Der Semmelkoenig
Kopf zu gesagt, dass du alles von der Erpressung weißt? Dass sie dir dein Erbe stehlen wollte?«, lenkte sie schnell das Gespräch in eine andere Richtung.
»Logo. Als wir fertig waren und sie zufrieden wie ein Kätzchen schnurrte, hab ich sie zur Red gestellt. Wollt wissen, warum sie des gemacht hat.«
Weiter so, feuerte ihn Claudia im Geiste an. Er wurde immer unkonzentrierter.
»Weißt, was der Fratz gemacht hat?«, die Erinnerung daran machte seine Stimme rau und bitter. »Sie hat mich ausgelacht, hat gesagt, dass ich ein Schlappschwanz wär und ich es verdient hätt, zu bluten! Tja, und dann bin ich selbstverständlich ausgerastet. Ich wollt sie schlagen, schütteln und …«
»Umbringen?«, vollendete Claudia.
Seine Hände hatten sich mittlerweile so gelockert, dass sie es jetzt eigentlich hätte wagen können, aber plötzlich war sie unfähig, etwas zu tun. Seine Worte erschütterten sie. Das war nicht mehr Georg! Das hier war ein vollkommen fremder, wahnsinniger Mann.
»Mei, ja. Aber da war sie selbst Schuld dran. Sie ist weggelaufen, schreiend in den Wald is sie gelaufen. Aber ich hab sie eingeholt, das Biest. Hier, genau hier war Ende, Finito, Aus!«
»Du hast sie also hier erwischt, ein kleines Tänzchen, wie jetzt mit mir, gemacht und dann in den Abgrund geschubst?«
Er lachte böse.
»Schnittchen, das Tänzchen, wie du es grad so schön beschreibst, war auch mit ihr ein bisschen leidenschaftlicher!«
»Ach, ja?«, knurrte sie und sein Lachen wurde eine Spur amüsierter.
»Ja, meine Süße.«
»Das liegt daran, mein SÜSSER, dass ich noch gar nicht angefangen habe!«
Blitzschnell rammte sie ihre Ellbogen nach hinten, ergriff gleichzeitig seinen rechten Unterarm, drehte sich und riss ihn mit ihrem Schwung um. Sie war frei und er hatte nichts dagegen tun können. Zu erstaunt, um den Schmerz zu fühlen, sah er zu, wie sie nach hinten abrollte, sich umdrehte und am Ende der kleinen Plattform elegant wie eine Katze auf die Füße sprang, während seine Hände ins Leere griffen.
»Du kleines Miststück!«, knurrte er anerkennend und stand ebenfalls auf. Mit lauerndem Blick und sprungbereiter Haltung verfolgte sie jede seiner Bewegungen. Sie war zu allem bereit und Georg wusste das, denn so gut kannte er sie. Langsam umkreisten sie sich. Georg war natürlich körperlich etwas im Vorteil, doch Claudia hatte nicht umsonst ihre Freizeit mit Kampfsport verbracht.
»Schorschi, gib halt auf! Des hat doch keinen Sinn!«, versuchte sie ihn zu überzeugen, doch er schüttelte nur den Kopf.
»Vergiss es! Für mich gibt’s kein Zurück. Entweder du oder ich!«
»Schon klar, aber vergiss du mal nicht, dass du schon einen Doppelmord auf dem Gewissen hast. Deine Lage verschlechtert sich zusehends!«
»Was willste damit sagen?«, sein Erstaunen war echt. Einige Sekunden schien er zu überlegen, dann lachte er leise. »Du willst mir doch jetzt nicht auch noch diese Kuh Anni auf’s Auge drücken! Nein, nein, damit kommste nicht durch. Mit der hab ich nun wirklich nix zu schaffen! Für die Tatzeit hab ich bekanntlich auch noch ein Alibi: Ich war beim Frühschoppen auf dem Frühlingsfest! Schon vergessen? Gerauft hab ich und war dann sogar noch bei euch auf der Wache! Naa, lass mich bloß damit in Frieden!«
Es wäre auch zu schön gewesen, dachte Claudia.
»Aber wenn du mir jetzt was antust, dann wären es wieder zwei! Du machst es also nur noch schlimmer. Sie werden dich erwischen, das is sicher!«
»Wer sind sie? Deine hirnverbrannten Kollegen? Ich glaub, bis die das spannen, bin ich schon längst in Österreich und von dort aus geht’s ab ins richtige Ausland. Claudi, du denkst zwar immer, ich bin ein Verlierer, aber so bled bin ich auch nicht. Ich hab mir scho lang ein Bankkonto auf den Kaimaninseln zugelegt und ich kann’s kaum erwarten, dort ein neues Leben zu beginnen.«
»Oho, doch so weit? Na für jemanden, der nicht über Italien rausgekommen is, is das ja absolut exotisch! Ich hoff, du hast schon alle nötigen Impfungen machen lassen.«
Eigentlich wollte sie weiterreden, ihn mürbe machen, provozieren, vielleicht sogar doch noch zum Aufgeben überreden, aber ein kleiner, hinterhältiger Stein kam ihr sprichwörtlich in die Quere. Gerade noch hatte sie ihn unter ihrer Fußsohle gespürt, wusste aber sofort, dass das gar nicht gut war und versuchte in letzter Sekunde, eine neue Position einzunehmen. Das machte aber alles noch viel schlimmer. Durch die kleine Anhöhe bedingt, begann er sich zu
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