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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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blätterte konzentriert in irgendwelchen Akten – war niemand hier.
    Nachdenklich ging Maus die Liste seiner Leute durch. Gut, Schuster, Krautschneider und Acar hatten die Telefonfangschaltung in der Villa Möller zu überwachen, Gerster hatte angerufen, weil er im Krankenhaus bei der Geburt seines ersten Kindes dabei sein musste – ihm würde man hoffentlich eine Glückwunschkarte mit allen Unterschriften schicken, aber das war Steffis Aufgabe. Ja, Steffi? Wo war die denn eigentlich? Und Doktor Frank und Hubschmied und Petersen und der junge, aufgeweckte Kollege von heute Morgen und der blasierte Anführer von der Spurensicherung?
    So sichtlich seine Autorität untergraben zu sehen, konnte man es Kommissar Maus nicht verdenken, dass er ärgerlich das dicke Buch unter seinem Arm auf den Tisch knallte, sodass die Styroporverpackungen des gelieferten Proviants vom Restaurant »Goldener Lotos« hochhüpften. Hammer machte sich noch kleiner und war dankbar, dass der Bauch des Mechanikers eine gute Deckung bot.
    »Hammer!«, knurrte Maus gefährlich. »Sie brauchen sich gar nicht zu verstecken.«
    Der Mechaniker lachte schadenfroh.
    »Trotzdem, danke, dass wenigstens Sie und Schnabelhuber da sind!«
    Letzterer nickte beiläufig, aber irgendwie schien er angespannt. Maus runzelte die Stirn. Na ja, die Show musste weitergehen und was wäre er für ein Profi, wenn er sich durch geringes Interesse oder Respektlosigkeit gegenüber Vorgesetzten und der Pünktlichkeit aus dem Konzept bringen ließ. Dann würde er eben mit diesen beiden arbeiten. Den Mechaniker könnte er zur Not auch noch schnell verpflichten, denn ihm liefen offenbar die Leute davon, und da war man nicht mehr allzu wählerisch.
    Langsam und umständlich setzte er sich, blickte von einem Gesicht zum anderen und eröffnete somit die Besprechung. Da sich aber niemand von den beiden Kollegen berufen fühlte, das Wort zu ergreifen, blieb es für eine Weile still. Hammer hatte sowieso nicht viel vorzuweisen und nach dem Desaster mit dem Polizeiauto, bei dem er Maus fast überfahren hätte, sogar in Erwägung gezogen, sich für den Rest des Tages krank zu melden. Lediglich die Hoffnung auf ein paar interessante, neue Informationen, die er bei einer von Steffi organisierten Brotzeit genießen konnte, hatte ihn davon abgehalten. Schnabelhuber war offensichtlich genauso von der geringen Anwesenheit der Kollegen enttäuscht wie Maus. Nervös strich er über den Aktendeckel vor sich.
    Lediglich dem Mechaniker schien die angespannte Stimmung nichts auszumachen. Nachdem er verwundert gewartet hatte und sich offensichtlich nichts weiter tat, schlug er geräuschvoll mit dem Schraubenschlüssel gegen ein wahrscheinlich hochempfindliches Teil des Kaffeeautomaten, worauf dieser laut und böse zischte. Zufrieden grinsend drückte er verschiedene Knöpfe, wartete, zog einen Becher hervor, hielt ihn unter die Ausgabe und wartete weiter. Um sich die Zeit etwas zu vertreiben, begann er, einen schmissigen Bierzelthit zu pfeifen. Maus stöhnte und der Handwerker missverstand ihn.
    »Keine Sorge, Meister. Gleich gibt’s wieder leckeren, heißen Kaffee. Ich hab alles im Griff.«
    »Schön, das zu hören. Wenigstens ein Lichtblick heute Nachmittag!«
    Das war der Startschuss. Der Chef hatte gesprochen und Schnabelhuber war es jetzt ganz egal, ob er Publikum hatte oder nicht. Er platzte fast und das konnte er nur unterbinden, indem er berichtete, was er zu berichten hatte.
    »Herr Kommissar, ich hab da was!«
    Schöner Einstieg – dachte er sich –, dezent und doch nachdrücklich. Maus hob eine Augenbraue und wartete. Mit schnellen Schritten war Schnabelhuber bei ihm und legte den Ordner auf das Buch. Hammer machte einen langen Hals.
    »Was ist das?«
    »Eine hochinteressante Lektüre. In der Hauptrolle unser ach so geschätzter Bäckermeister Möller«, sprudelte es aus Schnabelhuber heraus. Der Damm war gebrochen und mit Genugtuung sah er, dass ihm alle im Raum ihre Aufmerksamkeit schenkten.
    »Mir war heute Morgen so, als ob wir etwas übersehen hätten. Kennen Sie das Gefühl?«
    Obwohl es eine rein rhetorische Frage war, nickte der Mechaniker zustimmend.
    »Da war so eine Geschichte in meinem Hinterkopf, aber ich brachte sie nicht mehr ganz zusammen. Irgendwann vor dreißig Jahren. Da waren Sie ja noch am Ende Ihrer Ausbildung im Bayerischen Wald, Herr Kommissar, und ich selber noch ein ganz junges Kind.«
    Maus überlegte ernsthaft, ob er sich über diese Unverschämtheit

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