Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Beweise, bis auf die Entführung des Mädchens. Aus der Sache kam sie nicht raus, und sie würde es auch nicht versuchen. Zwecklos. »Ich bekenne mich schuldig«, hatte sie bei der ersten Vernehmung dazu gesagt. Eine Entführung. Doch mehr hatten sie nicht. Nur ein paar Flecken im Auto. Aber keine Leichen, die damit in Verbindung gebracht werden konnten.
Ed schloss die Augen, damit sie ihr Haus deutlicher sehen konnte. Der Garten sah hübsch aus, doch der Rand des Rasens musste beschnitten werden. Sie besaß einen kleinen Rasentrimmer mit langem Griff. Damit wurde es sehr ordentlich. Kyra sah ihr gern dabei zu, obwohl sie Kyra das nie machen lassen würde. Zu gefährlich.
»Ich kann das, Ed, wirklich, lass mich das machen, ich hab dir so oft zugeschaut, ich kann das.«
Aber sie könnte sich den Zeh abschneiden oder so, es war zu gefährlich. Bei Kyra würde sie kein Risiko eingehen. Kyra war etwas Besonderes. Kostbar. Sie würde alles tun, um dafür zu sorgen, dass Kyra nichts passierte, dass ihr niemand wehtat. Niemand. Jemals.
Sie wollte niemanden sehen, ihre Mutter nicht, Jan nicht, niemanden. Aber wenn sie Kyra sehen könnte, würde sie sofort zugreifen. Würden sie erlauben, dass Kyra zusammen mit Natalie herkam? Warum eigentlich nicht? Andere Gefangene wurden von ihren Kindern besucht, Ed hatte sie oft genug an Besuchsnachmittagen gehört. Warum konnte sie nicht um einen Besuch von Kyra bitten? Natalie würde sie bringen müssen, das war der Grund, und Ed wollte Natalie nicht sehen. An Natalie war nichts falsch, außer dass sie eine schlampige Mutter war, nicht gut genug für Kyra. Natalie war nicht schlecht. Aber Ed wollte sie nicht sehen. Nur Kyra.
Sie öffnete die Augen.
Natürlich würden sie Kyra nicht herkommen lassen.
Der Lärm ging wieder los, Eimer wurden vor jede Tür gestellt, schepper, schepper, schepper, dann die Besen, gegen jede Tür, peng, peng, peng. Sie gingen erst auf der einen Seite des Flurs entlang, dann auf der anderen Seite zurück, bevor Eds Tür aufgeschlossen wurde und die dicke Frau Eimer und Mopp und Besen hineinschob, ohne in Eds Richtung zu schauen.
So eine Frechheit. Sie war in Untersuchungshaft, sie war niemand, den man so behandeln konnte, missachten und so tun konnte, als gäbe es sie nicht. Yvonne war nicht so. Yvonne wusste, was sich gehörte. Ed dachte daran, sich zu beschweren. Sie hatten mit ihr zu sprechen, hatten höflich zu sein. Sie war eine Untersuchungsgefangene, keine Verurteilte. Sie hatte das Recht darauf, dass mit ihr gesprochen wurde.
Später würde sie sich definitiv darüber beschweren. Definitiv.
Vierundfünfzig
F rüher war der Kaffee mit Schaum drauf in flachen, durchsichtigen Tassen serviert worden und hatte nach nichts geschmeckt. Jetzt wurde er in einem hohen Glas mit einem langen Löffel serviert und schmeckte stark. Dougie Meelup saß an einem Tisch im hinteren Teil des Cafés mit dem hohen Glas und den Zeitungen. Drei Zeitungen. Anderthalb davon hatte er von vorne bis hinten gelesen, bis auf die Wirtschaftsseiten, auch den gesamten Sport, bis auf Golf, und wenn er noch eine halbe Stunde blieb, hatte er sie alle durch. Dann würde er sich vielleicht eine weitere Zeitung holen und noch mal wiederkommen.
In den letzten beiden Wochen hatte er ebenso viel Zeit im Café verbracht wie zu Hause, zumindest tagsüber. Eileen hatte es kaum bemerkt. Er war besorgt deswegen, und es machte ihn verrückt, beides zusammen. Zuerst hatte sie die ganze Zeit am Computer verbracht, hatte gelernt, wie er funktionierte, und dann begonnen, alles nachzuschauen, jedes Wort, das geschrieben worden war, wie es schien, erst über Weenys Fall, dann über die vermissten Kinder. Sie hatte Keith dazu gebracht, ihr einen Drucker zu kaufen und anzuschließen, also hatte das Ausdrucken angefangen, den ganzen Tag und bis in die Nacht, surr surr, ratsch ratsch, bis die Küche ein weißes Papiermeer war und sich Kartons mit Ausdrucken aus dem Internet im Haus stapelten.
»Ich muss das tun, ich muss es herausfinden und ich muss es verstehen, wenn ich das nicht tue, kann ich nicht dabei helfen, die Sache in Ordnung zu bringen, Dougie.«
Dann mussten die Papiere in die Aktenkästen sortiert werden, die sie in der Stadt gekauft hatte. Danach war es still geworden, während sie alles las, gewissenhaft, jeden einzelnen Computerausdruck, Dougie gelegentlich dazu brachte, ihr zuzuhören, wenn sie Stellen laut vorlas, und ihn fragte, was er davon hielt. Er fand es schwierig, darauf
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