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Der Seewolf

Der Seewolf

Titel: Der Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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hatte auf diese Weise rasch einige junge Burschen von ihren Gefährten abgeschnitten. Wenn einer zum Wasser hin ausbrechen wollte, verstellte ich ihm den Weg.
    Maud war eine große Hilfe. Zwar ließ sie ab und zu ein erschöpft aussehendes Tier entkommen, den angriffslustigen Bullen aber versetzte sie Schläge mit ihrem Knüppel.
    »Es ist aufregend«, sagte Maud nach einer Weile. »Ich muss mich ein bisschen ausruhen.«
    Inzwischen trieb ich die kleine Herde, die noch aus einem Dutzend Tieren bestand, ein Stück weiter. Als Maud sich wieder zu mir gesellte, war ich bereits mit dem Schlachten fertig und begann die Robben zu häuten.
    Eine Stunde später durchquerten wir stolz mit unserer Beute die Harems. Zweimal noch kehrten wir zurück und erlegten weitere Tiere, bis wir genügend Häute für unser Dach zusammenhatten. Dann setzte ich das Segel und kurze Zeit später liefen wir in unseren eigenen kleinen Hafen ein.
    »Es ist, als ob man nach Hause kommt«, sagte Maud, als das Boot auf den Strand lief.
    Ich konnte ihre Gefühle gut nachvollziehen. Alles war so vertraut, so selbstverständlich ...
    »Mir kommt es vor, als hätte ich niemals ein anderes Leben geführt«, sagte ich. »Und Sie - Sie sind ein Teil meines Lebens. Sie sind ...« Fast hätte ich es ausgesprochen: meine Frau, meine Gefährtin. Statt dessen sagte ich: »Sie sind eine tapfere Frau.«
    Doch sie hatte mein Zögern bemerkt und warf mir einen fragenden Blick zu.
    »Sie wollten etwas anderes sagen?«
    »Nein. Ich wollte sagen, dass die berühmte Dichterin jetzt ein Leben in der Wildnis führt und sich bemerkenswert behauptet.«
    »Oh«, meinte sie nur. Ihre Stimme klang ziemlich enttäuscht.
    Meine Frau, meine Gefährtin, klang es weiter in meinem Herzen, während sie das Feuer anfachte, um das Abendessen zuzubereiten. Später, bevor ich einschlief, murmelte ich die Worte noch einmal vor mich hin.

»Es wird stinken«, warnte ich. »Aber es wird die Wärme speichern und uns vor Regen und Schnee schützen.«
    Wir betrachteten das fertige Dach aus Robbenfellen. Zu meiner Freude klatschte Maud in die Hände und behauptete, es gefalle ihr ganz ausgezeichnet.
    »Aber es ist dunkel hier drinnen«, meinte sie im nächsten Moment schaudernd.
    »Sie hätten an ein Fenster denken sollen, während ich dabei war, die Wände hochzuziehen!«
    »Aber ich komme nie auf das Nächstliegende.« Sie lachte. »Sie können doch einfach ein Loch in die Wand hauen.«
    »Stimmt.« Ich nickte bedeutungsvoll mit dem Kopf. »Haben Sie schon das Glas bestellt? Die Firma hat die Nummer 4451. Sagen Sie Ihnen, welche Maße das Fenster hat und welche Sorte Glas Sie wünschen.«
    »Das heißt...«, fing sie an.
    »Kein Fenster.«
    Es war eine düstere, elende Hütte, die in einem zivilisierten Land bestenfalls zum Schweinestall getaugt hätte. Für uns aber, die wir bei Wind und Wetter in einem offenen Boot gelebt hatten, war sie ein gemütliches, kleines Heim.
    Nachdem wir mit Hilfe von Tran und einem aus Baumwolle angefertigten Docht für Licht und Wärme gesorgt hatten, stand als Nächstes die Beschaffung von Fleisch für den Winter auf unserem Programm. Außerdem wollte ich eine zweite Hütte bauen.
    Es bedeutete mittlerweile kein Problem mehr, am Morgen aufzubrechen und am Mittag mit einer Ladung Robben zurückzukehren. Während ich anschließend mit dem Bau der Hütte beschäftigt war, briet Maud den Speck aus und sorgte dafür, dass ein stetiges Feuer brannte. Aus Erzählungen wusste ich, wie man in der Prärie Büffelfleisch dörrt. Wir verwendeten dieselbe Methode: Unser Robbenfleisch wurde in dünne Scheiben geschnitten und in den Rauch gehängt. Das Ergebnis war vorzüglich.
    Die Errichtung der zweiten Hütte ging recht flott vonstatten, denn ich baute sie an die erste an und brauchte deshalb nur drei Mauern. Aber es war harte Arbeit. Maud und ich schafften beide von der Morgendämmerung bis in den späten Abend und bis an die Grenzen unserer Kräfte. Wenn es dunkel war, krochen wir mit schmerzenden Gliedern auf unsere Lager und fielen sofort in den Schlaf der Erschöpfung.
    Trotzdem behauptete Maud, dass sie sich noch niemals im Leben besser oder stärker gefühlt habe. Mir ging es genauso. Aber ich hatte oft Angst, dass sie zusammenbrechen würde, denn sie war so ein zartes, zerbrechliches Geschöpf. Manchmal streckte sie sich flach auf dem Sand aus, um sich einige Augenblicke zu erholen. Danach war sie gleich wieder auf den Beinen und rackerte sich ab wie zuvor.
    »Im

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