Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
in Wolfs Brust gebohrt hatte.
Verzweiflung überkam sie, und unter gequältem Schluchzen stieß sie hervor: »Er ist tot!«
Siebtes Kapitel
Während ringsum Chaos und Lärm herrschten, kauerte Izzy neben Wolf. Ein grauer Schleier hatte sich auf sein Gesicht gelegt -; genauso wie bei ihrer Mutter, als sie das irdische Dasein hinter sich ließ.
Er war tot. Mit seinem Tod ging einher, dass sie nicht länger an ihr Wort gebunden war, ihn zu heiraten. Diese Tatsache stimmte sie ein wenig traurig. Und da sie sich ihm zu seinen Lebzeiten nie wirklich zugewandt hatte, holte sie es jetzt im Tod nach, ihr Bedauern zu zeigen.
Er lag so ruhig da, sein Gesicht war in den goldenen Schein der Fackeln getaucht, die den Burghof erhellten. Jetzt wirkte er gar nicht mehr so finster und böse. Mit zitternden Fingern strich sie ihm eine Haarlocke aus der Stirn. »Es tut mir so leid, dass Ihr sterben musstet.«
Plötzlich schlug er die Augen auf und starrte einen Moment lang ins Nichts, dann drehte er den Kopf zur Seite und sah Izzy bewusst und beherrscht an. »Freut Euch nicht zu früh. Es ist schon mehr als ein Pfeil nötig … um mich niederzustrecken.«
Hastig zog sie ihre Hand zurück und nahm seine wundersame Auferstehung von den Toten genauso verständnislos zur Kenntnis wie die Tatsache, dass es auf dem Burghof von Kriegern nur so wimmelte. »Aber …»
Er stand auf, obwohl der Pfeil immer noch in seiner Brust steckte.
»Aber wie ist das möglich?« Die Worte kamen ihr nur im Flüsterton über die Lippen.
Er packte den Pfeil und zog ihn mit einem kräftigen Ruck aus seiner Brust. Die Metallspitze war unnatürlich verbogen und mit frischem rotem Blut bedeckt. »Schottische Kettenhemden sind so wie schottische Krieger – stark und unnachgiebig. Es schmerzt zwar höllisch, wenn man getroffen wird, aber ich werde es überleben.« Trotz des Getümmels auf dem Burghof, wo die Soldaten weiter nach dem Schützen suchten, machte sich in der Gruppe Schweigen breit. »Und Ihr ebenfalls.« Das Grimmige in seinem Gesichtsausdruck verblasste, als er sie ansah, und in den Tiefen seiner Augen flammte jener besitzergreifende Anspruch auf, den sie zuvor dort vergeblich gesucht hatte.
Dieser Anblick beunruhigte sie stärker als das scheinbare Wunder seiner Auferstehung von den Toten, daher betrachtete Izzy lieber die Stelle, an der sich der Pfeil in seine Brust gebohrt hatte. Das Hemd war etwas eingerissen, darunter schimmerte das Metall des Kettenhemds. Das hatte er auf dem Schiff nicht getragen, und sie stellte sich zwangsläufig die Frage, warum er glaubte, in seiner eigenen Burg einen solchen Schutz nötig zu haben.
»Dieser Pfeil war für Euch bestimmt gewesen.«
Nach diesem zweiten Angriff auf ihr Leben konnte sie nicht länger leugnen, dass ihr Vater von ihrer Existenz wusste. Ihre wahre Identität war verraten worden, und dieser Mann hätte deswegen fast sein Leben verloren.
Fiona trat vor und drängte Izzy zur Seite. »Mein Lieber, mach doch daraus nicht solch ein Drama. Dieser Pfeil kann für keinen von euch bestimmt gewesen sein. Das war nichts weiter als ein verirrter Übungsschuss.«
Izzy sah ihm an, dass er Fionas Erklärung so wenig glauben wollte wie sie selbst. Ihr Vater musste ihren Tod wollen, so wie zuvor den Tod ihrer Mutter. Der Gedanke ließ ihr einen eisigen Schauer über den Rücken laufen. Durch all die Jahre, die sie mit ihrer Mutter in diesem Gefängnis verbracht hatte, kannte sie die Geschichten über den Mann, der ihr Vater war. Doch sie hätte nie geglaubt, dass er beabsichtigte sie umzubringen. Sie hatte erwartet, er würde versuchen, sie für seine Zwecke zu benutzen, bis er seine Ziele erreicht hatte, um sie dann wie zuvor ihre Mutter einem langsamen und qualvollen Tod zu überlassen.
Tag für Tag hatte ihre Mutter ihr in der düsteren Zelle von den Schandtaten des Vaters erzählt und ihr davon berichtet, wie sie sich beharrlich weigerte, ihre Fähigkeiten als Seherin einzusetzen, die er benutzen wollte, um über Schottland zu herrschen. Diese Weigerung war schließlich auch der Auslöser dafür, dass ihre Mutter im Kerker landete.
Izzy hatte zu der Zeit nie genau gewusst, was sie davon glauben sollte und was vielleicht nur der Fantasie ihrer Mutter entsprang. Als ihr Blick nun aber zu dem Pfeil wanderte, den Wolf immer noch in der Hand hielt, da wusste sie, dieses Geschoss war der Beweis, dass alle Geschichten über ihren Vater der Wahrheit entsprachen. Wenn sie nicht etwas unternahm, um die
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