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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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das Rot des Mohns und die weißen Flecke der Hundskamille vom ewigen Kampf der Bauern gegen jene unerwünschten Pflanzen, die das weniger robuste Getreide zu verdrängen drohten. Huy allerdings mochte das Bild, das die Einsprengsel von kräftigen Farben boten. Unter seinen Füßen verströmten winzige Büschel wilder Narzissen ihren Duft, und stellenweise hatten es wilde Seerosen geschafft, sich zwischen den Matten des Laichkrauts auf den stehenden Gewässern anzusiedeln. Doch nach den eigentümlichen Blüten des Paradieses und ihren Aromen, die ihm im Sinn und in der Nase blieben, hielt er vergebens Ausschau, wenn er unter den schlanken Zweigen einer der Weiden, die die Ufer säumten, Rast machte.
    Irgendwann hatte er seine Palette hervorgeholt und dem Vorsteher der Tempelschule einen Brief geschrieben und angekündigt, dass er Ende das Monats zurückkommen würde. Ein Händler, der nach Süden fuhr, wollte ihn abliefern. Nachdem Huy den Brief übergeben hatte und wieder zurück war, ging er ins Haus, um sich von Hapsefa einen großen Becher Dattelsaft geben zu lassen. Plötzlich entstand Bewegung am anderen Ende des Gangs. Huy fuhr herum. Vor der gleißenden Mittagssonne zeichnete sich eine Gestalt ab, die er kannte, aber nicht einordnen konnte. Sie war kleiner als ein ausgewachsener Mann und kam näher. Sie lachte, und nun rannte Huy voller Freude zu ihr hin. »Thutmosis! Thutmosis! Bist du das wirklich? Was machst du hier? Wie schön, dich zu sehen!« Die Freunde umarmten sich. Als Huy sich löste, sah er hinter dem jungen Mann seine Mutter und Hapsefa mit Heby. »Mutter, das ist mein Kammergenosse Thutmosis aus Iunu!«, erklärte er aufgeregt. »Ich kann es kaum glauben! Können wir ins Empfangszimmer gehen?«
    »Vater und Nascha kommen auch gleich«, sagte Thutmosis. »Ich bin aus meiner Sänfte gestiegen und vorausgerannt, weil ich es so eilig hatte, dich zu sehen!«
    Itu unterdrückte einen Schrei. »Dein Vater? Der Fürst von Iunu? Hier? Aber es ist nichts vorbereitet, das Haus ist nicht gefegt, wir können ihn nicht empfangen …«
    Thutmosis drehte sich um und nahm ihre Hand mit dem feierlichen Ernst, an den sich Huy so gut erinnerte. »Du bist die geschätzte Mutter meines teuren Freundes. Meine Familie und ich haben uns Sorgen um ihn gemacht. Mein Vater urteilt nicht nach Huys bescheidenem Zuhause. An seinem Charakter erkennt er, wie gut er erzogen wurde. Nichts anderes findet er wichtig. Er steht über solchen Kleinigkeiten. Er ist zufrieden mit Käse, Brot und Gerstenbier.«
    »Ein bisschen mehr können wir schon auftischen«, murmelte Hapsefa, doch Itu war kaum beruhigt.
    »Hapsefa, such Ischat und schick sie auf die Felder. Hapu soll sofort nach Hause kommen. Huy, komm mit in den Garten, wir müssen unsere Gäste begrüßen, und dann werden Hapsefa und ich ein Mahl bereiten.« Aufgeregt und mit rotem Kopf lief sie in den Gang.
    »Das hier tut mir leid, Huy«, flüsterte Thutmosis ihm zu, als sie ihr folgten. »Ich hätte dich mit einem Brief warnen sollen, aber Vater wollte sich mit dem Fürst dieses Gaus treffen. Ich war in der Schule, doch ich habe gebeten und gebettelt, dass er mich mitnimmt, und die Mädchen wollten dich auch sehen. Da hat er schließlich nachgegeben. Vater ist besorgt um dich, auch wenn er das nicht zeigt.« Thutmosis zog eine Grimasse. »Ich muss danach wieder in die Schule. Wir sind mit zwei Schiffen hier.«
    Just als sie den Garten betraten, bog eine kleine Prozession von dem öffentlichen Weg in Hapus Tor. Zwei Soldaten salutierten vor Itu, hinter ihnen wurden zwei von Dienern flankierte Sänften abgesetzt. Die Nachhut bildeten Diener, die mehrere Kisten trugen. Itu knetete krampfhaft ihr Kleid. Huy hätte ihr das gern abgenommen, aber die guten Sitten geboten, dass sie selbst die Gäste empfing. Also legte er nur seine Hand auf ihre Schulter und flüsterte ihr zu: »Es sind liebe Leute. Thutmosis hat die Wahrheit gesagt. Hab keine Angst.« Er spürte, wie sie schluckte, dann erschien die schlanke Gestalt des Fürsten von Iunu und ging lächelnd auf sie zu. Itu streckte ihre nackten Arme mit der gebotenen Ehrerbietung aus, und sie und Huy verbeugten sich.
    »Willkommen in diesem Haus, Durchlaucht«, brachte Itu hervor. »Deine Anwesenheit ehrt uns. Ich bin Itu.«
    »Und ich bin geehrt, die Mutter des besten Freundes meines Sohnes kennenzulernen«, antwortete Nacht feierlich. »Ich bitte um Vergebung, dass wir ohne Vorwarnung hier einfallen, Itu. Meine Frau war entsetzt über

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