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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wieder hergestellt werden.«
    »Das weiß ich auch; aber …«
    »Kein Aber!« rief Bruder Jeremias aus. »Sollen wir als ungehörte Prediger zurückkehren? Das wäre eine Schande, und kein Apostel würde uns hinfort ansehen. Du liebst die Indianerin. Mache sie zu Deinem Weibe, so wird sie Mormonin werden und bei der Bekehrung der Ihrigen Deine beste Stütze sein … oder fürchtest Du Dich?«
    »Fürchten?« lachte der andere verächtlich. »Bevor ich Heiliger wurde, trug ich Gewehr und Bowiemesser und habe manchen Roten und auch Weißen in das Gras gestreckt. Young hat mir nicht ohne Veranlassung den Namen Gideon gegeben, den Namen des größten Helden Israels. – Komm zum Dorfe! Ich werde Dir zeigen, daß ich keine Furcht kenne.«
    Sie gingen bis zum Rande des Cannons, über welchen damals eine Brücke führte.
    Diese bestand aus geflochtenen Seilen von ungegerbter, geräucherter Büffelhaut, deren Enden hüben und drüben im Felsen verkeilt waren und auf welche man holzige Kaktusstämme befestigt hatte.
    Diese schwanke Brücke bildete die einzige Möglichkeit, nach dem Plateau zu gelangen, welches der Häuptling der Kotschisoapachen mit dem größten Teile seines Stammes bewohnte, weil er nur einen einzigen Wächter an die Brücke zu stellen brauchte, um sicher vor jedem feindlichen Ueberfalle zu sein.
    Jetzt stand ein junger Krieger da, welcher die beiden Mormonen wortlos an sich vorüber ließ und dann dem Bruder Gideon finstern Blickes nachschaute. Es lag dabei der Ausdruck eines grimmigen Hasses auf seinem bronzenen Gesichte.
    Das Dorf faßte einige hundert Krieger mit ihren Familien, Pferden und Hunden. Die Squaws (Frauen) knieten oder saßen arbeitend unter den Zedern. Sie webten Decken, kneteten Thon zu Gefäßen oder stampften Mais und Gerste zu Mehl. Die Mädchen und Knaben spielten oder übten sich im Gebrauche der Waffen. Die Männer aber lagen vor den Hütten und sahen unthätig dem Treiben der Ihrigen zu. Den Krieger würde das Arbeiten schänden.
    Die beste Adobeshütte lag in der Mitte des Dorfes.
    Neben der Thüre derselben saß Pesch-itschi (Eisenherz), der Häuptling, und unterhielt sich mit einer für einen Roten ungewöhnlichen Freundlichkeit mit seiner Tochter.
    Die schlanke und doch volle Gestalt derselben war ganz in eine leichte, farbenreiche Navajodecke gehüllt; ihr Haar hing in langen, schweren Zöpfen weit über den Rücken herab; ihr Gesicht hatte einen fast ägyptischen Schnitt; das Schönste aber an ihr waren die Augen, diese großen, langbewimperten, schwarzen, sammetartigen Augen mit dem schwermütig ernsten, träumerischen Indianerblicke.
    Wegen dieser unergründlichen Augen hatte das Mädchen den Namen Intah-tikila (Schwarz-oder Dunkelauge) erhalten.
    Da kamen die beiden Mormonen gegangen, und die Häuptlingstochter flüchtete vor Gideon in das Innere der Hütte. Sie wußte, welche Absicht er hegte, aber sie haßte ihn. Sie hörte die beiden Missionssendlinge sprechen von Joe Smith und dem Buche Mormon, von dem neuen Jerusalem und Brigham Young, von den Freuden der Seligkeit, welche die Latter-Day-Saints nach dem Tod erwarten.
    Der Häuptling hörte ihnen schweigend zu wie einer, der den Worten keinen Glauben schenkt, dies aber aus Höflichkeit nicht sagen will.
    Schwarzauge trat mißmutig an die fensterähnliche Oeffnung der hintern Hüttenwand und blickte da hinaus. Sie sah den Brückenwächter kommen; er war soeben abgelöst worden und mußte an dem Fenster vorübergehen. Ihr Gesicht erheiterte sich; ihre Augen bekamen einen innigen Glanz und sie schob das schöne Köpfchen zur Lucke hinaus.
    Er sah sie und flüsterte ihr im Vorübergehen zu: »
Titschi kenoana!
« (Heut abend!)
    »
Ha-au, schi kahr!
« (Ja, mein Geliebter!) antwortete das Mädchen.
    Die Apachentöchter haben ein Herz wie andere Mädchen. Sie lieben auch und treffen sich mit ihren Auserwählten an Orten, wo kein Lauscher zu fürchten ist.
    Intah-tikila hatte ihr kleines und doch so stolzes Herz verschenkt; es trieb sie, dem Geliebten nachzublicken, und da sie das vom Fenster aus nicht konnte, trat sie schnell hinaus vor die Hütte.
    »Ah, Schwarzauge, warum fliehst Du mich?« rief Bruder Gideon ihr zu. »Du sollst meine Squaw werden und die glücklichste aller Angesiegelten sein!«
    Dies sagend, schlang er die Arme um sie und drückte seine schmalen, farblosen Lippen auf ihren schwellenden Mund.
    Da aber fuhr der Häuptling schnell wie der Blitz empor, riß ihn von der Tochter weg und rief: »Räudiger Hund,

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