Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
Taschen, in denen sie ihre Jungen transportieren konnten.
Es war ein Samheal-Halbdrache.
Tal kannte diese Kreatur vom Beastmaker-Spiel. Doch er konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob sie aggressiv war oder nicht. Samheal-Halbdrachen wurden im Allgemeinen für die Eigenschaft „Haut“ gespielt, nicht aber für Charakter oder etwas Ähnliches.
Er war sich auch nicht sicher, ob er überhaupt irgendetwas gegen die Kreatur unternehmen konnte. Die silberne Haut war ein Schutz sowohl gegen die Hitze als auch gegen alle möglichen Waffen. Doch wenn man mit etwas sehr Spitzem nur stark genug zustach, würde man wohl schon durchdringen.
Eine zweihändige Axt in den Händen eines Borzog würde vielleicht genügen. Unglücklicherweise hatte Tal nichts als seinen Sonnenstein. Und Adras.
Er konnte nur hoffen, dass Samheal-Halbdrachen friedlich waren.
Dieser blieb ein paar Schritte von Tal entfernt stehen. Er bremste sich mit seinen Hinterbeinen im Sand schlitternd ab. Dann stellte er sich senkrecht auf und winkte Tal mit den Vorderpfoten zu, wobei er zischende Laute von sich gab.
„Tsch-tsch-tsch“, sagte er.
Tal schüttelte den Kopf.
„Adras, weißt du, was er gesagt hat?“
„Tsch-tsch-tsch“, wiederholte Adras. „Was auch immer das bedeutet.“
„Danke“, sagte Tal. Er hätte es gleich wissen müssen.
Der Samheal-Halbdrache hüpfte nach vorn und wischte dabei mit seinem Schwanz den Sand hinter sich glatt. Dann drehte er sich um und begann mit einer seiner silbernen Klauen eine Linie in den Sand zu zeichnen.
„Der Kodex!“, rief Tal. „Ich frage mich, ob das wieder ein Bote ist.“
Er war sich ziemlich sicher, dass der Kodex dieses Wesen irgendwie benutzte. Seine Vermutung wurde noch bestärkt, als sich der Samheal-Halbdrache zu ihm umdrehte und wieder den Buchstaben K schrieb. Dann zeichnete er einen weiteren Pfeil, der nach Osten zeigte. Es folgte wieder das Bild des Schlüssels, dieses Mal aber mit einem anderen Bild daneben. Etwas, das wie eine Flöte aussah, oder wie ein Rohr, in das ein paar Löcher gebohrt waren.
„Was ist das?“, fragte Tal.
Der Halbdrache antwortete nicht. Er sah sich ängstlich um, so als wäre er sich erst jetzt seiner Situation bewusst geworden. Er spannte seine Muskeln an, um davonzuspringen. Doch bevor er es schaffte, durchlief ein Schauer seinen kleinen Körper. Sein Blick vernebelte sich und er setzte sich wieder hin. Dann zeichnete er ein weiteres Symbol in den Sand.
Tal starrte die Zeichnung an. Es war eine Note, geschrieben in der Notation, die die Erwählten für Musikaufführungen im Kristallwald des Schlosses gebrauchten.
Doch was bedeutete diese einzelne Note? Noch dazu war es ein sehr hoher Ton, zu hoch, um von Tal oder irgendeinem anderen Menschen gesungen zu werden. Man konnte ihn nur erzeugen, wenn man den richtigen Kristall im Wald mit Licht in der richtigen Farbe bestrahlte.
Der Halbdrache begann, etwas anderes zu zeichnen, doch er hielt mitten in der Bewegung inne und schüttelte sich wieder. Dieses Mal lief er davon und ließ den letzten Buchstaben – oder das letzte Bild – unvollendet.
Es sah wie die halb fertige Darstellung eines menschlichen Schädels aus, dachte Tal, doch es konnte genauso gut der Teil eines Buchstabens sein. Er wünschte, der Samheal-Halbdrache wäre in der Lage gewesen, das Bild fertig zu stellen. Offensichtlich konnte der Kodex diese Tiere nicht unbeschränkt benutzen. Und doch hatte es gereicht, um ihm ein paar Informationen zu geben.
Wenn er doch nur wüsste, was es zu bedeuten hätte.
Er dachte noch darüber nach, als er weitertrottete, doch irgendwann drifteten seine Gedanken mehr in Richtung Essen und Unterkunft für die Nacht ab. Höchstwahrscheinlich würde keines von beidem hier in der sandigen Wüste auftauchen.
Und doch, als das letzte Sonnenlicht verschwand und Tal über die nächste Düne hinweg war, erkannte er etwas, das wie ein Unterschlupf aussah. Ein paar zerfallene Mauern ragten aus dem Sand in der Talsohle vor ihm. Es waren nur vier Ecken mit nichts dazwischen und ohne Dach. Doch es war immer noch besser, als auf dem Kamm einer Sanddüne zu schlafen.
Er lief nach unten. Adras folgte ihm mit ein wenig Abstand und murmelte etwas zu sich selbst. Tal versuchte nicht einmal zuzuhören.
Als er näher an der Ruine war, sah er, dass es kein normales Haus gewesen war. Zu viele Steine lagen im Sand verstreut. Es musste eine Art Festung gewesen sein, wie Tal jetzt klar wurde. Oder es gab noch mehr
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