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Der Seelenfänger (German Edition)

Der Seelenfänger (German Edition)

Titel: Der Seelenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Zukunft.«
    »Selbstverständlich, aber …«
    »Kein Aber. Du hast die Chance deines Lebens bekommen, und ich will, dass du sie mit beiden Händen ergreifst, ohne auf uns Rücksicht zu nehmen.«
    Sascha nickte nur, zu verlegen, um etwas zu sagen.
    »Versprich mir, nach vorn zu schauen, und vergiss alles andere«, sagte der Mann, der sich sein Leben lang um Sascha gekümmert hatte.
    Sascha zögerte.
    »Versprich es mir!«
    »Ja, ich verspreche es.«
    Doch im Stillen versprach er etwas ganz anderes.
    Ich werde alles daransetzen, mich auf diesem Posten zu bewähren. Ich werde der beste Lehrling aller Zeiten sein und in Rekordzeit ein echter Inquisitor werden. Ich gebe mich erst zufrieden, wenn du nicht mehr in den Docks Kisten schleppen musst, Beka aufs College gehen kann und Mama ihre letzte Hemdbluse genäht hat.

5   Lily Astral
    Sascha stürzte durch das Drehkreuz der U-Bahn-Station »Astral Place«, als gerade der stadtauswärts fahrende Zug mit quietschenden Rädern und in einem Wirbel alter Zeitungen in den Bahnhof einlief.
    Der Astral Place hatte seinen Namen von der ältesten der alteingesessenen New Yorker Familien. Selbstverständlich wohnten die Astrals nicht mehr am gleichnamigen Platz. Sie waren genauso wie die anderen Familien der feinen Gesellschaft nach Norden zur Millionaire’s Mile gezogen. Aber die U-Bahn-Station trug nach wie vor ihren Namen, und die Terrakotta-Biber, die die Wände der Station schmückten, erinnerten an den Pelzhandel, mit dem die Astrals zu Zeiten, als man in Manhattan noch Schamanen und Medizinmännern begegnen konnte, zu Reichtum gekommen waren.
    Irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft würde Sascha die U-Bahn in der Nähe seiner Wohnung in der Canal Street nehmen. Aber jetzt war der Abschnitt südlich vom Astral Place eine einzige dreckverschmierte Baustelle. Sascha gab sich der müßigen Spekulation hin, nach welcher reichen Familie wohl die Station benannt werden würde. Hauptsache, es war nicht J.P. Morgaunt. Normalerweise interessierte sich Sascha nicht für Politik. Aber sollte er noch einen dummen Scherz über Pentacles Tentakel hören, würde er laut schreien.
    Sascha drängelte sich durch die Menge und ergatterte gerade noch den einzigen freien Platz im Zug. Und obendrein war es ein guter Platz, denn gleich neben ihm saß ein tadellos gekleideter Bankangestellter mit aufgeschlagener Morgenzeitung. Das bedeutete, dass Sascha die neuesten Schlagzeilen gratis zu lesen bekam.
    Es waren hauptsächlich die üblichen schlechten Nachrichten. Der Kongress beriet darüber, die Einwanderung aus Russland wegen »unerwünschter magischer Elemente« grundsätzlich zu stoppen. Ein neuer Bestechungsskandal erschütterte das New Yorker Rathaus. Der Bauunternehmer der neuen U-Bahn-Linie nach Harlem hatte, um Kosten zu sparen, illegale Zauberarbeiter beschäftigt. Harry Houdini musste sich vor dem Komitee zur Aufdeckung unamerikanischer Zauberei – von vielen Zeitgenossen nur KAUZ genannt – verantworten. Er sollte beweisen, dass er seine Entfesselungskunst ohne Zuhilfenahme von Zauberei ausübte. Und Thomas Edison hatte einen Zauberdetektor erfunden.
    Na klasse, sagte sich Sascha. Es war sein erster Arbeitstag als Inquisitorlehrling, und schon hatte Thomas Edison eine Maschine erfunden, die sein Talent überflüssig machte. Wenn das kein jiddisches Glück war!
    Er verrenkte sich den Hals, um mehr über den Hexendetektor zu lesen, doch der Bankangestellte merkte, dass ihm Sascha über die Schulter schaute. Der Mann stöhnte entnervt auf und warf Sascha einen zornigen Blick zu, als hätte dieser gerade versucht, ihm die Brieftasche zu stehlen. Sascha setzte sich kerzengerade auf und schaute arglos aus dem Fenster – und sein Blick fiel geradewegs auf ein Werbeplakat für Edisons tragbaren Phonographen.
    Er hatte das Plakat schon vorher gesehen. Überall in der Stadt prangte es an Häuserwänden und Anzeigetafeln. Darauf zu sehen waren zwei kleine Mädchen neben einem nagelneuen Phonographen Marke Edison. Dem andächtigen Ausdruck ihrer Gesichter nach zu urteilen lauschten sie einer Musik, vermutlich irgendeinem patriotischen Gesang. Beide hatten blaue Augen, blonde Locken und süße kleine Stupsnasen. Und unter dem Bild stand in fließender Schrift der Werbespruch »Edisons tragbarer Heim-Phonograph – echte amerikanische Unterhaltung«.
    Jeder New Yorker kannte diese Werbung. Auch Sascha war beeindruckt gewesen, als er sie das erste Mal sah. Aber ihm war bisher gar nicht

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