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Der seltsame Mr Quin

Der seltsame Mr Quin

Titel: Der seltsame Mr Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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musterte ihn neugierig. Er war ein unverbesserlicher Romantiker und fragte wieder, ob es nicht doch irgendwo eine Frau gebe. Cosdon verneinte. Er habe sich nicht zu beklagen, erklärte er. Im Großen und Ganzen habe er ein schönes Leben gehabt. Es sei nur bedauerlich, dass es bald vorbei sei. Jedenfalls habe er alles gehabt, so glaube er, was es wert sei, gehabt zu haben. Außer einem Sohn. Er hätte gern einen Sohn gehabt. Es sei ein schöner Gedanke für den Vater, zu wissen, dass sein Sohn noch lebe, wenn er selbst längst gestorben sei. Trotzdem, wiederholte er, habe er ein gutes Leben gehabt.
    An diesem Punkt begann Mr Sattersway die Geduld zu verlieren. Niemand, so erklärte er, der noch im Entwicklungsstadium sei, könne behaupten, vom Leben etwas zu verstehen. Da Cosdon nicht begriff, was Mr Sattersway meinte, erklärte Mr Sattersway es ihm genauer. »Sie haben noch nicht einmal angefangen zu leben. Sie stehen immer noch am Anfang.«
    Cosdon lachte. »Wie das? Meine Haare sind grau, ich bin bald fünfzig…«
    Mr Sattersway unterbrach ihn. »Das hat damit nichts zu tun. Das Leben besteht aus physischen und geistigen Erfahrungen. Ich, zum Beispiel, bin neunundsechzig Jahre alt und bin es auch geistig. Ich habe – direkt oder durch andere – fast alle Erfahrungen gemacht, die man im Leben machen kann. Sie sind wie jemand, der von einem ganzen Jahr spricht und nur Eis und Schnee erlebt hat. Die Knospen im Frühling, die schwülen Tage des Sommers, die fallenden Blätter im Herbst – Sie kennen sie nicht. Sie wissen nicht einmal, dass es so etwas gibt. Und Sie kehren sogar schon der Möglichkeit, das alles noch zu erleben, den Rücken.«
    »Sie scheinen zu vergessen«, antwortete Cosdon trocken, »dass ich in jedem Fall nur noch sechs Monate habe.«
    »Zeit ist wie alles andere relativ«, bemerkte Mr Sattersway. »Diese sechs Monate können die längsten und die ereignisreichsten Ihres ganzen Lebens sein.«
    Cosdon wirkte nicht überzeugt. »Sie an meiner Stelle«, sagte er, »würden sich genauso verhalten.«
    Mr Sattersway schüttelte den Kopf. »Nein«, erwiderte er nur. »Erstens bezweifele ich, dass ich den Mut dazu hätte. So etwas braucht Mut, und ich bin nicht besonders tapfer. Und zweitens…«
    »Nun?«
    »Ich möchte immer wissen, was morgen passiert.«
    Plötzlich stand Cosdon auf und lachte. »Nun, Sir, es war sehr freundlich, dass Sie mir zugehört haben. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum… jedenfalls, besten Dank. Ich habe viel zu viel geredet. Vergessen Sie’s!«
    »Und wenn man morgen einen Unfall meldet, soll ich es dabei bewenden lassen? Und nicht sagen, dass es auch Selbstmord sein könnte?«
    »Das liegt ganz bei Ihnen. Es freut mich jedenfalls, dass Sie eines eingesehen haben: Sie können mich nicht daran hindern.«
    »Mein lieber junger Mann«, entgegnete Mr Sattersway freundlich, »ich kann Ihnen kaum immer auf den Fersen bleiben. Früher oder später würden Sie mir entwischen und Ihre Absicht ausführen. Doch für heute dürfte Ihnen die Lust vergangen sein. Sie würden kaum wollen, dass ich als Ihr Mörder dastehe, der Sie über den Klippenrand gestoßen hat.«
    »Das stimmt«, sagte Cosdon. »Wenn Sie hier bleiben…«
    »Ich bleibe hier«, erwiderte Mr Sattersway entschieden.
    Cosdon lachte gutmütig. »Dann muss ich meinen Plan für den Augenblick aufschieben. In diesem Fall gehe ich am besten ins Hotel zurück. Bis später, vielleicht.«
    Mr Sattersway blieb allein auf der Bank sitzen und blickte aufs Meer hinaus. »Und nun?«, überlegte er laut. »Was kommt als Nächstes? Es passiert immer etwas. Ich frage mich…«
    Er erhob sich und trat an den Klippenrand. Eine Weile stand er da und starrte in das schäumende Wasser hinab. Doch auch dadurch kam ihm keine Erleuchtung, und so schlenderte er den Pfad zwischen den Zypressen zurück. Er betrachtete das stille Haus mit den geschlossenen Läden und grübelte erneut darüber nach, wer darin gewohnt und was für ein Leben dort geherrscht hatte. Einem plötzlichen Impuls folgend ging er die rissigen Steinstufen hinauf und legte eine Hand auf einen der ausgeblichenen grünen Läden. Zu seinem Erstaunen schwang er unter seiner Berührung zurück. Einen Augenblick zögerte er, dann öffnete er ihn. Mit einem ärgerlichen kleinen Ausruf trat er einen Schritt zurück. Eine Frau stand in der Fenstertür und sah ihn an. Sie war in Schwarz und trug eine schwarze Spitzenmantilla.
    Mr Sattersway stürzte sich in einen Schwall italienisch

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