen.«
    Für einen Moment schaute sie ihn an: mit einem ernsten, fremden Blick, der nicht zu Sonja gehörte. Dann sagte sie: »Gut. Vielleicht kannst du uns helfen. Komm zu mir.«
    »Nach Gut Stettenbach, nehme ich an?«
    »Richtig«, erwiderte sie.
    »Ist mit Sonja alles in Ordnung? Geht es ihr gut? Und was ist mit Melanie – weiß sie davon?«
    »Das erzähle ich dir, wenn du herkommst«, sagte die fremde Stimme. Dann gähnte das Mädchen und sprach mit Sonjas Stimme weiter: »Ich bin müde. Ich muss morgen in die Schule!«
    Sofort stand Philipp auf und ging wortlos aus dem Zimmer. Er brachte es nicht über sich, diesem Wesen, diesem … Wechselbalg eine gute Nacht zu wünschen.
    Fünf Minuten später war er wieder unterwegs.

M
elanies Versprechen
    Der Pilzgestank war wieder stärker geworden. Melanie hatte einmal gelesen, dass man sich recht schnell an Gerüche jeder Art gewöhnt, aber diese Pilze schienen davon nichts zu wissen. Ihr modriger, fauliger Gestank zog immer wieder wie in Wellen durch das Erdhaus. Die Kräuterbündel hatten keine Chance. Melanie war ziemlich sicher, dass sie in ihrem ganzen Leben keinen Pilz mehr essen würde, wenn sie hier wieder herauskam.
    Falls sie herauskam.
    »Du gibst wohl nie auf?«, fragte Darian, der erneut auf dem Boden in der Kammer saß, in der Isarde sie beide wieder eingesperrt hatte.
    »Nein.«
    »Du ruinierst meinen Dolch.«
    »Ist mir egal.« Sie hackte wieder in das kleine Erdloch, das sie bereits in die Wand gegraben hatte. Es war immerhin schon zehn Zentimeter tief. Wenn sie in diesem Tempo weitergrub, konnte es höchstens noch drei Jahre dauern, bis sie an der Oberfläche herauskam.
    »Es nützt dir sowieso nichts«, sagte Darian. »Du hast geschworen, ihnen zu helfen. Du kannst jetzt nicht abhauen.«
    »Kann ich nicht?« Melanie hob den Kopf. »Ich will dir mal was sagen. Ich kann abhauen, und ich werde abhauen. Zumindest tue ich etwas, statt nur dumm herumzusitzen!«
    »Falls du mich damit meinst: Ich tue schon die ganze Zeit etwas.«
    »Dafür sitzt du aber ganz schön nutzlos rum. Was tust du denn?«
    »Ich rufe.«
    »Davon hör ich aber nichts.«
    »Ich rufe ja auch nicht laut.«
    »Ach, du spinnst doch«, sagte Melanie verdrossen.
    »Keine Angst, ich bin nicht verrückt geworden.« Seine Stimme klang, als ob er lächelte. »Solange ich nicht wusste, wo wir sind, hatte es keinen Sinn, um Hilfe zu rufen. Jetzt schon. Ich nenne es rufen, weil ich nicht weiß, wie du es nennen würdest. Es ist eine Geistsprache.«
    »Telepathie?« Durch die Dunkelheit starrte sie zu ihm hin. »So etwas kannst du? Und – und hat dich jemand gehört?«
    »Ich glaube ja.«
    »Wer denn?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Wie, du weißt es nicht? Ich dachte, du bist der allmächtige Prinz von Chiarron? Eigentlich müssten doch all deine Diener und Sklaven angerannt kommen, um dich zu retten!« Melanie war

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