Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
Worte auslösen würden. »Bevor der Spähtrupp angegriffen wurde, entdeckte er noch den Boten deines Vaters, wie er sich der Grenze zu deinem Land näherte. Wenn Granges Männer ihn nicht zu fassen bekommen haben, wird er vor Anbruch der Nacht hier eintreffen.«
Dreiundzwanzigstes Kapitel
In dem Moment, da Brahan Wolfs Vater erwähnte, bemerkte Isobel, wie sich ein Schatten über sein Gesicht legte und seine Miene einen finsteren und bedrohlichen Ausdruck annahm. Die sanftmütige Seite ihres Ehemanns war wie weggewischt. Er fasste sie am Arm und schob sie Brahan zu. »Bring sie nach unten in mein Privatgemach.« Jetzt hatte er nichts Gefälliges oder Sanftes mehr an sich.
Ihr Atem stockte, da sie sah, dass die Bestie zurückgekehrt war.
»Ich muss die Krieger zusammenholen, damit sie meinen Vater beschützen.« Ein Anflug von Angst – oder war es Trotz? – blitzte in seinen Augen auf. »Sobald du Lady Isobel in Sicherheit gebracht hast, kommst du mit, Brahan. Wir müssen uns für einen Kampf bereitmachen.« Er sah zu Isobel. »Du wirst hier alles Notwendige für die Ankunft meines Vaters vorbereiten.« Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht über das grüne Kleid. »Ich werde veranlassen, dass Mistress Rowley und die Näherin dich in Kürze aufsuchen. Meine Frau soll mehr als ein Kleid zur Verfügung haben, bevor sie meinem Vater vorgestellt wird.« Er lächelte gehässig.
Unwillkürlich machte Isobel einen Schritt nach hinten, und ihr Herz raste, während sie darauf wartete, dass dieser zornige Ausdruck aus seinen Augen wich.
»Isobel …»Nun klang er sanfter, fast verzweifelt. »Wir setzen unser Gespräch später fort. Im Moment muss ich dich bitten, das zu tun, was ich dir sage. Du musst hier alles vorbereiten, und dazu gehört auch, was du trägst.«
»Aye.« Sie zwang sich zu dieser Antwort, obwohl sie einerseits mit sich rang, ihm endlich die Wahrheit zu sagen, und sie andererseits mit der Erkenntnis konfrontiert wurde, dass ihr Erscheinungsbild ihm peinlich war. Er wollte seinem Vater eine andere Art von Ehefrau präsentieren. Bevor sie dazu aber noch etwas sagen konnte, hatte er bereits den Raum verlassen.
»Wir machen am besten das, was er sagt.« Brahan hielt ihr den Arm hin.
»Wie ist die Küchenmagd gestorben, Brahan?«, wollte sie wissen, hakte sich bei ihm unter und verließ mit ihm zusammen das Gemach.
»Sie wurde vor dem Hühnerstall von einem Pfeil aus einer Armbrust in den Rücken getroffen.«
»Nein!« Isobel versteifte sich und hatte das Gefühl, dass ihr Herz stehen geblieben war. Sie wusste genau, von wem Brahan sprach. »Das schmächtige blonde Mädchen sieht mir ähnlich, wenn man es aus einiger Entfernung betrachtet«, sprach sie unbeabsichtigt ihre Gedanken laut aus.
»Das dürfte kein Zufall gewesen sein.« Brahan führte sie die Treppe hinunter. »Und das gilt auch für die Tatsache, dass die Krieger auf ihrer Patrouille angegriffen wurde.«
»Und dass sein Vater ausgerechnet jetzt an der Grenze zu seinem Land auftaucht?«
Am Fuß der Treppe angekommen, ging er mit ihr weiter zu den Privatgemächern. »Das ist einfach nur Pech.«
Isobel betrat den Raum und starrte auf ihre Hände, ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. »Was soll ich machen, Brahan? Wie kann ich ihm helfen?«
Brahan legte die Stirn in Falten. »Ihr wollt ihm helfen?«
»Ich würde es, wenn ich nur wüsste, was ich tun soll. Er bat mich, alles für die Ankunft seines Vaters vorzubereiten. Dabei weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll und was genau er eigentlich von mir erwartet. Mit einem Haushalt von dieser Größe habe ich keine Erfahrung.«
»Offenbar traut er euch zu, das bewältigen zu können. Mich beeindruckt, dass er Euch darum gebeten hat. Nie zuvor hat er irgendwen um Hilfe gebeten.« Er wurde noch nachdenklicher. »Er bevorzugt es, die Kontrolle über alles zu haben. Aber es ist mehr als nur das. Er empfindet eine tiefe Verantwortung für jeden, der hier lebt, und das macht für ihn das Leben manchmal recht unerträglich.« Ungläubig schüttelte er den Kopf. »So viele Veränderungen, und das in so kurzer Zeit. Vielleicht sollte einer von uns einen Blick in die Zukunft werfen, um zu sehen, welche Folgen diese Veränderungen für Wolf haben werden. Nehmt Euren Stein und …»Er stutzte, als er auf ihren Hals schaute. »Wo ist Eure Kette?«
Sie drückte die Finger an den Hals und verspürte Trauer angesichts der Leere, aber sie wehrte dieses Gefühl ab. »Ich werde nicht
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