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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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Herr Wiesholz auf mich leider nicht dieselbe Anziehungskraft wie beispielsweise auf Sie!«
    »Ich wiederhole mich nur ungern, da ist nix! Daher ist Ihre Unterstellung einfach nur absurd!«
    »Wie Sie meinen. Dann kommen wir zu meiner Ausgangsfrage zurück. Wie war Ihr Verhältnis zu Ihren beiden verstorbenen Mitarbeiterinnen?«
    Es war offensichtlich, dass sich Erika ihre Worte gut überlegte. Auf dem Tisch lag ein Esslöffel, den sie nun in die Hand nahm und nachdenklich anstarrte. Hannes wartete geduldig. Sauli fiepte.
    »Nun, Heidi ist die Tochter einer alten Schulfreundin von mir. Ich tat ihr einen Gefallen, indem ich sie als Praktikantin bei mir aufnahm.«
    »Was für ein Mensch war Heidi denn so?«
    Erika schnaufte.
    »Sie war ein Teenager. Behaftet mit allen Stereotypen, die solche Halbwüchsigen eben haben können. Renitent, unzuverlässig, schwer zu motivieren, übellaunig – ach nein, heute heißt es ja wohl zickig. Ich weiß, man sollte über Tote nicht schlecht reden, aber ich bin jetzt mal ehrlich zu Ihnen: Ich konnte sie nicht besonders gut leiden. Sie war teilweise die Pest, aber um ihr Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen: Sie hatte doch einen guten Draht zu den Kindern. Das war auch der Grund, warum ich sie nicht gleich nach einer Woche rausgeschmissen habe.«
    »Ich danke Ihnen für diese aufrichtigen Worte.«
    Hannes meinte das ernst. Nicht jeder würde so unverblümt vor einem Polizisten seine Abneigung zugeben. Er hatte das gute Gefühl, mit Erika eine geradlinige Zeugin zu haben. Hier musste er nicht erst mühsam zwischen den Zeilen lesen.
    »Und wie war es mit Anni Hintersee?«
    »Die Anni«, Erika seufzte und begann, den Löffel zwischen ihren Fingern zu drehen. »Tja, was soll ich sagen? Sie war eine verdammt gute Mitarbeiterin. Sehr bodenständig, zuverlässig, manchmal etwas zu direkt. Gott sei Dank verstanden die meisten Mütter hier nicht immer ihren Dialekt. Oder zumindest wurde es ihr nie krummgenommen, denn sie hatte das Herz am rechten Fleck.«
    »Ja, Erika, du sagst es. So war sie, unsere Anni.«
    Wolfgang war unbemerkt zurückgekommen und lehnte nun am Türrahmen.
    »Ich kann es immer noch nicht fassen, dass sie auch tot sein soll! Warum? Wer hätte denn einen Grund, sie umzubringen? Sie war doch so eine …«
    Er verstummte. Seine Stimme hatte einen merkwürdig belegten Klang angenommen, sodass er sich erst räuspern musste, und Hannes kam es so vor, als ob er Tränen in den Augen des Kindergärtners aufblitzen sah. Neugierig beobachtete er ihn.
    »Du hattest doch nicht auch etwas mit der Anni am Laufen?«
    Erikas Worte klangen hart und der sensible Kindergärtner wischte sich die Augen. Volltreffer? Hannes unterdrücke ein zufriedenes Lächeln.
    »Nein, wo denkst du hin? Ich und die Anni? Unmöglich. Wir waren doch Kollegen! Du weißt doch ganz genau, dass das für mich tabu ist und …«
    Weiter kam er nicht, denn er musste gegen ein Schluchzen ankämpfen. Meine Güte, war das eine Heulsuse! Befriedigt stieß sich Hannes von der Wand ab und reichte Wolfgang das Meerschwein.
    »Hier, bitte. Sie wollten es doch füttern. Und ich glaube, der Käfig hat es auch mal nötig!«
    Dankbar, eine Ablenkung von seinem offensichtlichen Schmerz zu haben, drückte sich Wolfgang das Tier an die Brust.
    »Sie müssen mir glauben. Ich liebe zwar die Frauen, aber ich habe mir zur Regel gemacht, nie etwas mit Kolleginnen anzufangen. Man isst ja nicht da, wo man … Sie wissen schon, was ich sagen will?«
    »Soll wohl heißen, dass Sie auch nichts mit Heidi hatten?«
    »Das soll es! Erstens wegen meiner Regel und zweitens, weil sie noch ein Kind war. Ich steh nicht so auf junges Gemüse.«
    Jetzt lächelte er etwas verlegen, was ihm sehr gut stand.
    »Mein Jagdrevier sind da eher reifere Frauen!«
    Ein wütendes Schnauben gefolgt von dem Aufschlagen eines Löffels auf den Tisch war zu hören. Beide Männer blickten überrascht auf Erika.
    »Ja, da sagt er aber mal die Wahrheit. Wolfis Beute sind vornehmlich Frauen, die verheiratet oder in einer Beziehung sind. Da hat man seinen Spaß und keine Verantwortung! Deshalb ist der Kindergarten ein Paradies für ihn. Gestresste Mütter, die wie überreife Früchte in seinen Schoß fallen«, sie lachte bitter auf. »Im wahrsten Sinne des Wortes. Du hast doch dort fast jede flachgelegt, oder?«
    Schockiert holte der Beschuldigte Luft. Hannes ärgerte sich, dass es in der schmuddeligen Küche keinen weiteren Stuhl gab, denn er hätte es vorgezogen, diesen

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